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Pascal Hens, 37, Spitzname „Pommes“, ist einer von wenigen deutschen Handballern, die in ihrer Karriere alle großen Titel gewonnen haben: Meisterschaft, DHB-Pokal, Champions League, Europameisterschaft, Weltmeisterschaft. Zuletzt war der Rückraumspieler für Balingen-Weiltstätten aktiv, die Familie lebte weiter in Hamburg. Am vergangenen Wochenende hat Hens seine Laufbahn nun beendet.

© picture alliance / dpa

Handball: Pascal Hens: "Mein Spitzname wird mich verfolgen"

Handballer Pascal Hens über „Pommes“, sein Karriereende, Fernweh nach Hamburg und Pläne für die Zukunft.

Herr Hens, am vergangenen Wochenende ist Ihre Karriere als Handball-Profi zu Ende gegangen – nach 18 Jahren, über 400 Spielen in der Bundesliga und 199 in der Nationalmannschaft. Haben Sie schon realisiert, dass jetzt endgültig Schluss ist?

Im Moment noch nicht so richtig, weil sich alles noch ganz normal und alltäglich anfühlt. Ich meine, wir hatten vor sieben Tagen unser letztes Bundesliga-Spiel. So richtig wird mir das wohl erst bewusst werden, wenn es nach dem Sommer wieder losgeht, wenn die Teams mit dem Training und der Vorbereitung beginnen – und wenn ich dann zum ersten Mal aus dem Rhythmus ausbrechen kann, den ich als Profi immer hatte: Athletik-Training, Kraft-Training, handballerische Elemente... egal. Im Moment freue ich mich erst mal auf meine Familie, die Sommerferien und darauf, dass es endlich wieder Richtung Heimat geht.

Nach elf Jahren im Trikot des HSV Handball und der Insolvenz des Vereins haben Sie Ihre letzte Profi-Saison in Balingen verbracht, Ihre Frau und die beiden Kinder haben weiterhin in Hamburg gelebt.

Das haben wir damals zusammen so entschieden. Ich wollte einfach unbedingt noch ein Jahr Bundesliga spielen, deshalb diese Lösung. Ein Umzug für alle kam nicht infrage, mein Sohn ist erst letzten Sommer eingeschult worden. Wenn ein Wochenende frei war, bin ich aber immer nach Hamburg gependelt, wir haben uns also schon regelmäßig gesehen. Trotzdem hatte meine Frau natürlich sehr viel Arbeit allein zu Hause mit zwei Kindern, während ich in Balingen ein eher lockeres Leben geführt habe. Deshalb hat sie sich jetzt auch erst mal Urlaub verdient.

Sportlich endet Ihre außerordentlich erfolgreiche Laufbahn eher unglücklich: Balingen spielt nach dem Abstieg nächste Saison nur in der 2. Bundesliga.

Wir waren natürlich alle traurig und enttäuscht. Mit meinen Mitspielern habe ich mich sehr gut verstanden, und wir haben auch wirklich alles versucht, um den Abstieg abzuwenden – aber so ist das im Sport: Bittere Niederlagen gehören dazu. Grundsätzlich kann man sagen, dass die Zusammenarbeit für beide Seiten nicht so gelaufen ist wie erwünscht: auf der einen Seite der Abstieg des Vereins, auf der anderen Seite für mich persönlich. Ich hatte mit so vielen Verletzungen zu kämpfen, dass ich nie richtig fit geworden bin und meine Leistung abrufen konnte. Im Alter von 37 Jahren dauert es eben einfach länger, solche Sachen auszukurieren, das habe ich in der letzten Saison sehr oft gemerkt. Aber das ist ja normal: Wenn man 18 Jahre Hochleistungssport betreibt, meldet sich der Körper irgendwann und schickt Signale.

War die hohe Belastung im Handball – ein Streitthema seit Jahren – auch einer der Gründe dafür, dass Sie 2012 im vergleichsweise jungen Alter von 30 Jahren aus der Nationalmannschaft zurückgetreten sind?

