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Sport: Hertha BSC: Alves hat mehrere Probleme

Mit der deutschen Mentalität hat Alex Alves so seine Probleme. Besonders mit der Disziplin.

Mit der deutschen Mentalität hat Alex Alves so seine Probleme. Besonders mit der Disziplin. Doch das, was dem für Hertha BSC kickenden Brasilianer zur Last gelegt wird, ist auch in seiner Heimat verpönt. Der 25-Jährige muss sich heute in Frankfurt (Main) vor dem Sportgericht des Deutschen Fußball-Bundes (DFB) gegen den Vorwurf wehren, er habe am 24. Juli in Lübeck beim Ligapokal-Spiel gegen den Hamburger SV eine Tätlichkeit begangen. Eine Tätlichkeit am ehemaligen Herthaner Niko Kovac. Ihn soll er mit einem Ellbogenschlag zu Boden gestreckt haben.

Alves wird einen schweren Stand haben. Nicht nur wegen seiner Probleme mit der deutschen Sprache. Ein Dolmetscher steht ihm zur Seite. Alves wird den Richtern klarzumachen versuchen, dass er das Revanchefoul gar nicht begangen hat. Welche Strategie der von Hertha berufene Anwalt Christoph Schickardt dabei einschlägt, war gestern noch unklar. Zur Unterstützung fliegt auch Manager Dieter Hoeneß nach Frankfurt. Hertha hatte angesichts einer drohenden längeren Sperre auf einer mündlichen Verhandlung bestanden. Theoretisch hätte ein Urteil auch im schriftlichen Verfahren gesprochen werden können.

Viel wird von der Aussage Christian Schößlings abhängen. Der 27-Jährige aus Leipzig, seit drei Jahren Schiedsrichter in der Zweiten Liga, hatte Bernd Heynemann (Magdeburg) auf die Aktion von Alves aufmerksam gemacht. Heynemann selbst hatte nichts gesehen, weil das vermeintliche Foul in seinem Rücken geschah. Schildert Schößling die Sache so, wie er sie Heynemann während der Spielunterbrechung darlegte, sieht es für Alves schlecht aus.

Dieter Hoeneß verweist immer wieder auf die Fernsehaufnahmen. Da war zwar eine Ausholbewegung des Brasilianers zu sehen, aber nicht der angebliche Schlag selbst. "Die Ausholbewegung an sich ist schon regelwidrig, aber dafür kann Alex nicht acht Wochen gesperrt werden", argumentiert der Hertha-Manager. Hoeneß war gleich nach dem Spiel zu Niko Kovac gegangen und hatte auf ihn gestenreich eingeredet. Die Annahme liegt nahe, dass er Kovac um Wohlwollen bat. Kovac soll später geäußert haben, es sei alles nicht so schlimm gewesen. Wobei die Frage erlaubt sein muss, warum er dann nach der Aktion zu Boden sank, als sei er schwer getroffen worden. So was gehört zwar heute auf den Bundesligaplätzen zum Alltag, doch Kovac könnte bei seiner Argumentation in Verlegenheit geraten.

Alex Alves hatte sich reuig gezeigt. Er fühle sich schuldig, sei aber kein Rambo, erklärte er gegenüber einer Boulevardzeitung. Er habe Kovac nicht niedergeschlagen. Es sei lediglich eine Rangelei mit ihm gewesen.

Nach den Regeln der Sportgerichtsbarkeit wird eine Tätlichkeit gegenüber einem Gegenspieler oder einem Zuschauer im leichteren Fall mit einer vierwöchigen Sperre belegt. Im schweren Fall muss der "Sünder" mit mindestens acht Wochen Sperre rechnen. Seit dem Spiel in Lübeck sind über zwei Wochen vergangen, Alves musste in zwei Pflichtspielen pausieren.

Sicher dürfte sein, dass er am Sonnabend beim Saison-Auftaktspiel gegen Bayern München nicht dabei ist. Was nicht nur für Alves, sondern auch für seinen Trainer bitter ist. Jürgen Röber hatte kürzlich erklärt, die Schonzeit für Alves sei nun vorbei, jetzt wolle er Leistungen sehen. "Alex war gerade so gut in Form. Sein Ausfall trifft uns hart", meinte er nun. Gleichzeitig nahm er Alves in Schutz: "Wir haben uns doch auch nicht in jeder Situation in der Gewalt."

Die selbstverschuldete Zwangspause ist für Alves zudem ein Rückschlag bei seiner Eingliederung. Dabei hatte Alves gerade in den letzten Wochen auch in dieser Beziehung große Fortschritte gemacht. Auch dadurch, dass seine Akzeptanz bei den Mitspielern gestiegen war. Nach seinen vielen Toren in den Testspielen war so manche Kritik am teuersten Einkauf der Vereinsgeschichte verstummt. In der vergangenen Saison hatte der für 15 Millionen Mark geholte Alves, in Brasilien zuvor Torschützenkönig, lediglich vier Treffer erzielt. Nicht weniger als acht Mal war er ausgewechselt worden. Als Argument für die geringen Erfolge war die erforderliche Eingewöhnungszeit angeführt worden. Auch in anderen Vereinen benötigten Brasilianer lange Zeit, um ihrem Ruf gerecht zu werden.

Klaus Rocca

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