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Sport: Heiße Favoriten

Auch die Rennpferde in Hoppegarten spüren die Hitze – eine kalte Dusche nach dem Rennen schafft Abhilfe

Hoppegarten. Eine junge Frau hält einen roten Schlauch direkt auf den Rücken eines dunkelbrauen Hengstes. Das kalte Wasser spritzt auf das heiße Fell und erzeugt eine Dampfwolke, die langsam in den blauen Himmel zieht. Wenn das Wasser seine Unterseite trifft, hebt der Hengst sogar den Hinterlauf, als wenn es an seinem Bauch kitzelt. Nach der kühlenden Dusche schüttelt sich das Pferd vor Freude, und die Tropfen spritzen zu den feixenden Zuschauern hinüber.

Es gibt einen Fleck auf der Galopprennbahn Hoppegarten, den lieben die Pferde über alles. Es ist der Absattelplatz gleich hinter dem Oval für die Siegerehrung. Hier steht die Pferdedusche, hier bekommen ihre aufgeheizten Körper nach getaner Arbeit die notwendige Kühlung. Notwendig ist das Wasser nach jedem Rennen, doch bei den derzeitigen Temperaturen gehört die Dusche zu den wichtigsten Maßnahmen, die ein Trainer für seinen Schützling ergreifen kann.

„Es ist wichtig, dass man das Pferd bei der Hitze gut versorgt“, sagt Andreas Wöhler. Der Bremer gilt als einer der besten deutschen Trainer im Galoppsport und muss heute den fünfjährigen Wallach Ingolf für den Großen Preis von Berlin auf der Galopprennbahn Hoppegarten vorbereiten. „Ingolf kommt ganz gut mit der Hitze zurecht“, sagt Wöhler. Aber es gibt auch Rennpferde, die vertragen die Hitze nicht so. „Pferde, die ohnehin schon nervös sind, werden bei der Hitze noch nervöser“, sagt der Bremer, „das ist bei der großen Spannung vor dem Start ein Nachteil.“ Phlegmatische Pferde haben es da besser, Pferde wie Ingolf. „Als Dreijähriger hat er plötzlich das Interesse am schnell rennen verloren“, erzählt Wöhler schmunzelnd, „der hatte mehr den Blick für die Mädels. Da haben wir ihn zum Wallach gemacht, und seitdem ist er ruhiger.“

Doch auch Ingolf braucht bei der extremen Hitze spezielle Fürsorge. „Wir fahren schon morgens um vier Uhr nach Berlin los, damit wir nicht in die Mittagshitze kommen.“ Auch das Training findet frühmorgens statt, außerdem bekommt er schon während des Trainings isotonische Getränke. Elektrolyte gibt es auch nach dem Rennen. Ein echtes Geheimrezept gegen die Hitze hat Wöhler für den Favoriten im Großen Preis von Berlin jedoch nicht. Er glaubt auch nicht, dass sich sein Pferd bei der Hitze verausgaben könnte. „Das kommt sehr selten vor.“ Eher müssen die Jockeys aufpassen, dass sie beim so genannten Gewichtmachen kurz vor dem Rennen nicht allzu viel Gewicht verlieren und austrocknen. Denn Gewicht gemacht wird häufig in der Sauna.

Dieses Problem kennt Peter Schiergen noch sehr genau. Der ehemalige Rekordjockey hat seine Karriere als Trainer erfolgreich fortgesetzt. Der Kölner betreut den vierjährigen Hengst Toylsome für Georg Baron von Ullmann. Der Vorjahressieger gilt diesmal nur als Außenseiter. Mit der Hitze hat das aber nichts zu tun. „Er hat bei den letzten drei Rennen jedesmal Pech gehabt“, sagt Schiergen. Auch der Kölner glaubt nicht, dass Rennpferde unter der Hitze allzu sehr leiden. „Das sind Hochleistungssportler“, sagt Schiergen, „Sportler fallen bei der Hitze auch nicht gleich um. Die Pferde gewöhnen sich ebenso an die Temperaturen, wie es der Mensch tut.“

Toylsome erhält von seinem Trainer nach dem Rennen einen Kälteschock aus der Dusche und einen Vitaminstoß. „Zehn Grad kühler wäre natürlich besser“, sagt Schiergen. Er und Jockey Filip Minarik müssten bei der Hitze eben auf alle Zeichen achten. „Ob er vorher außergewöhnlich stark schwitzt oder gut frisst“, erklärt Schiergen die besten Zeichen für zu viel Hitze.

Sonstige Signale gibt es nicht, betont auch Mario Hofer. Er muss beim Großen Preis von Berlin gleich drei der zwölf Starter im Auge behalten. Neben Key to Pleasure und Glad to be fast geht auch Fiepes Shuffle für den Krefelder Toptrainer auf die 1300 Meter lange Strecke. Auch Hofer gibt seinen Pferden vorrangig viele Mineralien. „Und morgens und abends gut abspritzen.“ Ansonsten ändert die Hitze nichts. Nicht mal die Renntaktik. „In der Bundesliga spielen die Fußballer ja auch um halb vier“, sagt Hofer. Nur dass dort in der Kabine mehr aufmunternde Worte durch den Trainer fallen als sonst. „Was soll ich den Pferden denn sagen?“, fragt Hofer und muss dabei lachen.

Ingo Wolff

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