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Fingerzeig. Barrios gelang nach langer Pause wieder ein Tor für den BVB. Foto: dpa

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Sport: Gut, dass er geblieben ist

Barrios zeigt beim Sieg in Nürnberg, wie wichtig er für Dortmund sein kann.

Zuletzt wurde er mit Vokabeln bedacht, die so festgefroren anmuten, wie es die Jahreszeit vorgibt. „Sitzenbleiber“ und „Bankdrücker“ hieß es, wenn die Rede von Lucas Barrios war. Dabei nannten sie den 27 Jahre alten Paraguayer, als er 2009 vom chilenischen Spitzenklub Colo Colo zu Borussia Dortmund kam, ehrfurchtsvoll „La Pantera“. Der „Panther“ war dann auch aggressiv, schoss 19 Tore in seiner ersten Spielzeit und 16 Treffer in der folgenden Meistersaison des BVB. Er schien gesetzt als Nummer eins unter den Sturmspitzen der Borussia. Dann aber verletzte er sich. Ein Muskelbündelriss, erlitten bei der Copa America im Sommer des vergangenen Jahres, warf den davor verlässlich gefährlichen Angreifer weit zurück. Zwei Monate Zwangspause für ihn, das war auch die Chance für Robert Lewandowski, seinen Rivalen im schwarz-gelben Trikot.

Der polnische Stürmer nutzte sie und ist diese Saison nach 14 Treffern und sieben Torvorlagen die unentbehrliche Stammkraft an vorderster Position der Dortmunder Offensive. Am Freitagabend aber stand nach Monaten ohne Tor und Erfolgserlebnis mal wieder der Südamerikaner im Mittelpunkt. Für Lewandowski in der 72. Spielminute eingewechselt, schoss Barrios zehn Minuten später das Tor zum 2:0-Sieg des Titelverteidigers beim 1. FC Nürnberg.

Was danach geschah war eine schwarz-gelbe Sympathiekundgebung für einen Stürmer, der an sich und seiner Zukunft bei der Borussia und überhaupt gezweifelt hatte. Barrios’ erstes Saisontor aber begriffen seine Kollegen auf dem Platz und auf der Bank als einen Schlüsselmoment für ihren Zusammenhalt. Alle stürzten sich auf den einen, und auf den Rängen sangen die Dortmunder Fans das Hohe Lied auf einen Südamerikaner, den sie am Samstag davor mit „Lucas, Lucas“-Ovationen verabschiedet zu haben glaubten. Doch Barrios wollte es anders. Mochte auch der FC Fulham, Tabellenzwölfter der Premier League, auf die Dortmunder Ablöseforderung für den bis 2014 an Dortmund gebundenen Südamerikaner eingegangen sein, so ließ am Ende Barrios sein Gefühl sprechen. Er selbst mochte kurz vor der Schließung des Wintertransferfensters nicht mehr wechseln, obwohl er und seine Berater seit Weihnachten nach einem neuen Klub und einem neuen Anfang Ausschau gehalten hatten. „Ich bleibe beim BVB, weil mich die Fans hier so lieben“, sagte Barrios, nachdem er sich entschieden hatte, der Borussia und der Bundesliga treu zu bleiben. Der mächtige Chorus von der Dortmunder Südtribüne nach dem 3:1-Erfolg über die TSG Hoffenheim scheint ihn zumindest beeindruckt zu haben.

Lucas Barrios wird also mindestens bis zum Sommer weiter für die Borussen stürmen. „Er hat heute Selbstvertrauen getankt“, lobte ihn Kapitän Kehl am Freitag, „und ist ein wahnsinnig wichtiger Spieler für unsere Mannschaft.“ So beurteilt auch Trainer Jürgen Klopp Barrios’ Lage nach seinem gelungenen Kurzauftritt in Nürnberg. Sie hat sich fürs erste atmosphärisch verbessert, nachdem ihm sein erster Saisontreffer geglückt ist und fürs erste keine Wechselgespräche auf der Agenda stehen. „Wir brauchen ihn“, hob Klopp am Freitag hervor, „er hat sich am Ende eindeutig für uns entschieden.“ Die Schlusspointe, die der reaktions- und antrittsschnelle Welttorjäger des Jahres 2008 in Nürnberg setzen konnte, und den Jubel danach empfand Klopp als „einen tollen Moment und eine wunderschöne Geschichte, auch wie sich die Mannschaft mit ihm gefreut hat“.

Barrios selbst, der wochenlang jedes Interview gemieden hatte und seinen Verdruss über seine Reservistenrolle nicht verbergen konnte, sprudelte danach über vor Glück. Im besten Ailton-Deutsch sagte er immer wieder, „war schwer für mich, aber meine Kollegen immer gesagt, bleib ruhig, Lucas, wenn deine Chance kommt, machst du dein Tor“. Es war ein typisches Torjägertor, ein Abstauber, nachdem Torwart Schäfer Kagawas Schuss hatte abprallen lassen. Dass Barrios nun nicht wie früher auf Anhieb allererste Wahl ist, weiß er selbst. In Nürnberg aber konnte er nach frustrierenden Wochen endlich wieder Hoffnung schöpfen. „Jetzt muss ich arbeiten für meine Chance“, sagte er noch. Das aber musste er auch schon vor seinem erlösenden Moment.

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