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Mannheimer Mauer. So aufopferungsvoll wie in dieser Szene werden die Rhein-Neckar Löwen ihr Tor auch an den beiden letzten Bundesliga-Spieltagen verteidigen. Die Meisterschaft wäre der erste nationale Titel für die Löwen. Foto: Imago

© imago sportfotodienst

Handball-Meisterschaft: Patrick Groetzki: "Jedes Tor kann entscheiden"

Handball-Nationalspieler Patrick Groetzki spricht im Interview über das Meisterschaftsfinale zwischen seinen Rhein-Neckar Löwen und dem Tabellenzweiten THW Kiel.

Herr Groetzki, die Meisterschaft in der Handball-Bundesliga war lange nicht so spannend wie in diesem Jahr. Vor dem Spiel Ihrer Mannschaft heute gegen Melsungen trennen die punktgleichen Teams von den Rhein-Neckar Löwen und dem Tabellenzweiten THW Kiel zwei Spieltage vor Schluss gerade einmal acht Tore.

Ich weiß gar nicht, ob das in dieser Form schon einmal so passiert ist. Am Ende wird das Torverhältnis höchstwahrscheinlich den Ausschlag über den Titel geben. Wenn man sich die letzten Jahre anschaut, in denen viel über Langeweile geklagt wurde, in denen der THW Kiel ja auch mal ohne Verlustpunkt Meister geworden ist, dann ist das nicht nur für uns Spieler, sondern vor allem für die Fans eine hochinteressante Situation.

Vor ein paar Wochen waren die Kieler gefühlt so gut wie Meister, der Vorsprung betrug vier Punkte. Sind Sie überrascht, dass es noch einmal so eng geworden ist?
Wir haben damit nicht unbedingt gerechnet. Andererseits wussten wir, dass wir in der Rückrunde gegen fast alle Spitzenmannschaften zu Hause spielen. Außerdem haben wir gleich das erste Rückrundenspiel in Flensburg gewonnen, das hat uns enormen Auftrieb verliehen. Und dann haben wir unsere Serie gestartet.

Die Löwen sind nun schon seit 15 Bundesliga-Spielen ohne Verlustpunkt.
Wir haben herausragende Spiele gezeigt, im Pokal in Kiel gewonnen, in der Champions League beinahe den Topfavoriten Barcelona besiegt. Auch auf diese Titel waren wir natürlich heiß, aber jetzt müssen wir eben unsere letzte Chance nutzen und die Meisterschaft holen. So, wie wir über die ganze Saison gesehen gespielt haben, hätten wir einen Titel verdient.

Vor nicht allzu langer Zeit standen die Rhein-Neckar Löwen noch kurz vor der Insolvenz, jetzt ist die Meisterschaft möglich.

Das war eine krasse Situation. Ich kam ja 2007 als ganz junger Spieler in den Verein und habe seitdem viel mitgemacht. In den ersten Jahren herrschte ein Kommen und Gehen, da wusste man nie, ob sich am nächsten Tag in der Kabine mal wieder ein neues Gesicht umzieht oder ob vielleicht auch jemand gegangen ist. So kann man einfach keine Mannschaft aufbauen. Deshalb sage ich heute: Die Beinahe-Insolvenz hat dem Verein gutgetan, weil er zum Neuaufbau gezwungen war. So konnte unser Trainer in Ruhe eine Mannschaft formen. Er wurde nicht nach ein, zwei schlechteren Spielen infrage gestellt, wir Spieler auch nicht. Heute ist die Stimmung mit der bei meiner Ankunft gar nicht mehr zu vergleichen, weil wir eine ganz andere Sicherheit haben.

"Wer nach 34 Spieltage erster ist, hat den Titel auch verdient"

Wie ist die emotionale Gemengelage vor den letzten Spielen?
Wir sind recht entspannt. Selbst wenn Kiel sein Spiel wie in der Vorwoche mit 22 Toren Unterschied gewinnt, versuchen wir, uns davon nicht verrückt machen zu lassen. Zumal wir auf den Ausgang anderer Spiele ohnehin keinen Einfluss haben.

Am Wochenende haben die Löwen ja ihrerseits auf dieses Ergebnis geantwortet, mit einem 42:19-Sieg in Eisenach.
Kann man so sagen. Ich verstehe das Resultat aber nicht unbedingt als Antwort auf den Kieler Sieg, sondern als Zeichen eigener Stärke. Wobei die Situation schon extrem war: Wir haben zur Halbzeit mit 15 Toren geführt und wussten, dass wir trotzdem mit allem Einsatz weiterspielen müssen, weil am Ende jedes Tor entscheidend sein kann. Deshalb war der hohe Sieg fast schon als eine Art dritter Punkt zu werten.

Halten Sie es für richtig, dass bei Punktgleichheit die Tordifferenz entscheidet? Oder sollte der direkte Vergleich zählen?
Das ist schwierig. Ich bin aber eher dafür, dass der direkte Vergleich zählt, weil man zum Saisonende eben doch häufiger gegen Mannschaften spielt, für die es um nichts mehr geht und die dann womöglich nicht richtig fokussiert sind.

Vor kurzem wurde über die Einführung von Play-offs in der Bundesliga diskutiert. Eine gute Idee?
Grundsätzlich kann und muss man sich Gedanken über Veränderungen machen, wenn man dauerhaft die Attraktivität unserer Sportart steigern möchte. Das muss das erklärte Ziel sein. Play-offs sind für mich aber der falsche Ansatz, ich bin da Traditionalist. Wer nach 34 Spieltagen Erster ist, hat den Titel auch verdient. Bevor man über solche Sachen nachdenkt, sollte man sich eher über andere Missstände Gedanken machen. Zum Beispiel, dass es im internationalen Handball keinen einheitlichen Terminkalender gibt.

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