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Ghana gegen Nigeria.

© picture alliance / dpa

Sport: Hallo, Herr Nachbar!

Alle für Afrika? Nein, auch auf dem Kontinent der WM werden Fußball-Feindschaften gepflegt

Vorweg das Positive: Alles Folgende hat mit der aktuellen WM-Realität nichts zu tun. Denn das erste Turnier auf dem schwarzen Kontinent ist von einer ernüchternden Glücklosigkeit der heimischen Teams gekennzeichnet. Vielleicht scheitern gar alle Afrikaner in der Vorrunde. Auch deswegen unterstützt das Publikum alle afrikanischen Teams mit Leidenschaft.

Dabei ist die Rivalität zwischen Deutschland und Holland ein Kindergeburtstag verglichen mit den Feindschaften vieler Nationalteams aus Afrika. Auch wenn es selten so ausartet wie im Mai 2010 zwischen Ruanda und dem Kongo, deren Völker jahrelang Krieg gegeneinander geführt hatten. Beim Spiel in Kigali rastete der kongolesische Kapitän nach der Aberkennung eines Tores derart aus, dass die Polizei einschritt und die Nationalelf noch in der gleichen Nacht des Landes verwiesen wurde.

Die WM sorgt zunächst einmal für Eifersüchteleien: In Sambia, Gabun, Uganda, Mali, Senegal und Burkina Faso schauen die Fans neidisch nach Südafrika, weil in ihren Ländern besserer Fußball gespielt wird, die Regenbogennation aber als Gastgeber eine Wild Card bekam.

Zu einer tiefen Feindschaft hat es für Südafrika mangels Fußballtradition jedoch bislang noch nicht gereicht. Erst gegen Ende der Apartheidregierung 1992 wurde Südafrika wieder in die Fifa aufgenommen – bis heute ohne nennenswerten Erfolg.

Stärker polarisiert Nigeria. Das Verhältnis des Landes zu Südafrika ist durch diverse diplomatische Konflikte gestört. So boykottierte das nigerianische Team 1996 den Afrika-Cup in Südafrika wegen politischer Verstimmungen.

Die langwierigste Rivalität tragen Ghana und Nigeria aus. 1960, am Ende der Kolonialzeit, trugen sie das erste WM-Qualifikationsspiel afrikanischer Teams aus. Ghana gewann mit 4:1. „Wir Nigerianer lieben es, die Ghanaer vom Platz zu fegen, denn sie haben uns vor vielen Jahren beigebracht, wie man erfolgreich spielt“, sagt Segun Odegbami, der 1980 mit den „Super Eagles“ den Afrika-Cup gewann. Ghana gegen Nigeria, in Afrika ist das die „Mutter aller Schlachten“.

Richard Adjei Yirenkyi, Sportjournalist aus Ghana, findet fast romantische Worte: „Eine wundervolle Rivalität ohne Gewalteinflüsse, aber mit einem gesunden Maß an Verachtung und respektvoller Missgunst.“ Sein nigerianischer Kollege Patrick Abang hält Kamerun für den größeren Gegner, schließlich hätten die unbezähmbaren Löwen drei Mal im Finale des Afrika-Cups über Nigeria triumphiert.

In Kamerun sehen viele wiederum die Elfenbeinküste als großen Widersacher – weil sie dort ebenfalls Französisch sprechen und mittlerweile so etwas wie Afrikas neues Vorzeigefußballland sind. Angstgegner der Ivorer hingegen ist der siebenmalige Afrika-Cup-Gewinner Ägypten. Von zehn Begegnungen konnte die Elfenbeinküste nur eine einzige gewinnen.

Verglichen mit dem Hass zwischen Ägypten und Algerien ähneln diese Scharmützel allenfalls Kissenschlachten. Beim letzten Gruppenspiel der WM-Qualifikation in Kairo wurden mehrere algerische Spieler durch Steinwürfe verletzt, das Entscheidungsspiel im Sudan musste unter schärfsten Sicherheitsvorkehrungen stattfinden.

Der Verlauf der WM-Vorrunde aber hat zu einem Burgfrieden in Afrika geführt. Die Fans unterstützen rückhaltlos die Teams vom Kontinent – auch wegen der schwachen sportlichen Zwischenbilanz. Das Motto des Turniers lautet zwar: „Es ist Zeit, Afrikas Menschlichkeit zu feiern.“ Dass die Afrikaner jedoch ausnahmslos zu Gästen auf dem eigenen Erdteil werden, war damit wohl nicht gemeint.

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