zum Hauptinhalt
Valentin Stocker grüßt das Publikum. Gegen Schalke traf der Schweizer zum 2:0.

© AFP/Schwarz

Hertha BSC empfängt den HSV: Vom Aufschwung abgehängt

Valentin Stocker hat bei Hertha BSC lange keine Rolle gespielt – jetzt ist er wieder wichtig.

Neulich hat Valentin Stocker den Weg vom Trainingsplatz zum Kabinentrakt zusammen mit Sami Allagui genommen. Durchgeschwitzt wie sie waren, wechselten sie ein paar erschöpfte Worte. Sie werden eher nicht darüber gesprochen haben, wie es sich anfühlt, wenn man den Anschluss zur Gruppe verloren und ihn dann doch irgendwie wieder gefunden hat. Beide könnten lange Enden erzählen. Während Allagui wegen eines komplizierten Knorpelschadens im Knie die komplette vergangene Spielzeit ausgefallen ist, hatte Stocker eigentlich nichts vorzuweisen. Der Schweizer erfreute sich körperlicher Unversehrtheit. Nur drohte seiner Karriere irgendwie anders ein Knorpelschaden.

Wenn Hertha BSC am Samstagnachmittag um halb vier im Olympiastadion gegen den Hamburger SV aufläuft, wird Valentin Stocker aller Voraussicht nach wieder im Zentrum der Berliner spielen. Das tat er schon, als Pal Dardai im Februar 2015 das Traineramt von Jos Luhukay übernommen hatte und Hertha gegen den Abstieg spielte. Stocker war damals der Lichtblick in Blau-Weiß. Mit seinen drei Toren und fünf Torvorlagen trug der offensive Mittelfeldspieler maßgeblich dazu bei, dass Hertha nach 2010 und 2012 nicht ein drittes Mal abstieg.

Darida verdrängte Stocker

Hertha hielt die Klasse, aber er, Stocker, nicht. Es schien, als sei er irgendwie ausgestiegen. Der Aufschwung, den die Berliner in der folgenden Spielzeit mit Platz sieben nahmen, zog an ihm vorbei. Hertha hatte sich im Sommer 2015 für viel Geld den Tschechen Vladimir Darida geangelt. Dieser schlug sofort ein bei den Berlinern und verdrängte Stocker erst auf die linke Außenbahn und schließlich auf die Ersatzbank. Aus dem Abstiegsverhinderer war ein Ergänzungsspieler für die allerletzten Spielminuten geworden.

Als Hertha dann vor zwei Wochen den Erzrivalen Schalke 04 mit 2:0 bezwang, aber auf dem Weg dahin den am Sprunggelenk verletzten Vladimir Darida verlor, war das die Chance für Stocker. Er kam für den Tschechen ins Spiel und erzielte den 2:0-Endstand. Mehr als ein Jahr hatte Stocker auf einen Torerfolg warten müssen. Hinterher geriet Pal Dardai ins Schwärmen. Auf Stocker angesprochen, sagte er: „Sein Name glänzt jetzt wieder.“ Am Freitag wurde er zum ersten Mal seit mehr als einem Jahr auch wieder für die Schweizer Nationalmannschaft nominiert.

Stocker hat nun bis Weihnachten viele Chancen

Nur drei Tage nach Stocker kehrte auch Sami Allagui auf den Platz zurück. Das Spiel beim FC Bayern (0:3) war zu diesem Zeitpunkt längst entschieden, doch für Allagui waren die letzten Minuten unendlich wichtig. Wieder Teil der Mannschaft zu sein, auf dem Rasen zu stehen, vor vollen Rängen. Der 30-Jährige, dessen Vertrag am Saisonende ausläuft, hat schwere Konkurrenz vor sich. Kapitän Vedad Ibisevic, Salomon Kalou und Julian Schieber, der schon zweimal traf in dieser Saison. Trotzdem, Allagui kämpft. Eine Saison ist lang, nicht alle kommen verletzungsfrei durch. Und so könnte Allagui gegen den HSV nach zweieinhalb Jahren sein Comeback in Herthas Startelf geben. Da Mitchell Weiser nach hinten rückt und den verletzten Peter Pekarik als Rechtsverteidiger ersetzt, könnte Allagui im rechten Mittelfeld spielen. „Er ist torgefährlich und kann das auch spielen“, sagt Dardai.

Valentin Stocker hat genau genommen nur einen Spieler vor sich, Vladimir Darida. Manager Michael Preetz hat Darida mal als „Herz unserer Mannschaft“ betitelt. Darida ist ein fleißiger, ein ungemein emsiger Läufer, der viel Einfluss auf den Spielfluss der Berliner bei Ballbesitz hat. Stocker ist ein exzellenter Techniker, aber eben auch einer, der zur Nachdenklichkeit neigt. Wenn es sportlich läuft, legt man Nachdenklichkeit gern als Aufgewecktheit aus; läuft es nicht, gilt sie schnell als Grübelei. Nachdem der 27-jährige Schweizer neulich gegen Schalke ein Tor erzielt hatte, ließ er zwei, drei merkwürdige Sätzchen bei den Journalisten stehen: „Es war sehr schwierig, wenn man Woche für Woche auf die Fresse bekommt.“ Und: „Vielleicht ist das eine Botschaft für junge Spieler, nicht aufzugeben. Irgendwann wird das belohnt.“ Dann verschwand er.

Die Sätze ließen sich in vielerlei Hinsicht interpretieren, meinen sie bei Hertha. Stocker fühlte sich wohl nicht gewertschätzt und übergangen. Er selbst sprach von fehlender Rückendeckung. „Ich habe Valentin im Sommer gesagt, dass es nicht meine Absicht ist, ihn kaputt zu machen“, entgegnet Pal Dardai. „Vladimir ist eine Macht bei uns, jetzt hat Stocki seine Chance. Er kann sich festspielen. Wenn er das jetzt so bis Weihnachten durchzieht, habe ich als Trainer ein Problem.“

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false