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Sport: Griechenland zahlt, Athen profitiert

Die Wettkämpfe sind vorbei, jetzt beginnt der Streit um das olympische Defizit

„Schade“, sagt Alkistis Vasiliou, „es waren schöne Tage, die uns fehlen werden.“ Dabei hatte die junge Verkäuferin, wie viele Griechen, anfangs nur wenig Interesse an den Spielen. Von einer Freundin ließ sie sich dann doch zu einem Besuch im Olympiastadion überreden – und war begeistert: „Die Stimmung war unvergleichlich, eine bewegende Erfahrung“, sagt sie. Rückblickend ärgert sie sich, nicht mehr Tickets gekauft zu haben, um auch die anderen Sportstätten kennen zu lernen. „Es wäre schön, wenn wir jedes Jahr Olympische Spiele hätten!“

„Bitte nicht“, würde wohl Jorgos Alogoskoufis sagen. Dem griechischen Wirtschafts- und Finanzminister müssen die Spiele eigentlich schlaflose Nächte bereiten – wegen der immensen Kosten von bis zu zehn Milliarden Euro. 30 Jahre lang werden die Griechen die Olympia-Kredite abstottern müssen, rechnet die Wirtschaftszeitung „Ependytis“ vor.

Ob sich Olympia dennoch rechnet, darüber wird noch gestritten. „Die griechischen Steuerzahler haben genug bezahlt, jetzt ist es an der Zeit, die Dividende einzufahren“, sagt Christos Chadziemanouil, Manager der Hellenic Olympic Properties. Dieses staatliche Unternehmen soll die künftige Nutzung der Olympia- Bauten koordinieren. Das ist keine einfache Aufgabe. Zwar gibt es bereits Pläne: Die Kanu- und Kajak-Anlagen am alten Athener Flughafen sollen in einen Freizeitpark verwandelt werden, das Karaiskaki- Stadion wird der Erstligaklub Olympiakos nutzen, im Olympischen Dorf entstehen Sozialwohnungen, ins Pressezentrum soll das Wirtschaftsministerium einziehen, und für die Nutzung des Internationalen Rundfunk-Zentrums interessiert sich ein großer griechischer TV-Sender.

Aber viele Anlagen werden zunächst leer stehen. Vize-Finanzminister Petros Doukas gibt die Schuld der im März abgelösten sozialistischen Regierung: „Statt die Spiele allein mit Steuergeldern zu finanzieren, hätte man schon bei der Planung private Investoren beteiligen müssen, um die spätere Nutzung der Anlagen zu sichern“, sagt Doukas. Der Unterhalt der Anlagen wird pro Jahr rund 85 Millionen Euro kosten, haben Experten der Universität von Thessalien ausgerechnet. Selbst Optimisten glauben nicht, dass dieses Geld hereinzubekommen ist.

Profitiert von Olympia haben vor allem die Athener. Bürgermeisterin Dora Bakojannis spricht vom „größten Modernisierungsschub der jüngeren Geschichte“. Die neue Ringautobahn, kreuzungsfreie Schnellstraßen, neue U-Bahn- und S- Bahn-Strecken gehören ebenso dazu wie die Verwandlung der Küstenzone von Faliron, die jahrzehntelang einer Müllkippe glich und nun Athens größte zusammenhängende Freizeitzone geworden ist.

Aber die Spiele haben nicht nur Athen verändert, sondern auch die Athener. Zu den Überraschungen gehörte, dass die in ihre Autos verliebten Griechen auf öffentliche Verkehrsmittel umgestiegen sind. Die U-Bahn verzeichnete 75 Prozent mehr Fahrgäste als im August 2003. Der Taxifahrer Nikitas Michalian hat darunter zu leiden. „Für uns waren die Spiele ein Reinfall“, sagt er. Und es könnte für ihn noch schlimmer werden. In den nächsten drei Jahren wollen die Verkehrsbetriebe die Zahl der Fahrgäste von jetzt drei auf vier Millionen pro Tag steigern.

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