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Igor de Camargo (Mi.) köpfte nach einer langen Freistoßflanke von Juan Arango zum Tor des Tages ein.

© reuters

Hamburg - Gladbach: HSV unterliegt Gladbach zu Hause mit 0:1

Borussia Mönchengladbach erhöht mit dem 1:0-Auswärtssieg den Druck auf HSV-Trainer Michael Oenning

Ist das jetzt schon Abstiegskampf? Nach der fünften Niederlage im sechsten Saisonspiel wird der Hamburger HSV diese Frage nicht mehr mit einem so unbekümmerten Nein beantworten, wie es sein Sportdirektor Frank Arnesen  zuletzt immer wieder getan hat. Beim 0:1 (0:0) gegen Borussia Mönchengladbach war deutlich zu sehen, wie es um das Projekt des Aufbaus einer neuen Mannschaft bestellt ist: schlecht, sehr schlecht. „Uns bricht der Boden unter den Füßen weg“, sagte Trainer Michael Oenning.

Da Augsburg und Kaiserslautern punkteten, baute der HSV vor 54.000 enttäuschten Zuschauern im Volkspark seine Position als Tabellenletzter der Bundesliga souverän aus. Als erster dürfte Oenning die Konsequenzen zu spüren bekommen. Die Mechanismen des Geschäfts sind bekannt, und dem finanziell klammen HSV bleiben wenig Möglichkeiten zum Setzen neuer Reize. Beim nächsten Spiel am Freitag in Stuttgart „wird Michael Oenning mit Sicherheit auf der Bank sitzen“, versprach Sportdirektor Arnesen. Warum? „Weil ich das für gut halte.“ 

Arnesen trägt die Verantwortung für die Zusammenstellung dieser Mannschaft, mit der Oenning sich Woche für Woche herumärgern muss. Einen Stil hat er diesem Gebilde noch nicht verpassen können. Da ist kein System zu erkennen, keine Idee für die Gestaltung eines Fußballspiels. Gegen Gladbach spielte der HSV, als hätten sich da zufällig elf Fußballfreunde getroffen und beschlossen, sich den freien Samstagnachmittag auf der grünen Wiese zu vertreiben. Für die kreativen Momente ist beim HSV der Norweger Per Skjelbred zuständig, aber der hat vor allem mit sich selbst zu tun. Hinter ihm sind Tomas Rincon und Robert Tesche im zentralen Mittelfeld auch nicht gerade ein Ausbund an Ideenreichtum. Den letzten großen Namen in dieser Mannschaft trägt Mladen Petric. Der Kroate fristete ein trauriges Dasein als einziger Stürmer, und er wird sich gewiss des Öfteren gefragt haben, was er denn verloren hat beim nach dem Prinzip Zufall runderneuerten HSV. Am Samstag schlich Petric lustlos und mit hängenden Schultern über den Platz, die schlechte Kopie eines früher torgefährlichen Instinktstürmers. 

Auch Borussia Mönchengladbach zeigte zunächst eine eher limitierte Bereitschaft, zur Gestaltung des Spiels beizutragen. Das fügte sich gut für den HSV und dessen schwächelnde Defensive. Aber die bekam später noch genug zu tun, als die Gladbacher in der zweiten Halbzeit das Tempo anzogen und sehr zur Zufriedenheit ihres Trainers Lucien Favre „fünf oder sechs große Torchancen herausspielten“. Erst  legte Marco Reus den Ball in den Lauf von Igor de Camargo. Der Belgo-Brasilianer schüttelte Heiko Westermann ab und schoss flach und scharf, doch Jaroslav Drobny wehrte mit dem Fuß ab. Kurz darauf musste der Hamburger Torhüter nicht eingreifen, weil sein Innenverteidiger Slobodan Rajkovic sich in Juan Arangos durchaus aussichtsreichen Schuss warf.

Diese Tempoverschärfung wirkte auch auf die Hamburger stimulierend, und beinahe wäre ihnen sogar das Führungstor gelungen. Nach einer Flanke des eingewechselten Gökhan Töre köpfte Tesche aufs verwaiste Tor. Filip Daems sprang mit hoch und bekam den Ball an den Unterarm, wahrscheinlich unabsichtlich, aber der Vorsatz spielt beim Handspiel bekanntlich keine Rolle. Schiedsrichter Peter Sippel ließ das Spiel zum Ärger der wütend protestierenden Hamburger  weiterlaufen. „Klares Handspiel“, monierte Michael Oenning später.

Kurz darauf verwandelte sich Wut in Entsetzen. Dantes Freistoß flog gut 50 Meter weit durch die Luft, aber weil es im Hamburger Strafraum offensichtlich eine nur sehr lose Zuordnung gab und Drobny auf der Linie verharrte, kam de Camargo in der 66. Minute  unbedrängt zum Kopfball und damit zum leichten 1:0. „Das ärgert mich maßlos, weil es ein leicht zu verteidigender Standard war“, sagte Oenning. 

In der Folge herrschte das Chaos auf Seiten der Hamburger, die es allein den zaudernden Gladbachern verdankten, dass die Partie nicht vorzeitig zu ihren Ungunsten entschieden war. Reus, Bobadilla und Arango, alle hatten sie das 2:0 auf dem Fuß. Die Geschichte hinter dieser Aufzählung ist eine andere: Der Fast-Absteiger der vergangenen Saison war dem einstigen Champions-League-Kandidaten in der zweiten Halbzeit turmhoch überlegen.

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