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Sport: Handball-Champions-League: Die alten Herren gehen leer aus

Uwe Schwenker schüttelte den Kopf. Der Handballmanager von THW Kiel starrte auf die Videoleinwand, auf der die schönsten Tore Inaki Urdangarins, besser bekannt als Handball spielender Schwiegersohn des spanischen Königs, zu sehen waren.

Uwe Schwenker schüttelte den Kopf. Der Handballmanager von THW Kiel starrte auf die Videoleinwand, auf der die schönsten Tore Inaki Urdangarins, besser bekannt als Handball spielender Schwiegersohn des spanischen Königs, zu sehen waren. Szenen einer Karriere. Die 8500 Besucher im "Palao Blaugrano", die meisten von ihnen Anhänger ihres FC Barcelona, beklatschten den Herzog von Mallorca frenetisch und hätten ihn am liebsten vor Zuneigung erdrückt. Keiner, das ist sicher, entlässt seine Helden so enthusiastisch wie die Katalanen. "Jetzt weiß ich auch wieder", so Schwenker mit Blick ins tobende Viereck, "warum es so viel Spaß macht, in der Champions League zu spielen."

Wohl wahr. Auf dieses Gefühl wird der Mann von der Ostsee allerdings vorerst verzichten müssen. Nach der 28:33-Niederlage im Halbfinalrückspiel gegen den FC Barcelona (Hinspiel 28:24 für Kiel) zerbrach der Traum, 18 Jahre nach dem VfL Gummersbach als erste Mannschaft die begehrteste Trophäe des europäischen Vereinshandballs nach Deutschland zu holen. THW-Trainer Zvonimir Serdarusic war stinksauer und fand nach Spielschluss deutliche Worte. "Einige meiner Spieler", so der Kroate, "haben heute in den entscheidenden Phasen versagt." Wen Serdarusic meinte, sagte er nicht. Worüber man nicht sprechen kann, sollte man schweigen. Statt dessen führte er - ganz Diplomat - Nenad Perunicic als Gegenbeispiel an. Der Jugoslawe, Wurfwunder im Rückraum der Kiel, hatte in der 40. Minute einen Schlag auf den Solarplexus erhalten, war in die Kabine geführt worden, hatte sich gleich zweimal übergeben, um nur drei Minuten später wieder auf der Bank aufzutauchen und Einsatzbereitschaft zu signalisieren. "Andere", sagte Serdarusic, "haben nicht alles gegeben."

Dabei ging es für den THW um sehr viel. Nach dem Aus in Meisterschaft und Pokal war die Champions League die letzte Gelegenheit, die Saison doch noch zu retten. Aus. Vorbei. Nach sieben fetten Jahren, in denen die Kieler sechs Meisterschaften, drei Pokalsiege und einen Europacup-Gewinn erreichten, werden die Norddeutschen erstmals wieder ohne Titel ausgehen. Wer um die emotionale Gemengelage einiger Spieler weiß, der hat eine Ahnung, wie schwer es wird, sich auf die noch ausstehenden Aufgaben in der Liga zu konzentrieren. "So viel ist sicher", so Wolfgang Schwenke nach Spielschluss, "die Champions League gewinne ich nicht mehr." Der Kieler Abwehrstratege, der zum Saisonende aufhört, ergänzte: "Die beiden alten Schweden wohl auch nicht." Gemeint waren Staffan Olsson und Magnus Wislander, beide 37 Jahre alt, mehrfach mit Olympiamedaillen, WM- und EM-Titeln dekoriert und so etwas wie die Personifikation der Kieler Erfolgsstory. Allein: Ein Triumph in der kontinentalen Königsklasse blieb ihnen bislang versagt. Und das, da war sich Olsson sicher, "wird künftig nicht leichter. Gut möglich", sagte Olsson, "dass das unsere letzte Chance war."

Manager Schwenker indes versuchte den Dingen Positives abzugewinnen. Er gehe davon aus, dass sowohl Wislander als auch Olsson, "im nächsten Jahr wieder auf höherem Niveau spielen werden". Der Grund liegt auf der Hand. Mit rund zwölf bis 14 Saisonspielen weniger bleibt für die alten Herren mehr Zeit zur Regeneration. Der Preis allerdings ist nicht gering: Zumindest eine Spielzeit lang versiegt beim THW, der mit einem Etat von 5,5 Millionen Mark plant, die Einnahmequelle Europacup.

Arnulf Beckmann

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