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Rolf Kutzmutz (r.) war sieben Jahre Vereinspräsident von Turbine Potsdam. Nun ist er überraschend zurückgetreten.

© Jan Hübner/imago images

Herausfordernde Zeiten für den Bundesligisten: Vereinspräsident Rolf Kutzmutz von Turbine Potsdam ist zurückgetreten

Rolf Kutzmutz, Vereinspräsident von Bundesligist Turbine Potsdam, tritt zurück – was alte Probleme offenlegt und neue schafft. Eine Analyse.

Turbine Potsdam steht vor einer Herkulesaufgabe. Nachdem am Samstag verkündet worden war, dass der bisherige Cheftrainer Sofian Chahed und Turbine zukünftig getrennte Wege gehen würden und das einvernehmlich, teilte der Bundesligist am Mittwochabend mit, dass Vereinspräsident Rolf Kutzmutz mit sofortiger Wirkung zurückgetreten sei.

Pikant daran war seine Aussage zum Grund der Beendigung der Zusammenarbeit: „Die einvernehmliche Trennung mit dem bisherigen Cheftrainer Sofian Chahed hat mich veranlasst, das vergangene Jahr noch einmal gründlich zu überdenken“, so der 75-Jährige auf der vereinseigenen Homepage.

„Mein Ansatz, alles zu tun und zu zeigen, dass die Kritiken der Vergangenheit ebenso aufgenommen werden, wie Vorschläge zur Arbeit, damit der Verein auf festen Füßen steht und er erfolgreich im Wettbewerb mit den Lizenzvereinen bestehen kann, ist aus persönlicher Sicht nicht gelungen.“

Unter Chahed hatte Turbine knapp die Teilnahme an der Champions-League-Qualifikation verpasst und erreichte am Ende in der Liga den vierten Platz. Zudem schafften die Potsdamerinnen den Einzug ins DFB-Pokalfinale, was zuletzt vor sieben Jahren gelungen war.

Betrachtet man die finanziellen Möglichkeiten Potsdams und den Kader der vergangenen Saison ist das eigentlich eine sehr gute Bilanz, zumal das einzige Ziel, das Anfang der Spielzeit von Vereinsseite ausgegeben wurde, das war, in der Bundesliga besser abzuschneiden als im Jahr zuvor – was Chahed und seinem Team letztendlich glückte.

Kutzmutz mit Vorbehalten

Daher werfen die Aussagen von Kutzmutz die Frage auf, wie einvernehmlich die Trennung von Chahed als Cheftrainer tatsächlich war und legen gleichzeitig Probleme offen, die der Verein schon seit längerer Zeit hat, wie nicht zuletzt die Präsidentschaftskandidatin im vergangenen Sommer, Tabea Kemme, offen angesprochen hatte und dafür vor allem von Seiten der Kutzmutz-Befürworter scharf kritisiert wurde.

Sie wollte den Verein umkrempeln und sprach von verkrusteten Strukturen, die es verhindern würden, dass der Klub wettbewerbsfähig bliebe. Kemme verlor damals nach einem denkwürdigen Wahlkampf nur knapp mit zehn Stimmen weniger gegen Kutzmutz.

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Nachdem die Trennung von Chahed also bereits überraschend kam, auch angesichts der Vertragsverlängerung bis 2025 im letzten Dezember, ist es der Rücktritt von Kutzmutz umso mehr und wirkt fast schon aus einer emotionalen Entscheidung heraus. Der Vereinspräsident war insgesamt 22 Jahre für Turbine tätig, sieben davon an der Spitze des Traditionsvereins.

Es sieht so aus, als würde es innerhalb des Klubs Differenzen zwischen den einzelnen Vorstandsmitgliedern geben, die wohl schwerwiegender sind, als es nach außen den Anschein macht. Dazu passt auch die Aussage von Kutzmutz, er sehe sich nicht mehr in der Lage, für den Verein in verantwortlicher Position Positives zu bewirken, eine vorbehaltlose und gute Zusammenarbeit mit den anderen Verantwortlichen zu organisieren und gemeinsame Ziele umzusetzen. Er hat also Vorbehalte gegenüber Mitgliedern, die ihn zu diesem Schritt brachten.

Potsdam muss an Professionalität zulegen

Der Rücktritt des Präsidenten könnte möglicherweise aber nur die Spitze des Eisbergs sein, denn sieht man sich die Kaderplanung von Turbine für die kommende Saison an, warten dort noch weitere große Herausforderungen auf den Verein. Im Sommer laufen die Verträge von elf Spielerinnen aus, hinzu kommen Abgänge von Leistungsträgerinnen wie Melissa Kössler und Sara Agrež sowie der langjährigen Kapitänin Isabel Kerschowski, die ihre Karriere beendet.

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Womöglich ging man in Potsdam davon aus, bei einer Teilnahme an der Champions-League Qualifikation in der nächsten Saison Spielerinnen im Sommer doch noch halten zu können, was allerdings eine sehr riskante Vorgehensweise wäre. Potsdam gilt schon seit Langem als eher weniger attraktiver Standort für professionellen Fußball angesichts der geringen finanziellen Möglichkeiten des Klubs und der schlechten Trainingsbedingungen, was neben Kemme zuletzt auch Kutzmutz bemängelte. In Potsdam steht man nun also vor schwierigen Aufgaben, die nur zu lösen sind, wenn man sich im Verein wieder auf das Wesentliche konzentriert – und an einem Strang zieht.

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