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© dpa

Hertha BSC: Der ewige Pal

Sollte Pal Dardai am Samstag zum Einsatz kommen, wäre der Ungar mit 281 Bundesligaspielen alleiniger Rekordspieler von Hertha BSC – Zeit für eine Würdigung.

Seit dem 1. Januar 1997 steht der heute 33-jährige Pal Dardai bei Hertha unter Vertrag. Stefan Hermanns hat einige von Dardais Weggefährten gefragt, welche Erinnerungen sie an ihn haben.

Jürgen Röber

Es heißt immer, ich wäre Pals Ziehvater. Das ist natürlich übertrieben. Aber wir hatten immer ein sehr gutes Verhältnis. Ich war sein erster Trainer in Deutschland und Pal ein wichtiger Spieler für mich. Dass er jetzt Herthas Rekordspieler wird, sagt doch alles. Ich habe großen Respekt vor seiner Karriere, ich bewundere Pal für das, was er erreicht hat, wie er sich durchgebissen hat – gerade wenn man sieht, wo er herkommt. Im Training hat er als junger Bursche von solchen Recken wie Hendrik Herzog einiges einstecken müssen, aber Pal hat auch ein bisschen was verteilt. Er ist ein Typ, der immer an sich gearbeitet hat. Und überhaupt ist er ein anständiger Kerl, ein netter Zeitgenosse, ein sehr guter Charakter. Er weiß einfach, was sich gehört.

Jürgen Röber, 56, hat Dardai von 1997 bis 2002 bei Hertha trainiert. Zuletzt arbeitete er bei Ankaraspor in der Türkei.

Bernd Storck

Es wäre ein bisschen zu viel der Ehre, wenn man sagt, dass ich Pal Dardai entdeckt habe. Solche Entscheidungen haben wir immer im Team getroffen. Es war nur so, dass ich ihn nach einem U-21-Länderspiel gefragt habe, ob er zu uns zum Probetraining kommen will. Pal sagt, es sei nach einem Spiel gegen Norwegen gewesen; ich meine, es war in der Schweiz. Egal. Das Spiel war sowieso nur das i-Tüpfelchen. Danach war mir klar, dass wir ihn bedenkenlos nehmen können. Pal war schon damals eine Persönlichkeit auf dem Platz. Er hatte ein unglaubliches Kämpferherz, war ein Teamspieler, und er hatte diesen Drang nach vorne. Das hat uns damals gefehlt. Beim Probetraining ist er von Anfang an sehr unbekümmert aufgetreten, er hatte keine Angst, selbst vor großen Namen nicht. Jürgen Röber hat damals zu mir gesagt: „Der hat Zukunft.“ Das hat sich wohl bewahrheitet.

Bernd Storck, 47, war von 1997 bis 2002 Kotrainer bei Hertha. Inzwischen trainiert er die Nationalmannschaft Kasachstans.

Marc Arnold

Dass ich – zumindest indirekt – für die Karriere von Pal Dardai eine wichtige Rolle gespielt habe, wusste ich gar nicht mehr. Bei seinem Debüt ist er nach der Pause für mich eingewechselt worden. Pal hat damals noch offensiver gespielt, er sollte mir als Konkurrent auf meiner Position ein bisschen Druck machen. So habe ich das jedenfalls wahrgenommen. Trotzdem sind wir immer sehr gut miteinander ausgekommen. Pal war sehr jung und natürlich noch nicht die Persönlichkeit, die er heute ist. Aber er besaß schon damals solide Fußballerqualitäten in allen Bereichen. Vor zwei Monaten haben wir uns beim 40. Geburtstag von Sixten Veit getroffen. Pal hat von einem offensiven Mittelfeldspieler erzählt, den Hertha damals verpflichten wollte und der bei uns zum Probetraining war. Er kannte sogar den Namen noch. Ich soll damals zu Pal gesagt haben: Pal, den nehmen wir im Training mal richtig ran! Das ist uns wohl ganz gut gelungen.

Marc Arnold, 39, hat zwei Jahre lang mit Dardai bei Hertha BSC gespielt. Inzwischen ist er Sportlicher Leiter bei Eintracht Braunschweig.

Christian Fiedler

Jahrelang haben Pal und ich uns bei Auswärtsfahrten und im Trainingslager ein Zimmer geteilt, aber damit nicht genug: Wir wohnen sogar im selben Ort. Das ist wirklich eine schöne Gemeinschaft, draußen in Seeburg. Pal war zuerst da, ich bin zwei Jahre später mit meiner Familie nachgezogen. Es ist aber nur ein Gerücht, dass wir uns eine Doppelhaushälfte teilen. Ein oder zwei Straßen liegen zwischen unseren Häusern, trotzdem ist das natürlich keine Entfernung. Vor allem im Sommer trifft man sich bei jeder Gelegenheit, zum Beispiel auf der Terrasse der Familie Dardai. Dass Pal ein Weinliebhaber ist, hat sich ja inzwischen rumgesprochen, entsprechend gut ist er bestückt. Und wenn Pal in seinen Garten einlädt, steht er selbst am Herd. Seine Spezialität sind Fischsuppe und Gulasch. Sie können bei uns im Dorf jeden fragen: Da wird keiner ein schlechtes Wort über Pal verlieren. Aber soll ich Ihnen was verraten: Pal kann auch ungenießbar sein. Wenn er nicht spielt, wird er richtig grummelig. Aber es wäre ja auch schlimm, wenn es nicht so wäre.

