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Berlins Rodnei zeigte 2009 auch gegen Miroslav Klose eine überragende Leistung.

© imago sportfotodienst

Vor dem Pokalhit im Olympiastadion: Hertha BSC und die legendären Spiele gegen den FC Bayern

Insgesamt 70 Mal hat Hertha BSC schon gegen den FC Bayern gespielt. Vor dem DFB-Pokal-Achtelfinale am Mittwoch erinnern wir an legendäre Spiele.

Das erste Duell gab es im Januar 1967, das bisher letzte endete mit einem ebenso überraschenden wie verdienten 2:0 für Hertha BSC. Insgesamt trafen die Berliner und Bayern München 70 Mal in Liga und Pokal aufeinander. Elf Hertha-Siegen stehen vierzig Erfolge der Münchner gegenüber. Wir erinnern an einige legendäre Spiele.

1975/76: Bayern – Hertha 7:4 (6:0)

Drei Tore gegen die Bayern, und das in nur sieben Minuten: Wem ein solches Kunststück gelingt, dem sollte der Heldenstatus für alle Zeiten gewiss sein. Wer aber erinnert sich noch an Detlev Szymanek, der am letzten Spieltag der Saison 1975/76 Nationaltorhüter Sepp Maier im Münchner Olympiastadion zwischen der 82. und 89. Minute dreimal bezwingen konnte?

Dass die Ruhmestat des damals 22-Jährigen nur noch selten besungen wird, hängt damit zusammen, dass Szymanek beim Stand von 1:6 zum ersten Mal traf. Bereits zur Pause führte Bayern 6:0, am Ende hieß es 7:4. Nie fielen in einem Duell beider Klubs mehr Tore als am 12. Juni 1976. „Berliner Beobachter konnten sich nicht erinnern, Hertha jemals so konfus gesehen zu haben“, schrieb der Tagesspiegel über das Defensivverhalten vor der Pause. Und auch Dreifachtorschütze Szymanek fand an diesem Nachmittag seinen Meister. Gerd Müller traf gleich fünf Mal – und schob sich in der Torschützenliste mit 23 Saisontoren noch auf Platz zwei. Gemeinsam mit Erich Beer von Hertha BSC.

1977/78: Bayern – Hertha 0:2 (0:1)

Wenn bei Bernd Gersdorff vermehrt das Telefon klingelt und sich vor allem Journalisten melden, ahnt er vermutlich schon, dass wieder einmal die Begegnung Bayern München gegen Hertha BSC ansteht und die Berliner einen weiteren Versuch unternehmen, in München zu gewinnen. Nur zweimal ist es ihnen gelungen – zuletzt am 29. Oktober 1977. Den Treffer zum 2:0-Endstand erzielte kurz vor Schluss eben Bernd Gersdorff, der 20 Minuten zuvor für Gerhard Grau, den Schützen des ersten Berliner Tores, eingewechselt worden war. „Ich hatte zwei Konterchancen exakt von der gleichen Position aus, etwa acht Minuten lagen dazwischen“, erinnert sich Gersdorff. „Beim ersten Mal hat Sepp Maier meinen Schuss noch gehalten, beim zweiten Mal habe ich den Ball über ihn gelupft, und die Sache war erledigt.“

Schon Anfang des Jahres hatten sich die Berliner gegen Bayern durchgesetzt, im Viertelfinale des DFB-Pokals. In der Liga funktioniert ihr Plan – tief stehen und kontern – perfekt. „Hertha spielte taktisch klug, verzögerte geschickt und holte so trotz der bekannten beschränkten Fähigkeiten zwei nicht einkalkulierte Punkte“, schrieb der Tagesspiegel, der von der spielerischen Darbietung allerdings alles andere als erbaut war. „Was der FC Bayern und Hertha den Fans über weite Strecken zu bieten hatten, zog einem manchmal fast schon die Schuhe aus.“ Aber was erwartet man auch, wenn der Tabellenzehnte den Vierzehnten empfängt? Seitdem hat sich einiges verändert. Nur eines nicht: Hertha kann in München nicht mehr gewinnen. Seit 42 Jahren und in nunmehr 23 Versuchen nicht.

2008/09: Hertha – Bayern 2:1 (1:0)

Als am 14. Februar 2009 eine knappe Stunde vor dem Anpfiff im Berliner Olympiastadion die Mannschaftsaufstellungen verteilt werden, wird die Ahnung endgültig zur Gewissheit. Hertha hat vor dem Duell mit den Bayern arge Personalprobleme. Pantelic, Cicero und Kacar fallen aus. Dass Trainer Lucien Favre den Bundesligadebütanten Rodnei als Linksverteidiger gegen Franck Ribéry aufbietet, verscheucht auch den letzten Rest Hoffnung vor dem Duell mit dem Rekordmeister. Dieser Nachmittag – das ist klar – wird für Hertha ein böses Ende nehmen.

