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Sport: Helfer in der Not

Das Defizit der German Open 2003 ist enorm, jetzt sucht der DTB jemanden, der in Zukunft für Verluste geradesteht

Berlin. Georg von Waldenfels hat nicht wirklich viel erwartet. Genau genommen nur „diverse lange Gesichter“. Der Präsident des Deutschen Tennis Bundes fuhr ja am Wochenende zu den German Open nach Berlin. Vermutlich rechnete der DTB-Chef damit, dass dort das Wetter noch der erfreulichste Tagesordnungspunkt würde. Aber dann begrüßte ihn keiner strahlender als Jan Hendrikx, und das war dann so bedeutsam, als hätte der Verbandsboss seine verschwundene Lieblingsuhr wieder gefunden. Denn Hendrikx ist der Vorsitzende der Geschäftsführung von Mastercard, dem Titelsponsor der German Open. Der Vertrag von Mastercard läuft in diesem Jahr aus; wird er nicht verlängert, springen vermutlich andere Vertragspartner auch ab. Denn 2003 laufen alle Werbekontrakte der German-Open-Partner aus. Hendrikx also strahlte, wichtiger aber noch für von Waldenfels, er sagte: „Wir haben über eine Vertragsverlängerung noch nicht entschieden, aber wir wollen unbedingt, dass das Turnier in Berlin bleibt. Und Eurosport hat hervorragend übertragen.“

Eurosport, das ist das Stichwort. Der Spartensender galt bisher als belächelter Lückenbüßer für die abwesende ARD. Aber Eurosport erreicht in der Zielgruppe der 14- bis 49-Jährigen genauso viele Zuschauer wie die ARD, das haben sie in dieser Woche gemessen. Außerdem wurde 2003 die Internetadresse der German Open 50 Millionen Mal angeklickt. Das sind zehn Mal so viel wie 2002, „und das“, sagt Christian Pirzer, der Chef von German-Open-Vermarkter IMG, „ist das Resultat der Eurosport-Übertragung. Dort werden die Fans angesprochen, die sich sehr für Tennis interessieren“. Pirzer redet mit mutmaßlichen Sponsoren nur noch über deren TV-Präsenz bei Eurosport. Sendeminuten in der ARD sind kein Thema mehr. Geht ja auch gar nicht, ARD oder der neue Regionalsender RBB zeigen ja im Moment kein Interesse. Ob sich das ändert, weiß niemand.

Es ist ja nicht mal sicher, dass das Turnier 2004 in Berlin überhaupt stattfindet. Gut, Eurosport ist als Sender für Sponsoren aufgewertet, wunderbar. Aber letztlich kommt es darauf allein nicht an. Es kommt darauf an, ob der Deutsche Tennis Bund, der Veranstalter, die Garantie bekommt, dass er nicht zahlen muss, sollten 2004 Verluste entstehen. Denn der DTB kann ja schon das Minus von 2003 nur mit größten Schwierigkeiten verkraften. Denn dieses Minus wird grausam. Von 250 000 Euro Defizit hatte Turnierdirektor Eberhard Wensky im Winter orakelt. „Doch es wird deutlich höher“, sagt von Waldenfels. 400 000 Euro Verlust wären keine Überraschung. „Die finanzielle Last 2003 tut richtig weh“, sagt DTB-Finanzexperte Jan Kohne. „2004 können wir uns als Verband so ein Defizit schlicht nicht mehr leisten.“

Denn die Banken machen mächtig Druck auf den DTB. Sie haben den Verband vor kurzem noch mal vor dem Konkurs bewahrt, „und wenn wir ihnen nicht garantieren können, dass das Turnier finanziell eine Perspektive hat, erhalten wir kein Geld“, sagt Kohne. Deutlicher gesagt: Sollten die German Open 2004 wieder Verlust machen, müsste jemand anderer das Loch stopfen. Der DTB kann es nicht. Aber er kann sehr genau Helfer in der Not benennen. Der Verband denkt zum Beispiel an die Stadt Berlin. Die soll notfalls einspringen. Entweder indem sie direkt Geld zusagt durch eine Art Ausfallbürgschaft oder indem sie Berliner Firmen als neue Sponsoren vermittelt. Und, natürlich, indem sie dem RBB und damit indirekt der ARD nahe legt, wie wichtig es sei, dass der Sender 2004 mit Kameras aufkreuzt. „Wenn neben Eurosport noch ein regionaler beziehungsweise überregionaler Free-TV-Sender überträgt, können wir eine schwarze Null schreiben“, sagt Kohne. Dann gäbe es mehr Werbeeinnahmen. Aber ohne solch einen Sender ist ein Minus programmiert. Berlins Sportsenator, deutet der DTB-Chef an, könnte ja in seinem Etat ein wenig umschichten. Die Zeit freilich drängt. Der Welt-Frauentennisverband stellt im Sommer den Turnierkalender 2004 auf, bis Ende Juni müssen deshalb die German-Open-Verträge vorliegen. Bis dahin muss sich auch Hendrikx entschieden haben. Der war im Übrigen vielleicht aus einem ganz banalen Grund so guter Laune. Am Samstagabend hatte seine Frau erstmals bei der German-Open-Tombola gewonnen – einen Ring.

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