Christian Fiedler, 34, hat von 1997 bis 2009 mit Dardai bei Hertha BSC gespielt. Seit dem Sommer ist er Torwarttrainer.

Michael Sziedat

Dreißig Jahre hatte ich den Rekord. Dass er jetzt weg ist, damit habe ich überhaupt kein Problem. Ich gönn’s dem Pal, wirklich. Das ist ein guter Junge. Persönlich kennen wir uns zwar nicht, aber ich bin bei jedem Heimspiel im Olympiastadion. Ich kann also einschätzen, was Pal Dardai für Hertha leistet und geleistet hat. Er ist eine Arbeitsbiene und hat sich immer wieder herangekämpft. Und auch wenn man inzwischen merkt, dass sich seine Karriere dem Ende entgegenneigt – im Abstiegskampf ist ein Typ wie Dardai extrem wichtig für Hertha. Wenn die Mannschaft elf Spieler mit seiner Einstellung hätte, stände sie mit Sicherheit nicht da, wo sie jetzt steht.

Michael Sziedat, 57, hat von 1971 bis 1980 für Hertha BSC gespielt. Mit 280 Bundesligaeinsätzen war er bisher Rekordspieler des Vereins.

Michael Preetz

Wenn ich mich recht erinnere, konnte Pal nur ein paar Brocken Deutsch, als er 1997 zu uns kam. Wir haben uns damals – das muss noch zu Zweitligazeiten gewesen sein – sogar mal ein Zimmer geteilt. Er war ein ruhiger und angenehmer Zimmergenosse und überhaupt relativ zurückhaltend. Ob er damals in seiner Freizeit Deutsch gelernt hat, weiß ich nicht mehr, das ist ja ewig her. Vom Himmel sind seine Deutschkenntnisse aber mit Sicherheit nicht gefallen. Pal hat die Sprache sehr schnell gelernt, und dann hat er auch neben dem Platz richtig losgelegt. Auf dem Platz war er immer schon ein Kämpfer, der eine einhundertzehnprozentige Einstellung mitbringt. Pal besitzt eine hohe Identifikation mit Hertha und mit Berlin. Das verkörpert er auch. Deshalb ist es gut, dass er dem Verein auch nach seiner aktiven Karriere erhalten bleibt.

Michael Preetz, 42, hat von 1997 bis 2003 mit Dardai bei Hertha BSC gespielt. Seit dem Sommer ist er Manager des Klubs.

Gabor Kiraly

Ich habe Pal in dieser Woche schon angerufen und ihm gratuliert. Das ist ein toller Rekord. Die Hälfte des Weges hat er jetzt hinter sich, aber seine Kraft reicht bestimmt noch mal für 200 Spiele. Mindestens! Pals Einstellung ist auch meine: Wir wissen beide, wo wir herkommen. Und dass man hart für den Erfolg arbeiten muss. Pal ist ein halbes Jahr vor mir nach Berlin gekommen. Ich glaube, er hat Hertha damals einen Tipp gegeben. Wir kennen uns schließlich seit mehr als 20 Jahren, wir haben in Ungarn schon in der U 12 zusammen gespielt, aber eigentlich geht die Geschichte noch viel früher los. Schon unsere Väter haben gegeneinander Fußball gespielt. Unsere Beziehung ist daher eine ganz spezielle. Wir kennen uns in- und auswendig, auch wenn wir jetzt nicht mehr jeden Tag zusammen sind.

Gabor Kiraly, 33, hat von 1997 bis 2004 mit Dardai bei Hertha BSC gespielt. Inzwischen steht er bei 1860 München im Tor.

Dieter Hoeneß

Seit meinem Abschied aus Berlin äußere ich mich generell nicht zu Hertha BSC, für Pal Dardai mache ich bewusst eine Ausnahme. Pal Dardai ist für mich gleichbedeutend mit Hertha BSC. Er steht für diesen Verein, ist Mr. Zuverlässig, unglaublich loyal, kurz: Pal lebt Hertha. Wir sind etwa zur gleichen Zeit nach Berlin gekommen. Mit seiner Verpflichtung hatte ich trotzdem nichts zu tun, weil ich als ehrenamtlicher Vizepräsident noch nicht ins operative Geschäft eingebunden war. Ich habe aber etwas damit zu tun, dass Pal so lange in Berlin geblieben ist. 1999 war er schon mit einem Bein bei Bayern München. Ich habe ihn gewissermaßen wieder umgedreht. Mein Bruder Uli konnte das gar nicht glauben, als er es erfahren hat.

Dieter Hoeneß, 57, war von April 1997 bis Juni 2009 Manager bei Hertha BSC. Inzwischen ist er in gleicher Funktion beim VfL Wolfsburg tätig.

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