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Sport: Helden mit Motorschaden

Hans-Peter Briegel führt Albanien zu historischem Sieg

Hans-Peter Briegel blieb gelassen. Da war der Bus mit ihm und der albanischen Fußball-Nationalmannschaft auf dem Weg vom Spielort zum Trainingsquartier liegen geblieben. Schnell war das Malheur entdeckt: Motorschaden. Alle aussteigen also, und der Pächter einer Tankstelle tat sein Bestes, den neuen Helden auf die Sprünge zu helfen. „Einer arbeitet und zehn andere schauen zu“, beschrieb Briegel die unfreiwillige Unterbrechung. Dass die Albaner kurz zuvor in der EM-Qualifikation mit dem 3:1 gegen Russland einen „historischen Sieg“ gefeiert hatten, hatte sich bis an die Zapfsäulen des letzten Winkels herumgesprochen und beschleunigte die notwendigen Reparaturarbeiten nicht unerheblich.

Es wurde ohnehin eine lange, aufregende Nacht in Albanien. Als der Mannschaftsbus nach dem Spiel durch die Stadt Shkoder fuhr, ging es nur zentimeterweise vorwärts. Tausende Albaner waren ins Freie gestürmt und blockierten die Straßen. Briegel blieb nichts anderes übrig, als auszusteigen und in die Menge einzutauchen. Der frühere deutsche Fußballprofi, jetzt Nationaltrainer Albaniens, war zuvor erst gar nicht in die Kabine seiner Mannschaft vorgedrungen. „Voll“, sagte der 47 Jahre alte Pfälzer. Dort, in dicken Wolken aus Schweiß und Wasserdampf, tanzte Albaniens Ministerpräsident mit den Spielern. In Albanien herrschte eine Stimmung, als sei ein neuer Feiertag ausgerufen worden.

Ein endloser Konvoi von Autos eskortierte die Teamkarosse der Nationalelf zurück ins Trainingsquartier 40 km vor Tirana. „Als ob sie eine große Meisterschaft gewonnen hätten“, sagte Briegels Assistent, der frühere Lautern-Profi Axel Roos staunend. Auch seinen Chef ließen die Freudentänze nicht unberührt. „Es war wichtig für die Spieler und das Land, zu sehen, dass sie gegen eine europäische Spitzenmannschaft gewinnen können“, sagte Briegel, der am Mittwoch in der EM-Qualifikation gegen Irland antreten muss.

Zwei Jahre lang hatten die Spieler des Balkanstaates kein einziges Spiel mehr gewonnen. Ein 1:1 gegen die Schweiz hüteten sie bis vergangenes Wochenende wie einen Schatz aus der Vergangenheit. „Russland ist für Albanien jahrzehntelang wie der große Bruder gewesen. Es war ein Prestigeduell der besonderen Art. Einen Sieg haben sich alle erträumt, aber vorstellen konnte sich das keiner“, sagte Briegel.

Der Erfolg könnte den Titel „Made in Germany“ tragen. Der Ex-Unterhachinger Altin Rraklli, Hannovers Profi Altin Lala und der ehemalige Lautern-Profi Igli Tare schossen die Tore für eine Mannschaft, die nun mit vier Punkten in der Gruppe 10 Kontakt zu den einst übermächtigen Russen (sechs Punkte) und der Schweiz (sieben) hat. Die Iren haben drei Zähler. Briegel aber verspricht: „Ich fange am Sonntag gleich an, die Erwartungen zu dämpfen.“

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