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Schiedsrichter

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Handball: Unparteiische auf Einkaufstour

Die Handballliga erklärt die Kiel-Affäre für beendet, doch Bestechungsvorwürfe sind nicht selten.

Markus Glaser hat am Montag ein Video erhalten, dazu ein paar deutliche Kommentare. Das Video zeigte die Partie Ademar Leon gegen den MKB Veszprem in der Handball-Champions-League, das die Spanier am Sonntag gegen die Ungarn 30:32 verloren hatten. „Die Spanier haben sich bei uns per E-Mail über die Leistung der Schiedsrichter beschwert“, sagt Glaser. Der Schweizer kennt diese Beschwerden nur zu gut, er arbeitet für die Europäische Handball-Föderation (EHF) in Wien, welche Champions League, Europapokal der Pokalsieger und EHF-Pokal veranstaltet. „So etwas kommt bei uns vier bis sechs Mal pro Saison vor“, sagt Glaser. Kein Grund zur Aufregung. In diesem Fall zumindest.

Anders sieht der Schweizer das im Hinblick Vorwürfe gegen den THW Kiel, im Champions-League-Finalrückspiel 2007 gegen die SG Flensburg-Handewitt die Schiedsrichter bestochen zu haben. „Ich würde mir wünschen, dass in diesem Fall endlich Beweise auf den Tisch kommen, oder die Gerüchte ein Ende haben“, sagt Glaser. Die Handball-Bundesliga zumindest hat keine Beweise gefunden und die Affäre für vorerst beendet erklärt. „Das Präsidium wird in dieser Angelegenheit nicht mehr tagen“, sagte Ligapräsident Reiner Witte, „wir hatten es in der Tat mit Spekulationen zu tun.“

Doch Vorwürfe gegen Schiedsrichter sind keine Seltenheit. Kenner der europäischen Szene haben aufgehorcht, als sie die Namen der Schiedsrichter hörten, die das umstrittene Spiel von Leon pfiffen: Darko Repensek und Janko Pozeznik (Slowenien). 2003 warfen ihnen Verantwortliche der tunesischen Nationalmannschaft vor, beim entscheidenden Spiel der afrikanischen Olympia-Qualifikation gegen Ägypten bestochen worden zu sein. Ob die Internationale Handball-Föderation, deren Präsident Hassan Moustafa Ägypter ist, eine Untersuchung einleitete, ist nicht bekannt. Die Umstände dieses Spiels seien nicht bekannt und fielen auch nicht in den Zuständigkeitsbereich der EHF. Die beiden Slowenen pfiffen weiter wichtige Spiele, unter anderem das Champions-League-Finalrückspiel 2008 zwischen Kiel und BM Ciudad Real, das der THW nach einem 29:27-Auswärtssieg überraschend 25:31verlor.

Die Dunkelziffer solcher Vorfälle ist hoch. Nicht gemeldet wurde der EHF zum Beispiel das Champions-League-Viertelfinalspiel des VfL Gummersbach gegen BM Valladolid am 4. März 2007. Damals beschwerten sich die beiden serbischen Referees Slobodan Visekruna und Zoran Stanojevic beim gastgebenden Klub über das vermeintlich zu schlechte Hotel. „Damals hat die ganze Liga über uns gelacht“, berichtet Hans-Peter Krämer, der damals VfL-Aufsichtsratschef war. Außerdem sollen die beiden Serben eine Einkaufstour durch die Kölner Innenstadt erwartet haben. „Das haben wir abgelehnt“, erklärt der damalige Geschäftsführer Stefan Hecker. Es folgte eine Sensation: Der klare Favorit Gummersbach verlor 32:34.

Aufgrund dieser Geschichten sind sich Branchenkenner wie der Spielerberater Wolfgang Gütschow sicher, dass „bei Pokalspielen auf europäischer Ebene seit Jahren Bestechung an der Tagesordnung“ ist. Auch der THW Kiel fühlte sich im Jahr 2000 um einen Titel betrogen, als eine Reihe von fragwürdigen Schiedsrichterentscheidungen dafür sorgte, dass der THW das Champions-League-Finalrückspiel beim FC Barcelona doch noch mit 24:29 verlor. Als Schiedsrichter fungierten damals die beiden Slowenen Enos Koris und Leon Kalin. Kalins Karriere haben die Vorwürfe nicht geschadet: Er gehörte bei der WM im Januar in Kroatien zur Wettkampfleitung des Turniers.

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