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Plötzlich Stabilisator. Filip Uremovic hat in dieser Saison einige wilde Auftritte für Hertha BSC hingelegt. Aber der neue Trainer Pal Dardai setzt auf ihn.

© REUTERS/Fabrizio Bensch

Handschrift von Trainer Dardai ist erkennbar: Die Dinge bei Hertha BSC fangen an, sich zu fügen

Pal Dardai musste nach seinem Amtsantritt bei Hertha BSC erst ein bisschen experimentieren. Inzwischen bildet sich eine erste Elf und eine stabile Achse heraus.

Pal Dardai hat in seiner langen Karriere als Fußballer viele verschiedene Trainer gehabt. Den einen ein bisschen länger, den anderen ein bisschen kürzer. Hans Meyer gehört zur zweiten Kategorie. Nur ein knappes halbes Jahr, von Januar 2004 bis zum Ende der Saison, hat Meyer Hertha BSC trainiert. Aber in dieser Zeit hat er den Klub nicht nur vor dem Abstieg gerettet, sondern auch bei Pal Dardai einen bleibenden Eindruck hinterlassen. Erst am vergangenen Wochenende, nach dem 2:1-Sieg gegen den VfB Stuttgart, hat sich Herthas aktueller Trainer Dardai wieder einmal auf seinen fußballerischen Urahn berufen.

Meyer hat auch einmal gesagt, dass das Prinzip „Never change a winning team“ nur ein Alibi für denkfaule Trainer sei. Wobei der Umkehrschluss nicht zulässig ist. Man kann als Trainer auch denken und sein Team trotzdem nicht verändern. So wie es Pal Dardai an diesem Freitag (20.30 Uhr, live bei Dazn) vorhat, wenn er mit Hertha beim 1. FC Köln antreten wird.

Der Ungar hat den kommenden Gegner analysiert, er hat überlegt, was gegen die Kölner gefragt sein wird und ist dann zu der Erkenntnis gelangt: „Die Mannschaft, die gewonnen hat, wird am Freitag von Anfang an spielen.“

Das liegt natürlich auch daran, dass alle Startelfspieler vom vergangenen Wochenende wieder einsatzfähig sind; nur Tolga Cigerci steht Dardai wegen Wadenproblemen nicht zur Verfügung. Er fehlte allerdings auch schon gegen den VfB.

Natürlich ist er ein Unterschiedsspieler.

Herthas Trainer Pal Dardai über Stevan Jovetic

Noch mehr aber liegt es daran, dass sich die Dinge unter dem immer noch neuen Trainer langsam zu fügen scheinen. Knapp vier Wochen ist Dardai jetzt im Amt, und inzwischen lässt sich tatsächlich so etwas wie seine Handschrift erkennen: mit einer defensiven Stabilität, mit klaren Prinzipien und einem Plan, dem die Spieler folgen. „Du musst die Jungs wirklich loben“, sagt Dardai. In den ersten zehn Tagen sei er noch nicht zufrieden gewesen. Jetzt aber sei es „eine komplett andere Arbeitsatmosphäre“.

Sollte Dardai in Köln-Müngersdorf tatsächlich dieselbe Startelf aufbieten wie zuletzt gegen Stuttgart, dann wäre es im 17. Spiel dieses Jahres tatsächlich erst das zweite Mal, dass Hertha in zwei Spielen nacheinander in derselben Besetzung beginnt. Zuletzt gab es das noch unter Dardais Vorgänger Sandro Schwarz in den Begegnungen gegen Freiburg und Leipzig.

Die hohe Fluktuation als Ausdruck der Probleme

Die hohe Fluktuation ist auch ein Ausdruck der Probleme, die letztlich dazu geführt haben, dass Hertha kurz vor Schluss der Saison immer noch Tabellenletzter ist. Und Dardai war zwar regelmäßig bei den Spielen der Mannschaft im Olympiastadion zu Besuch und dadurch vergleichsweise gut informiert. Trotzdem hat er sich nach seinem Amtsantritt erst einmal einen Überblick verschaffen müssen. Von innen betrachtet stellen sich die Dinge eben doch noch mal anders dar. Diese Phase aber scheint nun hinter ihm zu liegen.

Dardai hat offenbar eine stabile und schlüssige Formation gefunden. Sogar eine Achse, die sich von ganz hinten nach ganz vorne zieht, bildet sich mehr und mehr heraus. In der Viererkette hat sich Filip Uremovic als Partner von Marc Kempf festgespielt, ein Verteidiger, der in dieser Saison allzu oft durch unglückliche Auftritte aufgefallen ist. Zuletzt aber wirkte der Kroate sehr solide. „Filip ist taktisch ein guter Fußballer, und er ist sehr zweikampfstark“, sagt Dardai.

Uremovics überzeugenden Auftritt gegen den VfB führt Herthas Trainer auch auf die Besetzung der Doppelsechs zurück, in der neben Lucas Tousart erstmals in dieser Saison Marton Dardai spielte. Als gelernter Innenverteidiger zeige der auf der Position ein ganz anderes Verhalten als die handelsüblichen Sechser. „Er bleibt vor der Abwehr“, sagt sein Trainer und Vater, „geht nicht weg, bleibt konzentriert, köpft Bälle weg, kann die Gegner mit seinen langen Beinen richtig stören.“ Der Struktur in Herthas Spiel habe das gut getan, „die Abwehrspieler sind dann sicherer“.

Auch für die Zehnerposition, die Dardai bei seinem Amtsantritt als besonders neuralgisch eingeschätzt hatte, scheint er inzwischen die ideale Besetzung gefunden zu haben. Stevan Jovetic hat die Belastung von 90 Minuten gegen den VfB unbeschadet überstanden. Er steht auch gegen Köln wieder zur Verfügung. „Natürlich ist er ein Unterschiedsspieler“, sagt Dardai. „Er hat alles, was ein Topspieler in der Offensive braucht: Laufstärke, Kopfballstärke, Torgefahr, Vorlagen, vorletzter Pass.“

Im Sturm ist aktuell Florian Niederlechner die erste Besetzung. Gegen Stuttgart bekam er ein wenig überraschend den Vorzug vor Jessic Ngankam. Dieses Vertrauen zahlte er mit seinem ersten Tor für Hertha BSC zurück. „Für mich ist Flo auf dem obersten Niveau“, sagt Dardai. Er sei beweglich und taktisch klug.

Ngankam wiederum könnte mit seiner Wucht und seinem Tempo vor allem als Alternative von der Bank gefragt sein. So wird es wohl auch in Köln wieder sein. Zumindest sagt Pal Dardai: „Ich hoffe, dass Jessic das Siegtor macht.“

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