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Ungarische Männerrunde. Pal Dardai (links) macht seine neue Aufgabe bei Hertha BSC sichtlich Freude - zumindest im Training.

© dpa

Hertha BSC beim FSV Mainz 05: Keine Zeit für Philosophie: Pal Dardai bringt Spaß in den Abstiegskampf

Herthas neuer Trainer Pal Dardai setzt vor seiner Premiere am Samstag in Mainz vor allem auf gute Laune, denn er will die Verkrampfung im Kopf lösen.

Als Vorturner ist Ronny noch nicht aufgefallen. Wer es böse meinte mit dem Brasilianer von Hertha BSC, durfte ihm bislang eher eine gegenteilige Rolle attestieren, quasi als Hinterherturner. Es ist kein Geheimnis, dass Ronny beim Rundendrehen hin und wieder abkürzt im Bereich der Eckfahnen und dass er sich bei Liegestützen gern mal verzählt. Insofern hat die Ernennung von Pal Dardai zum Nachfolger des am Donnerstag entlassenen Cheftrainers Jos Luhukay bereits Wirkung gezeigt.

In der ersten und einzigen öffentlichen Trainingseinheit vor dem heutigen Bundesliga-Punktspiel beim FSV Mainz (15.30 Uhr) drängte sich Ronny direkt in die vorderste Reihe und turnte ein paar Bewegungen vor, die seine Kollegen wiederum nachmachten. Zur Aufführung kamen unter anderem: abgewandelte Formen des Hampelmanns, kombiniert mit Klatschübungen auf die eigene Brust.

Als finale Handlung der 90-minütigen Einheit mussten sich je sechs Spieler an die Hand nehmen und versuchen, den Ball in der Gruppe zur Mittellinie zu jonglieren. Bei den Beobachtern auf dem Schenckendorffplatz, die am Donnerstag angesichts der neuen Nachrichtenlage zahlreicher als sonst üblich erschienen waren, sorgten die Übungsformen mehrfach für Erheiterung – wenngleich Dardai damit natürlich höhere Ziele verfolgte. „Man hat in den letzten Spielen gesehen, dass einige Spieler verunsichert sind“, sagte der neue Trainer, „deshalb besteht die erste große Aufgabe jetzt darin, mit Optimismus und positiver Stimmung etwas aufzubauen.“

Keine Zeit für Philosophie

Viel Zeit hat Dardai dafür nicht. Genau 49 Stunden nach seiner offiziellen Vorstellung startet für ihn und seine neue Mannschaft das Vorhaben, die niedersten Tabellenregionen a) zu verlassen und dies b) auch möglichst schnell zu erledigen. Dass Hertha zum ersten Mal in dieser Spielzeit einen direkten Abstiegsplatz belegt, war in der Vereinsführung ja nicht zuletzt ausschlaggebend für den plötzlich vorgenommenen Kurswechsel.

„Es soll kein Alibi sein, aber die Kürze der Zeit macht die Aufgabe nicht leichter“, sagte Dardai. „Wenn man als Trainer eine Saison beginnen darf, kann man immer viel erzählen: Vorstellungen, Philosophie und so weiter“, ergänzte der Ungar, „aber ich war auch mal selbst Spieler und weiß, dass das jetzt ein anderer Moment ist.“ Einer, in dem es primär um das Binnenklima innerhalb der Mannschaft geht, in dem grundlegende Dinge geklärt sein und funktionieren müssen.

Das mit den grundlegenden Dingen war zuletzt ja so eine Sache bei Hertha BSC: Von den Punkten, die im Wintertrainingslager im türkischen Belek thematisiert wurden, konnten die Spieler wenig bis gar nichts auf die Fußballfelder in der kalten Heimat retten. In den letzten drei Begegnungen, eine zum Ende der Hinrunde und zwei zum Auftakt im neuen Jahr, sind die Berliner ohne eigenen Treffer geblieben.

Verkrampft, wild und planungslos

Gerade beim Auswärtsspiel in Bremen offenbarte sich die Hilflosigkeit bei eigenem Ballbesitz: von den zwei eigenen Torschüssen in 90 Minuten flog kein einziger in Richtung Bremer Tor. Wenn die Berliner in Rückstand gerieten, und das kam zuletzt häufiger vor, verkrampften sie zusehends und rannten bisweilen ebenso wild wie planungslos an. Das hat auch Pal Dardai registriert. „Es gibt tausend kleine Dinge, die wir meiner Ansicht nach besser machen können“, sagt der Coach. „Ich bin überzeugt davon, dass wir im Kader qualitativ gute Spieler haben, die für einen viel besseren Tabellenplatz gut sind als im Moment.“

In der nächsten Woche will sich Dardai deshalb auch eingehender mit taktischen Details wie etwa der Frage beschäftigen, durch welche Maßnahmen das Offensivspiel wieder belebt werden kann. Für das Spiel gegen die Mainzer, die mit vier Punkten aus zwei Begegnungen in die Rückrunde gestartet sind, „müssen wir uns erstmal um andere Sachen kümmern, um den mentalen Bereich“, sagt Dardai.

Interessant dürfte sein, mit welchen Akteuren Dardai die zentralen Positionen bestückt. Abgesehen von Torhüter Thomas Kraft hat sein Vorgänger im Verlauf der Hinrunde auf so ziemlich jeder Position herumexperimentiert, bisweilen aus Verletzungsgründen, manchmal auch ohne große Not. Allein in der Innenverteidigung gab es verschiedenste Besetzungen. „Wir haben die Spieler für das, was ich mir taktisch vorstelle“, hat Dardai vor seiner Premiere als verantwortlicher Coach der ersten Mannschaft gesagt. Am Samstag wird es davon eine erste Probe geben.

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