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Neu-Grieche Jose Holebas.

© Reuters

Griechenlands Jose Holebas: Schichtarbeiter aus Aschaffenburg

José Holebas kickte einst in der Kreisliga, später bei 1860 München und spielt jetzt bei der Europameisterschaft für die griechische Nationalmannschaft.

José Holebas war eigentlich schon durch mit dem Fußball. Seine Freundin erwartet eine Tochter, da bricht der gerade 18-Jährige seine Vereinslaufbahn sowie seine Lackiererlehre ab und jobbt als Lagerarbeiter im Schichtdienst in seiner Heimat Aschaffenburg.

Zehn Jahre später steht Holebas im Eröffnungsspiel der EM auf dem Platz, vor 56 000 Zuschauern in Warschau und vor Millionen Fernsehzuschauern, als griechischer Linksverteidiger. Auch darauf deutete damals nicht viel hin.

Aber der Reihe nach. „Ich hatte schlechten Umgang, schlechte Freunde“, sagt Holebas über seine Jugend. Der Bruder seiner deutsch-amerikanischen Mutter macht dem Jungvater Druck, wieder die Fußballschuhe anzuziehen. Dem Onkel zuliebe kickt Holebas dann beim SV Damm in der Kreisliga. Über die Landesliga kommt er schließlich zu den Amateuren von 1860 München, obwohl er mit 22 Jahren fast schon zu alt für das Förderprogramm ist.

„Ich setze beruflich alles auf eine Karte. Ich will Profifußballer werden!“, beschließt er. 2007 debütiert er sogar in der Zweitligamannschaft der Münchner. Aber der Offensivspieler erzielt nur drei Tore in zwei Jahren, soll an einen belgischen Klub verkauft werden. Doch dann hat der neue Trainer Ewald Lienen eine Eingebung: Er schult den angriffslustigen Dauerläufer zum Außenverteidiger um.

Als Lienen 2010 ein Angebot von Olympiakos Piräus erhält, nimmt er Holebas mit zum griechischen Rekordmeister. Statt Kreisliga spielt er nun Champions League, wirft dort mit Olympiakos den Deutschen Meister Borussia Dortmund heraus. Aber das Märchen ist noch nicht zu Ende. Im November 2011 bekommt er einen griechischen Pass, den er seinem Vater Achilles verdankt, und debütiert für die Nationalmannschaft. Der brasilianische Trainer Fernando Santos beruft ihn schließlich ins EM-Aufgebot, lässt Holebas im Eröffnungsspiel starten. Gegen Tschechien heute (18 Uhr, live im Ticker bei Tagesspiegel.de) darf er wohl für die nächste Schicht ran.

Der steile Aufstieg bringt Angebote anderer Vereine, auch aus Deutschland soll es Interesse geben. Im Winter lehnte Holebas noch eine Offerte des FC Augsburg ab. „Das wäre für meine Nationalelf-Karriere nicht gut gewesen“, sagte der 27-Jährige, der mittlerweile nur noch seine Arme mit Tattoos lackiert. Was arrogant klingen könnte, kann man sich leisten, wenn man es in wenigen Jahren von der Kreisliga bis zur EM geschafft hat.

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