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Kind-Freund. Gerhard Schröder neben seiner Verlobten Soyeon Kim beim Spiel zwischen Hannover 96 und Borussia Mönchengladbach.

© Julian Stratenschulte/dpa

Hannover 96: Gerhard Schröder kanzelt Ultras ab

Der frühere Regierungschef kritisiert Teile der 96-Fans scharf und unterstützt Klubboss Martin Kind. Die Ultras kündigen "maximalen Gegenwind" an.

Von David Joram

Wenn sich Gerhard Schröder zu Wort meldet, kann es ruppig werden. Das war vor, während, nach und am Ende seiner siebenjährigen Kanzlerschaft so. Bundeskanzler? „Das bleib’ ich noch“, sagte Schröder in jener unvergessenen Elefantenrunde 2005, die dann doch seine letzte wurde.

Nun hat Schröder, seit Dezember 2016 Aufsichtsratschef der Profifußballabteilung von Hannover 96, wieder zu einer Grätsche angesetzt. Über die Fanproteste gegen 96-Klubboss Martin Kind sagte er: „Was sich da in der letzten Zeit entwickelt hat, das schadet der Mannschaft, das schadet dem Sport, das schadet dem Ansehen von Hannover 96. Ich würde sie nicht Fans nennen, denn das ist eine Beleidigung der wirklichen Fans, die jede Woche zu 96 kommen. Die, die man gegenwärtig Ultras nennt, sind eine ärgerliche Randerscheinung.“ Und weiter: „Der Satz, der am Wochenende gesagt wurde, gilt: Ihr seid die, die am wenigsten gebraucht werden.“

Der Satz stammt von Martin Kind, Schröders Tennisfreund, der einen Fandialog in Aussicht gestellt hatte, diesen dann aber platzen ließ. 96 begründete dies mit der „Personenkonstellation“. Drei der fünf Fanvertreter passten dem Klub nicht. Einer habe ein deutschlandweites Stadionverbot, ein anderer klage gegen den Verein und die dritte Person habe Anzeigen gegen 96-Vertreter gestellt. So jedenfalls stellt es der Klub dar.

Schröder gegen "intellektuelle Förderer"

Die Ultras fühlen sich hintergangen, sie schreiben, der Klub habe „fadenscheinige Gründe“ vorgebracht. Oder: „Eine Vereinsführung, die uns derart offenkundig ins Gesicht spuckt, hat nichts mehr als Verachtung und den maximalen Gegenwind verdient.“ Und so riefen die Ultras im jüngsten Heimspiel gegen Mönchengladbach wieder jenen Stimmungsboykott aus, der Kind (und nun auch Schröder) zutiefst missfällt. Schon kurz nach dem Gladbach-Spiel hatte Manager Horst Heldt gesagt: „Es kotzt mich alles an, das macht keinen Spaß.“ In Hannover, so Heldt, beschäftige man sich mit allem außer Fußball.

So extrem wie Heldt es formulierte, ist die Lage bei 96 zwar nicht, die Arena des Klubs wird aber zunehmend als sportpolitische Bühne genutzt. Nirgendwo sonst können die Ultras ihre Anliegen – insbesondere pro 50+1-Regel – so leicht verbreiten wie in ihrer Nordkurve. Den Kluboberen missfällt das, wobei Schröder nicht nur gegen die Ultras austeilte. Für die Unruhe seien auch jene verantwortlich, „die sich als ,intellektuelle‘ Förderer dieser Unkultur im Verein hervortun. Das ist bedauerlich, dass sich Menschen, von denen man eigentlich mehr Verstand erwartet, für so etwas hergeben.“

Schröder zielt damit auf einen Personenkreis ab, der vor allem die Interessen des Stammvereins (e.V.) hochhält und eine komplette Trennung zwischen der Profifußball-KGaA, die Schröder beaufsichtigt, und dem e.V. kategorisch ablehnt. Sie beklagen, dass der e.V. finanziell entkernt worden sei und fordern unter anderem den Rückkauf der lukrativen Namens- und Markenrechte. Just solche, für die KGaA, Kind und Schröder, heiklen Punkte würden die Fans gerne diskutieren – wenn man sie denn lässt.

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