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Im Jubel vereint. Martin Hlinka (r.) und Sachar Blank feiern wie Hannovers Fans den Sieg über Augsburg im ersten Finalspiel.

© dpa

Hannover Scorpions: Eine Stadt verliebt sich

Die Scorpions spielen sich mit ihrem Erfolg im ersten Eishockey-Finale in die Herzen der Hannoveraner. Da herrscht großen Nachholbedarf in Hannover.

Von Christian Otto

Der klappernde Rollwagen beförderte reichlich Geschnetzeltes in die Umkleidekabine. „Wie immer in den Play-offs“, sagte Thomas Dolak. Der Stürmer der Hannover Scorpions kennt sich mittlerweile mit den Gepflogenheiten der Endrunde aus. Schließlich hat er sich mit seinem Team bis ins Play-off-Finale vorgekämpft. Dort kann er mit den Hannoveranern nun erstmals in der Vereinsgeschichte die deutsche Eishockeymeisterschaft holen. Den ersten Schritt hat Hannover mit dem 3:1 (0:0, 1:0, 2:1)-Heimsieg gegen die Augsburger Panther am späten Dienstagabend gemacht. Im Kampf um den Titel müssen die Scorpions in der Best-of-five-Serie am Freitag (19.30 Uhr, live bei Sky) in Augsburg antreten. „Der Weg bis zum Titel ist noch sehr hart und lang“, sagte Dolak.

Doch wenn Dolak mit den Scorpions weiter so stark auftrumpft, kann in Hannover endlich einmal wieder so richtig gefeiert werden. Und in dieser Hinsicht hat der mit Problemen behaftete Eishockey-Standort, an dem die Mannschaft von Trainer Hans Zach lange vergebens um Ruhm und Aufmerksamkeit gekämpft hat, großen Nachholbedarf. Der Wettstreit auf Kufen in Niedersachsens Landeshauptstadt kann seit Jahren nur deshalb angeboten werden, weil der Bauunternehmer Günter Papenburg so vermögend ist. Ihm gehören der Verein und die riesige Arena, in der die Scorpions ihre Heimspiele austragen. Dass am Dienstag, als es einen souveränen Erfolg und Tore von Matt Dzieduszycki, Martin Hlinka und Chris Herperger zu bejubeln gab, nur 7596 Zuschauer gekommen waren, ist nicht besonders beachtlich. Aber am Sonntagnachmittag, wenn das zweite Heimspiel in der Finalserie ansteht, wird die 10 500 Fans fassende Halle bis auf den letzten Platz voll sein – seit Dienstagnacht ist das Spiel ausverkauft. Hannover taut, was seine Liebe zu den von einem Sieg zum nächsten eilenden Scorpions betrifft, auf der Zielgeraden einer langen Saison ganz langsam auf.

Am Sonntag wird die große Arena endlich mal ausverkauft sein

Dafür ist vor allem der sportliche Erfolg verantwortlich. Gegen die Augsburger, die zuvor die Favoriten aus Mannheim, Berlin und Wolfsburg rausgeworfen hatten, zeigte sich Hannover wach und diszipliniert. Und auch die Unterhaltung durch den impulsiven Scorpions-Trainer Hans Zach kam nicht zu kurz. Zach lieferte sich nach dem Duell auf dem Eis noch eine verbale Auseinandersetzung mit seinem Gegenüber Larry Mitchell. „Wenn die Leute bei denen auf der Bank sitzen, können sie keine Punkte machen“, sagte Zach. Seine Anspielung galt der Spielphilosophie der Panther, die fast durchgängig mit drei statt vier Sturmformationen agierten. „Wir sind nicht tiefer besetzt, wir spielen nur konsequent mit vier Reihen“, sagte Zach. Augsburgs Trainer ließ sich nicht lange auf die Sticheleien ein – Mitchell weiß gerade um die Heimstärke seiner Mannschaft. „In Augsburg erwartet uns ein Hexenkessel“, sagt auch Hannovers Angreifer Dolak. Schon am Dienstag zeigten die Panther in einigen Aktionen ihre Stärke, scheiterten aber oft am starken Travis Scott im Scorpions-Tor – Hannovers Fans freute es.

Die Stimmung in der Arena im südlichen Teil Hannovers hatte schon viel von einem stimmungsvollen Eishockey- Abend. Hannovers Arena erfüllt, im Gegensatz zum offenen und überalterten Curt-Frenzel-Stadion in Augsburg, jene Kriterien, mit denen sich die Funktionäre im deutschen Eishockey gerne schmücken. Modern soll es sein, wohl temperiert und möglichst massentauglich. Im Foyer der Arena in Hannover riecht es nicht nach Glühwein, sondern nach frittiertem Fastfood. Die Zuschauer können Bier in Plastikbechern, Weingummi in Tüten oder Lose für 3,50 Euro pro Stück kaufen. Zu den möglichen Tombola-Gewinnen zählte am Dienstag eine DVD mit dem Titel „Eisbären Berlin 2009 – Meister wie noch nie“. Das gute Stück lag wie ein Trostpreis auf den Verkaufstischen eines lange Zeit belächelten Klubs, der nach dem frühen Ausscheiden des Titelverteidigers vor seinem ersten großen Triumph steht.

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