Auf jeden Fall, für meinen Körper war dieser Schritt enorm wichtig. Emotional war es natürlich schwierig, ich hätte gern weiter für Deutschland gespielt. Aber physisch hat es sich sehr gut angefühlt, weil ich plötzlich viel mehr Regenerationspausen hatte als in den Jahren vorher. Ich konnte im Januar für zehn, zwölf Tage komplett den Stecker ziehen, während die anderen Spieler bei der EM oder WM im Einsatz waren. Danach habe ich mich dann auch gefreut, wenn es wieder losging. Insgesamt war mein Timing mit dem Rücktritt ganz gut: Wenn ich damals nicht in der Nationalmannschaft aufgehört hätte, hätte ich niemals bis Ende 30 Bundesliga spielen können.

Zumal Sie sowohl mit der Nationalmannschaft als auch mit dem HSV alles gewonnen haben, was es im Handball zu gewinnen gibt: Weltmeisterschaft, Europameisterschaft, Champions League, Deutsche Meisterschaft, DHB-Pokal. Woran erinnern Sie sich besonders gern?

Es fällt mir sehr schwer, einen Moment herauszupicken. Wenn man in einer Teamsportart über Wochen, Monate und Jahre zusammenarbeitet, ist es immer etwas Besonderes, das Ganze mit einem Titel zu krönen. Zu meinem großen Glück gab es mehrere solcher Momente in meiner Karriere, etwa der erste Meistertitel mit dem HSV 2011, oder wie Sie schon sagten: der überraschende Sieg in der Champions League zwei Jahre später. Damals wären wir beinahe in der Qualifikation gescheitert, am Ende haben wir beim Final Four in Köln den Pokal gewonnen.

Und im Nationalteam? In den Nuller-Jahren waren Sie das junge Gesicht in einer Mannschaft aus arrivierten Top-Spielern, fast jeder kannte Sie beim Spitznamen: „Pommes".

(lacht): Das wird mich wohl wirklich ein Leben lang verfolgen. Auch da gab es viele herausragende Sachen, angefangen mit dem EM-Titel 2004, meinem ersten überhaupt. Oder 2007 die WM im eigenen Land: Was beim Finale gegen Polen in der Köln-Arena los war, werde ich niemals vergessen.

Ihr bester Mitspieler in dieser Zeit?

Auch da kann und will ich niemanden herausheben. In Hamburg habe ich viele Jahre mit den Brüdern Gille zusammengespielt, das war eine große Ehre. Zwei absolute Weltstars aus Frankreich, die auch privat schnell zu guten Freunden geworden sind. Als ich in die Nationalmannschaft kam, spielten da Markus Baur, Christian Schwarzer, Stefan Kretzschmar – das waren alles große Namen und Persönlichkeiten. Damals war ich superstolz, in diesem Team zu sein. Oder auch Domagoj Duvnjak, mein langjähriger Zimmerkollege beim HSV. Der kam als junger Kerl nach Hamburg, heute ist er Welthandballer und eine prägende Figur unseres Sports. Das Schönste ist für mich aber, dass ich weiterhin Kontakt mit vielen dieser Weggefährten halte, dass wir hin und wieder etwas unternehmen. Dank des Handballs habe ich Freundschaften fürs Leben geschlossen.

Wie geht es jetzt für Sie weiter in den nächsten Monaten und Jahren? Sehen wir irgendwann den Trainer Pascal Hens oder vielleicht sogar den Manager?

Keine Ahnung. Ich werde definitiv erst mal eine Auszeit vom aktiven Handball machen. Erst mal will ich wieder in Hamburg ankommen, ein bisschen Abstand gewinnen, Zeit mit der Familie verbringen. Aber ich werde dem Handball auf jeden Fall verbunden bleiben. In der letzten Saison habe ich mich ja schon als TV-Experte versucht, was mir großen Spaß gemacht hat. Das werde ich auf jeden Fall weitermachen.

Das Gespräch führte Christoph Dach.

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