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Überrollt. Stefan Kneer wehrt sich vergeblich gegen den Spanier Jorge Maqueda Pena.

© Reuters

Handball-Weltmeisterschaft: Deutschland verpasst das Halbfinale

Die deutsche Handball-Nationalmannschaft hält gegen Gastgeber Spanien lange hervorragend mit, verliert am Ende aber mit 24:28 und scheidet im Viertelfinale der Weltmeisterschaft aus.

Silvio Heinevetter schlug ein Handtuch auf den Boden und schrie seine Wut heraus, während die 11 500 Fans im Pabellon Principe Felipe in Saragossa standen und feierten. Lange hatte der Keeper der Füchse Berlin überragend gehalten, aber als sich die deutschen Handballer zwei Minuten vor Schluss noch einmal zur Auszeit versammelten, war auch dem manisch ehrgeizigen Heinevetter klar: Es war zu spät, das Viertelfinale bei der 23. WM war für die deutsche Mannschaft verloren. Mit 24:28 (14:12) unterlag die Auswahl des Deutschen Handballbundes (DHB) am Ende dem Gastgeber Spanien in einer heißblütigen, flirrenden Atmosphäre. Insbesondere der spanische Kreisläufer Julen Aguinagalde hatte mit sieben Treffern die deutschen Hoffnungen zerstört. „Wir haben ihn das ganze Spiel nicht in den Griff bekommen“, klagte Heinevetter.

Auch Bundestrainer Martin Heuberger war sichtlich enttäuscht über das Ausscheiden. „Wir haben im Angriff in der zweiten Halbzeit nicht ganz auf dem nötigen Level gespielt“, sagte der 48-Jährige, „aber wir können trotzdem stolz sein darauf, wie wir hier aufgetreten sind.“ Genauso sahen es auch die erfahrenen Profis in diesem Team, das mit sechs WM-Debütanten angetreten war. „Natürlich sind wir traurig. Aber wir haben ein gutes Fundament geschaffen – und wir haben auch in der Heimat wieder das Feuer für den Handball entfacht“, sagte Linksaußen Dominik Klein vom THW Kiel. „Wir können stolz sein auf das, was wir hier geschafft haben“, sagte auch Michael Haaß obwohl es nichts geworden war mit der ersten WM-Halbfinalteilnahme seit 2007.

Es ehrte die Handballer aus Berlin, Kiel, Mannheim und Wetzlar, dass sie nicht über das kroatische Schiedsrichtergespann sprechen wollten. Dabei hatten Matija Gubica und Boris Milosevic die Deutschen schon in der ersten Hälfte oft benachteiligt. „Und auch in der zweiten Halbzeit haben wir natürlich unter den Zeitstrafen gelitten“, sagte Martin Heuberger. Die Befürchtung, dass die Referees unter dem Druck des Publikums einbrechen würden, erfüllte sich also tatsächlich. Es war wie so oft bei einer Handball-Weltmeisterschaft: Der Gastgeber profitierte enorm von den Schiedsrichtern. So war es allerdings auch bei der WM 2007 in Deutschland, als der Gastgeber gewann.

Zu Beginn der Partie hatte die DHB-Auswahl dem Druck noch widerstehen können. Kaltblütig suchten die Profis im Angriff ihre Chance und verteidigten entschlossen. „Da haben wir eine hervorragende Abwehr gestellt“, sagte Patrick Wiencek, der Kreisläufer vom THW Kiel. Die Mannschaft um Kapitän Oliver Roggisch hatte sich fast perfekt auf den gegnerischen Rückraum eingestellt, Torwart Heinevetter hielt, was er halten konnte, das Team spielte die Schnellangriffe zudem konsequent aus. Als Regisseur Haaß zweimal in Folge traf, einmal vom Kreis, einmal aus dem Rückraum, führten die Deutschen 7:5. Danach ließ sich der Supertorwart des Gegners, Arpad Sterbik, entnervt auswechseln, und tatsächlich scheiterten die deutschen Werfer danach häufiger an José Sierra. Und doch hielten sie den Favoriten zunächst auf Distanz. Als Klein ein Sensationstor erzielte, indem er einen Wurf aus spitzem Winkel über Sierra hinweg ins Netz drosch, ging der Außenseiter mit 14:12 in die Pause.

Doch zu Beginn der zweiten Halbzeit erlebte das Team, in Unterzahl spielend, einen kleinen Einbruch. Nur vier Minuten nach Wiederanpfiff lag es mit 16:18 zurück, nun tobte die Halle erneut. Doch die deutschen Profis schlugen zurück, wie schon so oft bei diesem Turnier. Angeführt von Abwehrchef Roggisch gelang eine Serie von drei Toren, die Christoph Theuerkauf mit einem Tempogegenstoß zum 19:18 abschloss, nun wogte die Partie hin und her. Die Deutschen sahen die Sensation in Greifweite. „Männer“, schrie Kreisläufer Theuerkauf auf der Bank seine Mitspieler an, „bei Abpfiff führen wir“, da stand es 21:21.

Doch nun rächte sich, dass Patrick Groetzki, der bisher so treffsichere Flügelspieler von den Rhein-Neckar Löwen, drei Tempogegenstöße nicht verwertet hatte. „Die muss ich einfach in seinem solchen Spiel, in dem man gegen alles kämpft, reinmachen“, sagte Groetzki hinterher. Nun fehlte es auch im Positionsangriff ein wenig an Druck, so dass die Sprungwürfe immer häufiger an der spanischen Abwehrwand abprallten. Drei Tore des überragenden Kreisläufers Aguinagalde zum 21:25 bedeuteten dann die Entscheidung in diesem Kampf, den die deutschen Profis lange Zeit auf Augenhöhe bestritten hatten. Der Traum, den die deutschen Handballer geträumt hatten, war ausgeträumt. Sie müssen am Freitag nach Hause fliegen.

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