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Eingenickt. Mario Balotelli überspringt Holger Badstuber vor dem 1:0 und lässt Manuel Neuer keine Chance. Foto: dapd

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Sport: Gutes Turnier, schlechtes Ende

Geschichte wiederholt sich: Die deutsche Mannschaft unterliegt Italien auch in diesem EM-Halbfinale 1:2 und verfehlt das Endspiel.

Manuel Neuer schüttelte den Kopf. Thomas Müller schüttelte den Kopf. Bastian Schweinsteiger schüttelte den Kopf. Mit geteilter Fassungslosigkeit schlichen die deutschen Nationalspieler vom Rasen des Warschauer Stadions. Kein Traumfinale gegen Spanien, keine Belohnung für ein so gutes Turnier. Stattdessen hat sich die Geschichte wiederholt, auch dieses Turnierspiel, das EM-Halbfinale, konnte Deutschland nicht gegen Italien gewinnen. 1:2 stand es am Ende, und Bundestrainer Löw berichtete kurz nach dem Abpfiff von einer „gespenstischen Stille in der Kabine. Da fließen gerade Tränen.“ Es ist das traurige Ende eines bis dahin so erfolgreichen Turniers, in dem die deutsche Mannschaft bis dahin als einzige alle Spiele gewonnen hatte.

Angriffslustig hatte Bundestrainer Joachim Löw die Italiener erwartet. Sonst hätte er nicht Lukas Podolski und Mario Gomez wieder in die Startelf befördert (siehe Text unten). Aber wirklich so offensiv? So wuchtig? So gefährlich? Das Spiel gegen die defensiven Griechen aus dem Viertelfinale wirkte auf einmal wie das schlechtestmögliche Testspiel für dieses Treffen mit den Italienern. Jetzt stand die deutsche Mannnschaft in einer anderen Fußballwelt.

In den ersten zwanzig Minuten durfte sie noch versuchen, selbst in Führung zu gehen. Diese Zeit füllte sie auch mit ein paar Chancen, einem Schuss von Mats Hummels im Strafraum, den Andrea Pirlo auf der Linie klärte und so zeigte, dass er nicht nur genialer Spielmacher und lässiger Elfmeterverwandler ist, sondern auch Retter sein kann. Oder mit einem Distanzschuss des erstmals von Beginn an spielenden Toni Kroos, den Torwart Gianluigi Buffon abwehrte. Dann waren zwanzig Minuten vorbei und es passierte das erste Ungeschick.

Zwei verlorene Zweikämpfe und Deutschland lag 0:1 zurück. Erst ließ Hummels Antonio Cassano nahezu unbedrängt flanken, anschließend legte auch Holger Badstuber im Strafraum gegen Mario Balotelli Manndeckung eher großzügig aus. Den Arm bekam Badstuber noch an Balotelli, aber nicht mehr den Kopf an den Ball. Dafür köpfte Balotelli ihn über die Linie.

Die deutsche Mannschaft antwortete unter anderem mit zwei Distanzschüssen von Mesut Özil und Sami Khedira, aber Distanzschüsse wirken manchmal wie schüchterne Annäherungsversuche ans Tor. Ein wenig Mut schien die Nationalelf durch das Gegentor verloren zu haben. In der deutschen Abwehr sah es eher nach Gedankenlosigkeit aus. Als ob das 0:1 nicht gefallen wäre, tauchte Balotelli wieder vor Manuel Neuer auf. Montolivo hatte ihn mit einem feinen Pass bedacht, und statt Hummels oder Badstuber, den beiden deutschen Innenverteidigern, fand sich Balotelli nur noch in Gesellschaft von Philipp Lahm wieder. Den hängte der Stürmer von Manchester City ab und knallte den Ball so heftig ins deutsche Tor, dass Neuer wie angewurzelt stehen blieb. Auch Balotelli rührte sich nicht mehr. Er riss sich sein Trikot vom Körper und blieb stehen wie eine römische Athletenstatue.

Auf das 0:2 reagierte Löw in der Halbzeit und schickte Marco Reus für Podolski aufs Feld und Miroslav Klose für Gomez. Die Einwechslungen machten sich gleich bemerkbar. Kaum stand Reus auf dem Platz, schossen seine Füße den Ball aufs Tor, bei einem Freistoß konnte Buffon ihn Ball gerade noch mit den Fingerspitzen an die Latte lenken.

Überhaupt war diese erste Viertelstunde der zweiten Hälfte die stärkste Phase der deutschen Mannschaft. Die offensivste auf jeden Fall. Nur leider blieb sie genauso ohne zählbaren Ertrag wie die Zeit zuvor. Das lag nun daran, dass die Facharbeiter in der italienischen Abwehr zu glänzen begannen. Trainer Prandelli holte Cassano und Balotelli zur Belohnung für ihre Angriffslust herunter. Der eingewechselte di Natale wollte es nicht schlechter machen und scheiterte zehn Minuten vor dem Ende nur knapp, genauso wie Marchisio kurz zuvor.

Als Mesut Özil in der Nachspielzeit einen Handelfmeter fast auf dem Stand zum 1:2 verwandelte, wuchs ein letztes Mal die Hoffnung auf einen Ausgleich, auf eine Verlängerung und damit aufs Finale. Aber selbst ein Flugkopfball von Torwart Neuer am Mittelkreis konnte der Nationalelf nicht mehr helfen.

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