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Im Labyrinth des Betruges. Ante Sapina, hier im Landgericht Bochum, geht im größten Fußball-Wettskandal Europas einer langjährigen Haftstrafe entgegen. Foto: dapd

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Sport: Habgier und Geltungssucht

Der rückfällige Wettbetrüger Ante Sapina wird zu fünfeinhalb Jahren Haft verurteilt

Feierlich sah Ante Sapina aus, einen schwarzen Anzug trug er mit weißem Hemd und dunkler Krawatte, auf jeden Fall angemessen für einen Tag, der über die nächsten Jahre seines Lebens bestimmen würde. Mit fünfeinhalb Jahren Gefängnis hat das Landgericht Bochum den in Berlin lebenden Kroaten am Donnerstag bestraft, dafür, dass er auf manipulierte Fußballspiele hohe Wetten gesetzt und zum Teil diejenigen auch noch selbst bestochen hatte, die zur Manipulation beitrugen: Spieler, Funktionäre und Schiedsrichter. Die Strafkammer erkannte auf gewerbsmäßigen Betrug in 22 Fällen. „Aus seiner mathematischen Begabung hat er leider nichts Konstruktives gemacht“, sagte der Vorsitzende Richter Wolfgang Mittrup über Sapina. Und fast ein wenig nachsichtig fügte er hinzu, dass es sich für Sapina eher nachteilig ausgewirkt habe, dass er bei Sportwetten erfolgreich gewesen sei. So sei er immer tiefer ins Glücksspiel hineingerutscht.

Das Urteil gegen Sapina ist der Höhepunkt in Europas bisher größtem Wettskandal, bei der unzählige Spiele in mehreren Ländern wie der Schweiz, Belgien, Österreich und Deutschland betroffen waren. Nach intensiver Ermittlungsarbeit der Bochumer Polizei war Ante Sapina gemeinsam mit anderen im November 2009 verhaftet worden.

Sapina nahm das Urteil reglos hin, es hätte schlimmer für ihn ausgehen können, das hatte das Plädoyer des Staatsanwalts gezeigt. Er hatte für Sapina sieben Jahre Haft beantragt. „Ihre Motivation war Habgier“, sprach Bachmann die drei Angeklagten an, „dazu kam Geltungssucht, das trifft vor allem auf Sie zu, Herr Sapina. Sie wollten ihre Position in der Champions League der Wettbetrüger verteidigen.“

Erworben hatte Sapina diese Position mit seiner Rolle im ersten großen Wettskandal um den Berliner Schiedsrichter Robert Hoyzer. Sapina war der Mann dahinter, der Hoyzer zum Manipulieren angestiftet hatte und mit Wetten hohe Summen verdiente. „Sie haben Rechtsgeschichte geschrieben“, sagte Bachmann daher über Sapina. „Und das muss man sich mal auf der Zunge zergehen lassen. Sie sind im November 2005 verurteilt worden, und schon 2006 ging es bei ihnen munter weiter“, sagte Staatsanwalt Bachmann. „Der Strafvollzug hat auf sie nicht die geringste Wirkung gezeigt.“ Auch Richter Mittrup nannte dieses Verhalten „erschreckend“.

Zwei Jahre und elf Monate Haft hatte das Landgericht Berlin 2005 gegen Sapina verhängt, doch er musste nicht die gesamte Dauer der Haft absitzen und blieb auch zwischendurch auf freiem Fuß. Diese Zeit nutzte Sapina, um weiterzumachen mit seinem Geschäftsmodell. Aber nicht wie bisher, sondern in verfeinertem und größerem Umfang, ausgeweitet auf andere Länder, mit höheren Einsätzen und neuen Verbindungsleuten.

Der Staatsanwalt rechnete in seinem Schlussplädoyer eine Schadenssumme 2,3 Millionen Euro vor. Das ist das Geld, was die Buchmacher an ihn auszahlten. Sapina selbst hatte vor dem Gericht angegeben, jeden Monat eine Million Euro in Sportwetten gesetzt zu haben. „Sie haben sich als Feinde des Sports gezeigt und auch sportrechtliche Konsequenzen wie Sperren für die Spieler in Kauf genommen“, warf der Staatsanwalt den Angeklagten vor. Das alles wollte Sapinas Verteidiger Stefan Conen nicht so stehen lassen. „Es ist nicht so, dass hier schmutzige Herren in einen sauberen Teich gesprungen sind.“ Der Sport sei längst nicht mehr jungfräulich gewesen. Und auch gegen eine angebliche Geltungssucht seines Mandanten wehrte sich der Rechtsanwalt. „Er hat doch im Gegensatz zu dem Fall Hoyzer viel mehr über ausländische Konten und Mittelsmänner verschleiert. Das passt nicht zur Geltungssucht.“

Dass Sapina trotz einer Gefängnisstrafe so schnell rückfällig geworden ist, wollte Conen nicht schönreden, aber er wies auf einen Unterschied zum ersten Verfahren 2005 hin. „Damals war die Geschädigte die Deutsche Klassenlotterie, die von ihren Erlösen gemeinnützige Projekte unterstützt. Jetzt sind die Geschädigten asiatische Wettanbieter und wie schützenswert die sind, das möchte ich mal dahingestellt lassen.“ Strafmildernd wollte er auch bewertet wissen, dass Sapina die Ermittler über jene asiatischen Wettanbieter, über Mittelsmänner und Strukturen umfassend aufgeklärt habe.

Genützt hat ihm das etwas. Aber so viel nun auch wieder nicht. „Der Angeklagte hat aus Profitgier gehandelt und das Interesse von Fans schändlichst beschädigt.“ Neben Sapina wurde auch sein Komplize Mario C. zu fünfeinhalb Jahren Haft verurteilt, ein weiterer Mitangeklagter zu eineinhalb Jahren. Seine herausgehobene Rolle im Wettskandal war Sapina bewusst, gerade angesichts seiner Vorgeschichte. Während Mario C. in seinem Schlusswort um eine „zweite Chance“ bat, wünschte sich Sapina mit tränenerstickter Stimme eine „letzte Chance“.

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