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Euphorie in der Halle. Die deutschen Handballer während der WM-Vorrunde in Berlin.

© Odd Andersen/AFP

Handball-WM 2019: Feiert nicht zu früh!

Die deutschen Handballer begeistern bei der WM. Doch mitunter wirkt die begleitende Euphorie etwas übertrieben, denn noch ist nicht viel gewonnen. Ein Kommentar

Es ist dieser Tage viel von einer Welle der Begeisterung zu hören, zu sehen und lesen. Auf dieser Welle surft die deutsche Handball-Nationalmannschaft furios herum. Schön für den Sport, dass diese Weltmeisterschaft so gut ankommt im Lande. Manchmal kommt sie sogar zu gut an, könnte man meinen, wenn man den Jubelarien im öffentlich-rechtlichen Fernsehen lauscht oder die Schwärmereien darüber hört, dass 13.500 Zuschauer in der Berliner Arena am Ostbahnhof voller Ekstase sind und die Mannschaft schreiend zum Erfolg tragen. Das erscheint nach der Vorrunde noch ein wenig übertrieben und dem Handball tut man mit Jubelgeschrei schlimmstenfalls keinen Gefallen. Denn noch ist nichts gewonnen, nur die Fallhöhe ist groß.

Um wirklich um den Titel mitspielen zu können, muss es die Mannschaft aber auch endlich mal schaffen, ein enges Spiel als Sieger nach Hause zu bringen und es nicht in den letzten Minuten durch Unkonzentriertheiten und leichte Fehler wieder herzuschenken.

schreibt NutzerIn spreeathen

Bisher ist die kämpferisch starke Mannschaft von Christian Prokop im Soll. Ein Weiterkommen in der Sechsergruppe, das musste allerdings eine Selbstverständlichkeit sein für die deutsche Mannschaft. Das Team beendete die Vorrunde als Tabellenzweiter hinter Weltmeister Frankreich – nachdem es sich den Sieg zwei Mal in den letzten Sekunden hat klauen lassen (gegen Russland und Frankreich). Sportlich betrachtet geht die WM für die Deutschen erst jetzt los und es ist klar, dass es in der Kölnarena wieder so viel Begeisterung braucht, wie in der Berliner Arena.

Realitätssinn und ruhig auch mal Kritik machen eine Sportart erst lebendig

Die Euphorie ist schön für den Handball, der im Bundesliga-Alltag in den großen Arenen von Köln, Berlin, Hamburg oder München nicht zu Hause ist. Dort wird, wenn Sport angesagt ist, Eishockey und Basketball gespielt (auch vor 13.500 Zuschauern oder auch mehr) – beide Ligen dieser Sportarten rangieren in der Publikumsgunst im Alltag vor dem Handball. Das lässt sich verklären, aber nicht bestreiten. Da muss die Handball-Bundesliga noch mehr machen und investieren, damit sie auch in die Kölnarena oder die Arena am Ostbahnhof hereinkommt.

Aber so eine Weltmeisterschaft ist ja auch eine Werbeveranstaltung für einen Sport. Realitätssinn und ruhig auch mal Kritik – etwa nach verspielten Siegen – machen eine Sportart allerdings erst lebendig. Reine Marktschreierei hat in der Regel keinen nachhaltigen Effekt. Realistisch betrachtet wird der Weg für die Deutschen noch hart bei der WM, zumal der Höhepunkt dieses in zwei Ländern ausgetragenen Turniers in Dänemark stattfindet. Das Endspiel der WM ist in Herning: Wenn die Deutschen da –  womöglich gegen eine Welle der Begeisterung für den Gegner –  triumphieren können, dann hätte die Sportart Handball für sich in Deutschland wirklich sehr viel gewonnen.

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