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Die Zuschauer in der Ostkurve des Olympiastadions wurde in dieser Saison nicht immer verwöhnt - schon gar nicht von Herthas Gegnern.

© dpa

Heimspiel gegen Kaiserslautern: Für Hertha ist zu Hause das neue Auswärts

Hertha BSC hofft am Montagabend im Duell gegen Kaiserslautern, dass sich auch der Gast endlich einmal aktiv am Spiel beteiligt.

Manchmal ist die Zweite Liga eine ziemlich sonderliche Veranstaltung. Zumindest für die Fußballer von Hertha BSC, die sich im Grunde für einen verhinderten Erstligisten halten. Peter Niemeyer, der Kapitän der Berliner, hat neulich von einer dieser sonderlichen Erfahrungen erzählt. Im Heimspiel gegen den Aufsteiger VfR Aalen zu Beginn der Hinrunde war das, Hertha spielte den Ball nach dem Anstoß zurück in die eigene Hälfte – und normalerweise jagt der Stürmer des Gegners dem dann hinterher. Nicht so die Aalener. „Die sind noch nicht mal über die Mittellinie gegangen“, berichtete Niemeyer.

Diese kleine Episode erzählt einiges darüber, welchen Herausforderungen sich Hertha, der Aufstiegsfavorit schlechthin in der Zweiten Liga, in dieser Saison gegenübersieht. Die Gegner begeben sich quasi mit dem Anpfiff in eine Verteidigungshaltung. „Es ist brutal schwer“, sagt Niemeyer. Dann macht mal schön, lautet die Botschaft an die Berliner, die sich zuletzt des Vorwurfs mangelnder Ästhetik in ihrem Spiel erwehren mussten. „Es gehören immer zwei Mannschaften dazu, damit ein schönes, attraktives Spiel entsteht“, sagt Niemeyer dazu.

Als Tabellenzweiter mit zehn Punkten Vorsprung auf den Relegationsrang kann Hertha diese Debatte im Moment recht gut ertragen. „Das macht mir überhaupt keine Sorge“, sagt Trainer Jos Luhukay über die fehlende spielerische Leichtigkeit seiner Mannschaft. Von den acht Toren, die Hertha seit der Winterpause erzielt hat, fielen fünf nach Standardsituationen. Aus dem Spiel heraus gelingt den Berlinern wenig. „Das hat auch mit den Wetterbedingungen zu tun, vor allem mit den Platzverhältnissen, dadurch kommt der gute Fußball nicht zum Tragen“, sagt Herthas Trainer, der dafür mit dem Einsatz, dem Willen und dem Defensivverhalten seiner Mannschaft bisher hoch zufrieden war. Und „die Leichtigkeit wird kommen“, sagt Luhukay.

Die Platzverhältnisse im Olympiastadion sprechen auch heute Abend (20.15 Uhr, live bei Sky und Sport 1) im Spitzenspiel der Zweiten Liga zwischen dem Zweiten Hertha und dem Dritten Kaiserslautern nicht gerade für fußballerische Hochkultur. Zumindest aber könnten die sonstigen Umstände dem Spiel der Berliner entgegenkommen. Wenn der 1. FC Kaiserslautern noch ernsthaft auf einen der beiden ersten Tabellenplätze schielt, die den direkten Aufstieg in die Bundesliga bedeuten, müsste er wohl gegen Hertha gewinnen – und entsprechend offensiv auftreten. Und selbst um den Relegationsplatz zu sichern, darf der FCK sich zumindest keine Niederlage erlauben, nachdem der 1. FC Köln sich am Samstag durch den Sieg gegen den 1. FC Union bis auf drei Punkte an Rang drei herangepirscht hat. „Es kann schon sein, dass uns das entgegenkommt“, sagt Herthas Mittelfeldspieler Peer Kluge. „Wir hatten gerade zu Hause etwas Schwierigkeiten, wenn wir das Spiel machen mussten. Auswärts ist es uns immer ein bisschen leichter gefallen.“

Seit dem vergangenen Wochenende, als sie beim VfR Aalen ihren sechsten Auswärtssieg hintereinander gefeiert haben, sehen sich die Berliner mit diesem Thema konfrontiert: Warum tut sich die Mannschaft auswärts leichter? Oder im Umkehrschluss: Wieso hat Hertha in den Heimspielen immer wieder so große Probleme? Bei diesem Thema sind die Berliner aus gutem Grund sensibel – weil es sie bereits seit einigen Jahren begleitet. In der Abstiegssaison 2009/10 unterbot Hertha sogar einen uralten Negativrekord von Tasmania Berlin, als die Mannschaft in 16 Heimspielen hintereinander sieglos blieb. Und auch nach der Rückkehr in die Bundesliga waren die Berliner alles andere als eine Macht im eigenen Stadion: Auswärts holten sie mehr Punkte als zu Hause.

In der aktuellen Spielzeit ist Hertha die beste Auswärtsmannschaft der Zweiten Liga. Ihre drei höchsten Siege haben die Berliner in der Fremde erzielt: in Sandhausen (6:1), Regensburg (5:1) und Aue (4:0). Nur bei zwei ihrer insgesamt sechs Heimsiege haben sie hingegen mit mehr als einem Tor Vorsprung gewonnen (Aalen und 1860 München). Und das einzige Mal, dass Hertha in dieser Saison ohne Tor blieb, war in einem Heimspiel (0:0 gegen Ingolstadt). „Auswärts müssen die Mannschaften einen Tick mehr kommen“, sagt Peter Niemeyer. Dadurch erhalten die Berliner etwas mehr Platz, was ihnen die Angelegenheit erheblich erleichtert. Im Olympiastadion denken die Gäste gar nicht daran, sich aktiv am Spiel zu beteiligen. Und wenn sie dann – wie in Herthas jüngsten drei Heimspielen gegen Köln, den FSV Frankfurt und den 1. FC Union – sogar in Führung gehen, schwindet ihr Offensivgeist vollends.

Von Heimschwäche in klassischem Sinne kann bei Hertha trotzdem nicht die Rede sein. Die Mannschaft hat in dieser Saison im Olympiastadion noch nicht verloren; der Punkteschnitt bei Heim- (2,2) und Auswärtsspielen (2,25) ist nahezu identisch. Jos Luhukay wird das Duell gegen Kaiserslautern daher ganz sicher nicht wie ein Auswärtsspiel angehen. „Wir wollen das Spiel dominieren“, sagt der Holländer, „mehr als zuletzt gegen Union.“

So könnte Hertha spielen:

Kraft – Pekarik, Lustenberger, Brooks, Holland – Niemeyer, Kluge – Ndjeng, Ronny, Knoll – Ramos.

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