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Handball: Zum Schein harmonisch

Handball-Präsident Moustafa fordert seinen Kritiker Mühlematter zum Rücktritt auf.

Über Details des Machtkampfes, der sich in den vergangenen Tagen noch zugespitzt hatte, wollte Hassan Moustafa bei der Bilanz der Handball-Weltmeisterschaft in Kroatien nicht sprechen. „Wir wollen, dass die WM sauber ist, ohne Konflikte“, erklärte der Präsident der Internationalen Handball-Föderation (IHF) gestern, und dann richtete der 64-jährige Ägypter einen flammenden Appell an die versammelten Medien: „Mit eurer Hilfe können wir das Ziel erreichen, den Handball noch weiter zu entwickeln“, sagte Moustafa, bevor das Endspiel zwischen Gastgeber Kroatien und Olympiasieger Frankreich (bei Redaktionssschluss noch nicht beendet) angepfiffen wurde.

Erst die Presseerklärung der IHF, die später verteilt wurde, dokumentierte die tiefen Gräben zwischen dem Ägypter und dem Schweizer IHF-Generalsekretär Peter Mühlematter. Der 16-köpfige IHF- Rat, der am Samstag in Zagreb getagt hatte, habe alle Anklagen des 64 Jahre alten Mühlematters zurückgewiesen und drücke seine Unterstützung für den Präsidenten und seinen spanischen Schatzmeister Miguel Roca aus.

Mühlematter sei „eingeladen worden“, seinen Rücktritt einzureichen, weil er der IHF mit seinen Äußerungen schweren Schaden zugefügt habe, heißt es weiter. Mühlematter habe aber beschlossen, bis zum Ordentlichen IHF-Kongress Anfang Juni in Kairo im Amt zu verbleiben. „Ich habe nicht alle Beweise und Dokumente vorbringen können“, erklärte der Mann, der als „gutes Gewissen“ der IHF gilt. Das Gremium habe Moustafa und Roca eine Carte Blanche ausgestellt, „obwohl die Ratsmitglieder in der zur Verfügung stehenden Zeit gar nicht in der Lage waren, sich ein vollständiges Bild über die vielfältigen Ungereimtheiten zu machen“.

Die Liste der Skandale, die sich Moustafa geleistet hat, ist lang. Dass der Ägypter persönlich in die Schiedsrichternominierung bei der Olympiaqualifikation für Peking 2008 eingegriffen hat, die sich zum vielleicht größten Skandal der Handballgeschichte entwickelte, hat der Internationale Sportgerichtshof festgestellt: Das Turnier, bei dem Südkorea um das Olympiaticket betrogen worden war, musste wiederholt werden. Außerdem wurde bekannt, dass Moustafa zwischen 2001 und 2007 alle Dienstflüge ohne einen Beleg abrechnete; die Summe, die er kassierte, belief sich auf mindestens 560 000 Schweizer Franken. Außerdem hat die IHF im Kampf gegen Doping noch nie Trainingskontrollen angeordnet, weil Moustafa dies angeblich für „rausgeworfenes Geld“ hält. Dies soll er Hans Holdhaus, dem österreichischen Mitglied der medizinischen Kommission der IHF, gesagt haben. Gestern präsentierte sich Moustafa als Kämpfer gegen Doping. „Wir arbeiten zusammen mit der Wada“, sagte er. Alle 54 Proben, die während der WM genommen wurden, seien negativ gewesen.

Zu den Ermittlungen der Staatsanwaltschaft gegen „Organe der IHF“, die am Freitag bekannt geworden waren, äußerte sich Moustafa nicht. Die Staatsanwaltschaft Basel bestätigte der „Basler Zeitung“, dass es ein Ermittlungsverfahren wegen des „Verdachts der ungetreuen Geschäftsbesorgung“ gibt. Als Höchststrafe sieht das Schweizer Strafgesetzbuch bis zu fünf Jahre Gefängnis vor. Die Behörden wollen nun klären, was mit dem Zuschuss der IHF für die WM 1999 in Ägypten passiert ist. Von den 1,6 Millionen Franken waren rund zwei Drittel bis September 2003 nicht nach Ägypten geflossen. Sie lagen auf einem US-Dollar- Konto einer kleinen Genossenschaftsbank in Straßburg. Moustafa, IHF-Präsident, Präsident des Ägyptischen Handballverbandes und Präsident des WM- OKs, hat auf die Vorwürfe nicht reagiert.

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