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Klartext. Jos Luhukay will mehr Einsatz von seinen Spielern sehen.

© dpa

Hertha BSC: Luhukay hält seine nächste Wutrede

Herthas Trainer Jos Luhukay kämpft beim Training am Dienstag lautstark gegen die körperliche Laxheit und geistige Trägheit seiner Spieler an. Einige seiner Profis greift der Niederländer sogar persönlich an.

Die Übung hätte so angenehm werden können. Die Sonne lachte über dem Trainingsgelände von Hertha BSC, alle Spieler bis auf den angeschlagenen Änis Ben-Hatira waren in kurzen Hosen angetreten und Trainer Jos Luhukay erklärte im ruhigen und verständlichen Ton die eine Übungsform. Und noch einmal. Und noch einmal. Sicher, diese kleine Spielform, bei der der Ball flach und straff zwischen fünf Spielern in einer bestimmten Abfolge zirkulieren sollte, hatte einen gewissen Anspruch. Doch den allermeisten Berufsfußballern des städtischen Zweitligisten muss sie gestern Vormittag wie pure Hexerei vorgekommen sein. Irgendwann trommelte der 49 Jahre alte Übungsleiter seine Mannen zusammen, und was dann passierte, hat man ganz, ganz selten bei Hertha erlebt. Luhukay faltete seine Mannschaft für einige Minuten lautstark zusammen.

Dass ringsum ein paar Zuschauer und Journalisten standen, interessierte Jos Luhukay nicht im Geringsten. Im Gegenteil. Beim anschließenden Kleinfeldspielchen fuhr Luhukay dann erst so richtig aus dem Frack. „Niki, du machst gar nichts. Das ist nur Alibi!“, brüllte Luhukay, der an der Seitenlinie stand. Adressat war Nikita Rukavytsya, der auch für den Rest der Einheit nicht mehr auf die Strümpfe kam. Dabei traf es nicht nur einzelne Spieler, sondern auch ganze Grüppchen. Etwa als Luhukay reinrief: „Der Torwart hat den Ball, und ihr drei steht auf einem Raum von fünf Metern zusammen! Ihr müsst doch den Ball haben wollen. Bewegt euch!“

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Inzwischen konnten die Außenstehenden durchaus Gefallen finden an der kleinen Einheit. Für ihren Geschmack hatte Luhukay jetzt Fon und Ton gefunden für eine Mannschaft, die – um es mal gelinde zu sagen – holprig in die Saison gekommen ist. Nach dem ersten wirklich schlappen Spiel, der Niederlage beim FSV Frankfurt, hatte Luhukay bereits zum Stilmittel der Wutrede gegriffen. Ohne Erfolg, wie sich beim anschließenden Pokalaus beim Viertligisten Worms zeigte. Das vierte Pflichtspiel dieser Spielzeit, das jüngste Heimspiel gegen Regensburg, konnte zwar gewonnen werden, aber die Art und Weise, wie der Sieg zu Stande kam, hatte Luhukay darin bestärkt, die Zügel anzuziehen und ein paar augenscheinliche Defizite rigoros aufzuarbeiten. Damit fing Herthas Trainer gestern an.

„Nico, machst du noch mit? Du schaust nur noch zu!“, rief Luhukay. Gemeint war Nico Schulz, der gar nicht mal viel schlechter war als die anderen, die gestern im Wesentlichen so trainierten, wie sie spielten. „Nico, du bist immer müde, dabei hast du am Wochenende kein Spiel gehabt. Du schaltest nach jeder Aktion für 30 Sekunden ab! Warum?“ Von solchen lautstarken Einwürfen gab es am Dienstag jede Menge.

Gelegentlich drohte die Stimme Luhukays sich zu überschlagen, derart in Rage war Herthas Trainer geraten. Nach der Einheit spazierte Jos Luhukay dann, ganz die Ruhe selbst, vom Trainingsplatz. „Training soll ja dafür da sein, um weiterzukommen“, sagte er und wollte das als Erklärung für seinen Auftritt verstanden wissen. Er habe in den Saisonspielen Ansatzpunkte gesehen, denen er nachgehen wollte. Vor allem aber wird ihm die körperliche Laxheit und geistige Trägheit einiger seiner Spieler missfallen haben. „Wir müssen viel aggressiver sein – in beide Richtungen: Beim Verteidigen musst du Herz und Seele reinlegen, um kein Gegentor zu kassieren“, sagte Luhukay.

Acht Stück davon hat Hertha in den vier Spielen kassiert. Das sind zu viele. „Und nach vorn müssen wir genauer und schneller spielen. Das sind alles Basiseigenschaften.“ Luhukay machte dabei ein freundliches Gesicht. Er schien mit der Einheit nicht unzufrieden gewesen zu sein. Im Losgehen sagte er dann noch: „Wir brauchen in allen Dingen mehr Schärfe.“

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