Und dann kommt alles ganz anders. Hertha gewinnt durch zwei Tore von Andrej Woronin 2:1, für das Team von Jürgen Klinsmann trifft nur Miroslav Klose zum zwischenzeitlichen 1:1. Man kann an diesem Nachmittag ziemlich gut erkennen, welche Mannschaft einen richtigen Trainer hat. Während die Bayern in der Tabelle auf Platz vier zurückfallen, erobert Hertha die Tabellenführung zurück. Und das hat die Mannschaft auch dem stillen Helden Rodnei zu verdanken. Der Tagesspiegel schreibt am Tag nach dem Erfolg: „Der gestrige Sieg wird neben den zweimaligen Torschützen Woronin auf ewig mit dem wackeren Abwehrspieler in Verbindung zu bringen sein.“

2011/12: Hertha – Bayern 0:6 (0:3)

Vielleicht hat sich Otto Rehhagel gedacht, was Favre kann, kann ich auch. Also bietet er gegen Bayern den 20 Jahre alten Fanol Perdedaj auf, der die Erfahrung von zwei Bundesligaspielen mitbringt und von Rehhagel beharrlich Paradise genannt wird. Was Hertha gegen die Bayern erlebt, ist aber eher die Hölle. „Es schien, als hätte Rehhagel elf Würfel mit den Namen seiner Spieler in einen Becher gesteckt, sie aufs Feld geschüttet – und sein Team dann genau in dieser Formation spielen lassen“, schreibt der Tagesspiegel. Vor dem 1:0 vernascht Ribéry Perdedaj, zur Pause führen die Gäste 3:0, am Ende heißt es 6:0 – und Hertha stürzt erstmals in dieser Saison auf einen direkten Abstiegsplatz. „Am Abend eines schönen Frühlingstages machte sich im Olympiastadion Endzeitstimmung breit“, berichtet der Tagesspiegel. Für die Berliner ist das Ergebnis ein Menetekel: Nur zweimal haben sie zuvor in der Bundesliga 0:6 verloren. Beide Male sind sie anschließend abgestiegen. Beim dritten Mal ist es nicht anders.

2016/17: Hertha – Bayern 1:1 (1:0)

Der Ball ist rund, und ein Spiel dauert 90 … Quatsch! Wenn die Bayern mit einem Tor zurück liegen, dauert ein Spiel nicht 90 Minuten, sondern so lange, bis sie den Ausgleich erzielen. Zumindest glauben das viele Hertha-Fans spätestens seit dem 18. Februar 2017. An diesem Tag führt ihr Team durch ein Tor von Vedad Ibisevic 1:0, fünf Minuten Nachspielzeit sind angezeigt, nach 95 Minuten und 56 Sekunden trifft Robert Lewandowski zum 1:1-Endstand. Dass es durch zwei Auswechslungen der Berliner in der Nachspielzeit gute Gründe für Schiedsrichter Ittrich gegeben hat, eine Nachspielzeit für die Nachspielzeit zu verhängen, interessiert später natürlich niemanden. Herthas Trainer Pal Dardai schimpft: „Das ist Bayern-Bonus!“

2018/19 Hertha – Bayern 2:0 (2:0)

Gerade erst vergangen – und doch schon Geschichte. Natürlich auch, weil für Hertha am 28. September 2018 eine neunjährige Leidenszeit zu Ende geht. Seit dem 14. Februar 2009 (siehe oben) haben die Berliner nicht mehr gegen die Bayern gewinnen können. Als Tabellenführer die die Münchner auch an diesem Abend der klare Favorit. Das Team von Niko Kovac hat die ersten vier Saisonspiele gewonnen; dass es unter der Woche gegen Augsburg kurz vor Schluss noch den Ausgleich kassiert hat und erstmals Punkte eingebüßt hat, halten viele für einen Betriebsunfall. Tatsächlich ist es der Beginn einer mittelschweren Bayern-Krise, die von Hertha erst richtig befeuert wird. Vedad Ibisevic (per Elfmeter) und – unmittelbar vor der Pause – Ondrej Duda treffen zum 2:0-Sieg, durch den Hertha auf den dritten Tabellenplatz vorrückt. Punktgleich mit den Bayern.

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