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Verschworener Kreis. Hannover will die Konkurrenz mit derselben Mannschaft wie im Vorjahr ärgern.

© dapd

Hannover 96: Wir bleiben Spielverderber

Hannover 96 setzt auf die Erfolgsrezepte der Vorsaison, doch in der Stadt interessiert das nur wenige

Von Christian Otto

Von der belächelten Aushilfslösung zum hoch gehandelten Chefcoach: Dass sich derzeit kein Wettanbieter traut, Mirko Slomka in der neuen Saison ein frühes Scheitern bei Hannover 96 zu prophezeien, ist ein schöner Beleg für seine Arbeit. Die Hitliste der gefährdeten Trainer, im Vorjahr von ihm angeführt, lässt den 43-Jährigen ohnehin kalt. „Es geht im Fußball in beide Richtungen sehr schnell“, sagt Slomka, der vor der Frage steht, wie er mit Hannover die erstaunliche Vorsaison (Platz vier) wiederholen kann. „Wir wollen die Nummer eins im Norden bleiben“, sagt er. Wieder vor dem VfL Wolfsburg, Werder Bremen und dem Hamburger SV zu landen, ist das ehrgeizige Ziel des Trainers.

Es spricht für Slomka, dass im Kreise seiner Profis noch keiner gefunden wurde, der die Nase zu hoch trägt. Gestern, als es um ein Highlight in der Vereinsgeschichte ging, waren sie alle aufgeregt, aber trotzdem bodenständig. Nach 19 Jahren darf Hannover wieder am internationalen Fußball teilnehmen – in der Europa League bekommen es die Niedersachsen mit dem starken spanischen Erstligisten FC Sevilla zu tun (siehe Kasten). Sie könnten sich jetzt hinstellen und hinausposaunen, dass sie im Kreis der Großen kicken, belassen es aber bei einer vernünftigen Demut.

Mirko Slomka darf es als besonderes Privileg empfinden, im heutigen Heimspiel gegen die TSG Hoffenheim mit seiner unveränderten Erfolgsmannschaft in die nächste Saison starten zu dürfen. „Alle bei uns im Team sind auf einem guten Niveau“, sagt Innenverteidiger Karim Haggui. Sätze wie diese trägt der Tunesier mit einem Lächeln vor, als sei es keine Last, sondern ein Vergnügen, den Ruf als viertbestes Team Deutschlands verteidigen zu müssen.

Vielleicht lindert es den Druck, dass am Horizont schon die ersten düsteren Wolken aufziehen. 96-Präsident Martin Kind ist ernüchtert, weil die heutige Saisonpremiere im schönen Stadion am Maschsee wohl nicht ausverkauft sein wird. Dem Rekord mit 23 500 verkauften Dauerkarten steht die Frage gegenüber, warum es nicht gelingt, 49 000 Zuschauer in einer mittelgroßen Landeshauptstadt für Spitzenfußball zu begeistern, um das Stadion mal ganz zu füllen. Vor dem ganz großen Ziel von Kind, das er zu mutigeren Zeiten als den Einzug in die Champions League bezeichnet hat, sollte zunächst die Suche nach genügend Zuschauern stehen. „Die Mannschaft hat Zuspruch verdient“, sagt Slomka und gibt sich Mühe, nicht zu enttäuscht zu wirken. Auf dem Höhepunkt der Saisonvorbereitung, als Hannover den französischen Erstligisten Olympia Lyon (0:0) zu Gast hatte, war sein Team vor nur 17 000 Zuschauern ausgepfiffen worden.

Man müsse halt zurückfinden zur Realität, findet Stürmer Jan Schlaudraff. Die da heißt: Hannover 96 ist und versteht sich weiter als Außenseiter und Spielverderber. Das Team will vor Torhüter Ron-Robert Zieler wieder gestaffelt in der Abwehr stehen, den Gegner zu Fehlern zwingen und überfallartig kontern. Slomka hat ein System etabliert, das zu den schnellen Stürmern Didier Ya Konan und Mohammed Abdellaoue passt. Weil das Geld für hochkarätige Neuzugänge fehlt und der Kader mehr an Breite als an Qualität gewonnen hat, versucht sich der Trainer an einer Weiterentwicklung in kleinen Schritten. So hat es in der vergangenen Saison auch funktioniert.

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