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Sport: Handball: Mehr als ein Kretzschmar für Arme

Den nicht unbedingt zu den Trendsportarten zählenden Handball und die Generation von MTV und Viva zusammenzubringen, das schafft nur Stefan Kretzschmar. Könnte man meinen, wenn man sieht, wie sich die Berichterstattung auf den Franziska-van-Almsick-Freund, Video-Jockey und Tattoo-Liebhaber konzentriert.

Den nicht unbedingt zu den Trendsportarten zählenden Handball und die Generation von MTV und Viva zusammenzubringen, das schafft nur Stefan Kretzschmar. Könnte man meinen, wenn man sieht, wie sich die Berichterstattung auf den Franziska-van-Almsick-Freund, Video-Jockey und Tattoo-Liebhaber konzentriert. Kretzschmar hin, Kretzschmar her, es gibt durchaus noch andere telegene Figuren im deutschen Handball. Etwa jenen jungen Mann mit den Rastalocken, der sich auf seiner Internet-Seite selbst als "Actionman" oder gar als "The Weapon" (Die Waffe) bezeichnet. Und der ist mehr als ein Kretzschmar für Arme. Er ist der Kapitän. Frank von Behren soll die deutschen Handballer von heute an bis zum 4. Februar durch das Weltmeisterschafts-Turnier in Frankreich führen.

Frank von Behren ist 24 Jahre alt und spielt in der Bundesliga für GWD Minden. Der Mann aus der Provinz verkörpert die neue Spieler-Generation in der WM-Auswahl des Deutschen Handball-Bundes. Und damit das auch nach außen erkennbar wird, hat Bundestrainer Heiner Brand dem torgefährlichen Rückraumspieler auch gleich die Kapitänsbinde anvertraut. "Ich wollte ein Zeichen setzen", sagt Brand, der zum WM-Start heute Abend gegen die USA (18.30 Uhr/live im DSF) in Besançon gerade einmal noch sieben Spieler zählt, die bei den Olympischen Spielen in Sydney dabei waren. Von Behren ist einer davon. Der Aufstieg in der deutschen Mannschaft hätte für den BWL-Studenten nicht rasanter verlaufen können.

1997 noch WM-Siebenter mit den Junioren, gab der Mindener erst am 10. Mai 1998 sein Länderspiel-Debüt in der A-Mannschaft. Nach 66 Länderspielen und 173 Toren steht Frank von Behren nach den vielen Ausfällen und Absagen gestandener Nationalspieler (Holpert, Petersen, Stephan, Siemens, Bezdicek, Zerbe, Roos und Wenta) in der Hierarchie ganz oben. Und er weiß auch schon, was man als Kapitän sagen muss: "Wenn wir den starken Zusammenhalt, den wir im Team haben, aufs Spielfeld übertragen können, dann sind wir vielleicht sogar für die eine oder andere Überraschung gut." Brand jedenfalls will seine junge Führungskraft nicht unter Druck setzen: "Für die WM gibt es von mir aber keine Vorgaben. Ein gutes Turnier mache ich nicht von einer Platzierung, sondern vom Auftreten und der Leistung der Mannschaft abhängig."

Ob diese Einstellung allerdings für ein so hochkarätig besetztes Turnier wie eine Weltmeisterschaft reicht, werden dann die deutschen Gruppenspiele zwei und drei gegen die stärkeren Teams aus Südkorea (24. Januar) und Kroatien (25. Januar) zeigen. Die US-Amerikaner sind heute im Palais des Sports in Besançon kein Maßstab.

WM-Mitfavorit Spanien (27. Januar) und Neuling Grönland (28. Januar) komplettieren die deutsche Vorrundengruppe C in Besancon. Die vier Erstplatzierten kommen zwar ins Achtelfinale, aber nur als Erster oder Zweiter kann Heiner Brand sicher sein, im Überkreuzvergleich mit der Gruppe D in der K.-o.-Runde Olympiasieger Russland aus dem Weg zu gehen. Kurzum: Deutschland braucht in der Vorrunde jeden Sieg. Dabei wird sehr viel vom neuen Kapitän Frank von Behren abhängen.

Otto-Ulrich Bals

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