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Sport: Harmlos überlegen

Nach dem 0:3 gegen Lyon kann sich Bremen auf die Meisterschaft konzentrieren Valdez und die Bremer schienen die Niederlage nicht fassen zu können

Zu den Besonderheiten eines ChampionsLeague-Spiels gehört es, dass die Europäische Fußball-Union Uefa einen Haufen Mitarbeiter beschäftigt, die während des Spiels jedes Foul, jede Abseitsstellung dokumentieren. Ein umfangreiches Zahlenwerk kommt so zusammen, doch selten war eine Statistik so irreführend, so wertlos wie am Mittwochabend. 27:8 Torschüsse, 13:3 Eckbälle, 57 Prozent Ballbesitz – solche Werte kann Werder Bremen auch nach einem Bundesligaspiel gegen Freiburg verzeichnen. Doch der Gegner kam diesmal nicht aus Freiburg, sondern aus Lyon und deshalb waren die wirklich aussagekräftigen Fakten andere: Regen, 0 Grad, 0:3 Tore.

„Gegen eine Mannschaft wie Lyon brauchst du zwei sehr gute Tage, um weiterzukommen“, sagte Bremens Sportdirektor Klaus Allofs, „aber heute war kein guter Tag.“ Es hatte schon schlecht angefangen für den Deutschen Meister, als Ivan Klasnic, mit fünf Treffern bester Bremer Torschütze in der Champions League, sich beim Warmlaufen verletzte. Für Klasnic musste Miroslav Klose spielen, den Trainer Thomas Schaaf nach einer Grippe eigentlich noch schonen wollte.

Doch nicht nur Klose, die gesamte Bremer Mannschaft trat auf, als steckte ihr ein Virus in den Beinen. Werder spielte umständlich, fand kein Mittel gegen die Abwehr des Französischen Meisters. „Wir haben heute nicht die nötige Entschlossenheit gezeigt“, sagte Schaaf nach dem Spiel mit versteinerter Miene. „Uns fehlte die Sicherheit, die sonst unser Spiel geprägt hat.“ Zwar hatten Klose und Tim Borowski in der ersten Halbzeit sowie Nelson Valdez nach der Pause beste Möglichkeiten; der Sieg der Franzosen war dennoch hoch verdient.

Mit dem brillanten Konterspiel über die schnellen Außenstürmer Gouvou und Malouda – einer dieser Angriffe führte schon nach neun Minuten zum 1:0 durch Wiltord – hat sich Lyon für mehr als nur das Erreichen des Viertelfinals empfohlen. Und als Bremen in der zweiten Hälfte Hoffnung schöpfte, wenigstens ein Unentschieden zu erzielen, entschieden Diarra und Juninho scheinbar mühelos das Spiel.

Nun hat Werder 1999 im Uefa-Cup schon einmal ein Hinspiel gegen Lyon 0:3 verloren, auswärts allerdings, das Rückspiel dann aber 4:0 gewonnen. Und dem FC Arsenal war in der vergangenen Saison in der Gruppenphase der Champions League nach einer 0:3-Heimniederlage ein 5:1 bei Inter Mailand geglückt. Doch dass sie gegen diese Lyoner Mannschaft auswärts vier Tore schießen könnten, das wollten sich die Bremer gar nicht erst einreden. „Das ist unrealistisch“, sagte Sportdirektor Allofs. Miroslav Klose sah das ähnlich: „Ich glaube nicht, dass da noch was geht. Wir müssen uns jetzt auf die Bundesliga konzentrieren.“

Vielleicht könnte das Ausscheiden aus dem Europacup den Bremern ja tatsächlich die nötige Ruhe geben, sich an die Titelverteidigung in der Liga zu machen. Den Humor haben sie nach der deutlichen Niederlage jedenfalls nicht verloren. „Wir holen den DFB-Pokal, und wir werden Deutscher Meister“, sangen die Fans nach dem 0:3. Und nachdem Fabian Ernst beiläufig festgestellt hatte, dass nun „ein 4:1 zum Weiterkommen reicht“, wies Allofs noch darauf hin, „dass wir zum Rückspiel schon noch antreten werden“.

Neben Allofs stand Torhüter Andreas Reinke, dem die Statistik keinen schönen Arbeitstag bescheinigte. Vier Schüsse hatte er aufs Tor bekommen, drei landeten im Netz, einer am Pfosten. Doch Reinke behielt nach dem Spiel seine Gelassenheit, die er vermutlich auch nicht verlieren würde, wenn er bei Hansa Rostock im Tor stünde. Als Allofs auf das 0:3 angesprochen wurde, einen 30-Meter-Freistoß des Brasilianers Juninho, bei dem Reinke nicht gut ausgesehen hatte, sagte der Sportdirektor: „Ich habe das Tor gar nicht gesehen.“ Woraufhin Reinke hinzufügte: „Ich auch nicht.“ Vielleicht sollten sie in Bremen einfach alle so tun, als habe es das Spiel am Mittwoch nicht gegeben.

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