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Sport: Großer Fisch, kleiner Teich

Alba Berlin startet heute in die Bundesliga. Auch in der neuen Saison stoßen Klub und Liga an die Grenzen des deutschen Basketballs

Interessieren Sie sich für Basketball? Ja? Wunderbar! Dann wissen Sie bestimmt auch, wer amtierender Deutscher Meister ist. Und sonst? Fällt Ihnen auf Anhieb ein, wer zuletzt im Finale stand? Welcher deutsche Klub einen Europapokal gewann? Wer zum „Wertvollsten Spieler“ gewählt wurde? Wenn diese Antworten Ihnen schon schwerer fallen, sind Sie nicht allein. Die Basketball-Bundesliga (BBL) kämpft in Deutschland um Aufmerksamkeit – und wird es dabei auch in diesem Jahr schwer haben. Alba steigt heute in Bonn in die Saison ein. Dabei geht es für den achtmaligen Meister um mehr als den ersten Titel seit 2008. Es geht für den Berliner Klub auch um seine Bedeutung in der Stadt.

Früher dominierten erst Bayer Leverkusen und dann Alba die Liga, heute kann fast jedes Team für eine Überraschung sorgen. Seit Jahren konnte keine Mannschaft die Meisterschaft verteidigen, in den Play-offs schieden zuletzt die Plätze eins bis vier in der ersten Runde aus. Handball und Eishockey locken in Deutschland zwar deutlich mehr Zuschauer an als Basketball, der Schnitt in der BBL steigt dennoch Jahr für Jahr. „Die Qualität der Mannschaften hat sich um mindestens 50 Prozent erhöht“, sagt Dieter Hauert, der Albas Geschicke als Präsident seit 1991 mitbestimmt. Trotzdem tut sich die Liga schwer, eine Ausstrahlung zu entwickeln, die über die Basketball-Szene hinausgeht.

Es fehlen Gesichter. 294 Transfers gab es in diesem Sommer – die meisten innerhalb der Liga –, 89 Spieler kamen neu in die BBL. Auch Alba tauschte fast das ganze Team aus. Die Berliner achteten aber darauf, in Sven Schultze und Patrick Femerling bekannte Namen zu verpflichten, der „Wertvollste Spieler“ Julius Jenkins geht in sein fünftes Jahr im gelben Trikot. Das ist mehr Kontinuität als bei den meisten anderen Klubs. Dieses Jahr müssen fünf Deutsche im Zwölfer-Kader der Bundesligisten stehen, ab 2012 werden es sechs sein. Die Ära, in der preisgünstige, junge Amerikaner die Liga prägten, neigt sich aber nur langsam dem Ende zu.

Auch in diesem Jahr streiten sich 18 Teams um acht Play-off-Plätze, in den vergangenen Jahren manövrierte sich dabei fast immer ein Verein in eine finanzielle Schieflage. „Es wird immer den einen oder anderen geben, der in Schwierigkeiten gerät“, weiß Dieter Hauert aus Erfahrung. „Wir haben uns immer dafür stark gemacht, die Liga zu verschlanken.“ In Bamberg musste zuletzt der Betreiber der Heimarena der Baskets, immerhin des Meisters und Pokalsiegers, Insolvenz anmelden. 4,5 Millionen Euro Schulden lasteten auf der Halle, die Stadt sprang schließlich als Betreiber ein.

Bamberg darf als Deutscher Meister in der Europaliga antreten, Alba verpasste dieses Ziel äußerst knapp in der Qualifikation. Der Sprung in die höchste europäische Spielklasse wäre ein wichtiger Schritt gewesen, schließlich will sich Alba mittelfristig in der europäischen Spitze etablieren. „Wir haben im Prinzip schon jede Mannschaft in Europa geschlagen, das hat uns aber noch keinen dauerhaften Erfolg verschafft“, sagt Hauert. Um sich mit den Topklubs wie Maccabi Tel Aviv, ZSKA Moskau oder dem FC Barcelona zu messen, bedarf es einer Menge Geld. Der griechische Spitzenklub Panathinaikos Athen schreibt gerne in seine offiziellen Saisonhefte, die Besitzer-Brüder und Pharma-Unternehmer Pavlos und Thanassis Giannakopoulos würden auch in Zukunft „truckloads full of money“ in den Verein pumpen. „Die richtig großen Sponsoren, die einem Klub wie Alba einen Quantensprung ermöglichen würden, gibt es nicht in Berlin“, sagt Hauert. Und wenn es doch einen gäbe, würde er sich eventuell bei Hertha, den Eisbären oder den aufstrebenden Handballern der Füchse engagieren.

Das große Geld im Sport kommt heutzutage von Mäzenen oder wird im Fernsehen verdient. Dort ist die BBL zurzeit mit überschaubaren Einschaltquoten im Spartensender Sport1 zu sehen. Früher verfolgten mehr Leute den Sport am Bildschirm – allerdings spielten auch mehr Deutsche Basketball. Die Mitgliederzahl des Deutschen Basketball-Bunds war einst von rund 143 000 im Jahr 1992 innerhalb von sechs Jahren auf 207 000 gesprungen, mittlerweile hat sie sich bei 190 000 eingependelt. Alba kann sich nur innerhalb dieser Grenzen bewegen, als großer Fisch in einem bisweilen kleinen Teich. Auch wenn der Klub in der Vergangenheit viel getan hat, um seinen Einzugsbereich zu vergrößern – zum Beispiel mit den Umzügen von Charlottenburg nach Prenzlauer Berg und weiter in die Großarena in Friedrichshain. Im Europapokal hatten die Berliner in der vergangenen Saison den zweithöchsten Schnitt aller europäischen Teams nach Maccabi.

„Wir wussten von Anfang an, dass Fußball die Nummer eins sein würde“, sagt Dieter Hauert über die Anfänge bei Alba. Zwischenzeitlich, zur Zeit ihres Meisterschafts-Abos zwischen 1997 und 2003, durften sich die Basketballer als Nummer zwei in Berlin hinter Hertha BSC fühlen, inzwischen gibt es mit dem 1. FC Union, den Eisbären und den Füchsen deutlich mehr Konkurrenz. Bei Alba heißt es, man freue sich über die stadtinterne Konkurrenz, hinter den Kulissen werden aber durchaus bisweilen von allen Beteiligten die Ellbogen ausgefahren. Zum Beispiel bei der Frage, wer seine Zuschauerbilanz mit Freikarten aufhübscht. Noch aber läuft das Handball-Maskottchen „Fuchsi“ in der Max-Schmeling-Halle in einem räudigen Jogginganzug auf, während der „Albatros“ der Basketballer seine Faxen im strahlend weißen Federkleid macht.

International genießt Alba großes Ansehen, auch national ist der Klub immer noch die stärkste Basketball-Marke. In einem Jahr könnte der FC Bayern als Konkurrent auftauchen. Für die Liga wäre der Aufstieg der Münchner Gold wert, sie braucht einen zweiten großen Fisch. Auch Alba würde diesen mit offenen Armen empfangen – am besten als Deutscher Meister.

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