zum Hauptinhalt
Pantelic

© dpa

Hertha BSC: Müde, erschöpft und zum Siegen verdammt

Gute Stimmung sieht anders aus: Nach dem Trainingslager muss Hertha BSC am Donnerstag in der Uefa-Cup-Qualifikation gegen die völlig unbekannten Moldawier von Nistru Otaci ran. Trainer Lucien Favre setzt auf Geduld und Intelligenz der Berliner.

Berlin - Gestern Nachmittag, es war kurz vor halb drei, da rollte ein eher unscheinbarer Bus über die Straße des 17. Juni und hielt kurz vor dem S-Bahnhof Tiergarten. Hinaus stiegen die Fußballspieler von Hertha BSC. Müde, erschöpft und wahrscheinlich auch ein bisschen genervt nach zehn Tagen Trainingslager im burgenländischen Bad Stegersbach. Der einzige, der vergnügt in die Runde schaute, war Trainer Lucien Favre, weil er sich darüber freute, dass „die Mannschaft sehr gut und sehr hart gearbeitet hat“ und dass „die Stimmung sehr, sehr gut ist“.

Die gute Stimmung hielt sich unter den Spielern in zumindest nach außen sichtbaren Grenzen. Wahrscheinlich wären sie alle gern nach Hause gefahren, aber die harte Arbeit geht weiter. Heute Abend, im Hinspiel der ersten Qualifikationsrunde im Uefa-Cup gegen Nistru Otaci (20.15 Uhr, Jahnsportpark). Also verlängerte Hertha das Trainingslager um einen Tag und bezog Quartier in einem Hotel am Tiergarten.

Trainingslager stehen bei Fußballprofis auf der nach unten offenen Beliebtheitsskala gleich hinter Spielen gegen osteuropäische Klubs, von denen noch niemand etwas gehört hat und auch niemand mehr etwas hören wird, wenn sie erst einmal wieder abgereist sind. Mannschaften, gegen die man nur verlieren kann, weil Siege selbstverständlich sind und alles andere Katastrophen, mindestens. Mannschaften wie Nistru Otaci.

Nach zwei Niederlagen in den ersten beiden Spielen in der ersten moldawischen Liga steht Otaci unter zwölf Mannschaften auf Platz elf. Moldawier, Russen, Rumänen und Ukrainer bilden das Gerüst der Mannschaft, dazu kommen zwei Spieler aus Guinea und Kamerun. Nach der vergangenen Saison hat Nistru ein paar Stammspieler verloren, wen nun genau, das weiß in Berlin niemand, ist ja auch nicht so wichtig, was zählt ist die Gegenwart, aber auch die bleibt weitgehend im Diffusen. Manager Dieter Hoeneß gibt zu, „dass ich von dem Gegner so gut wie gar nichts weiß, mal abgesehen von dem, was mir der Trainer erzählt hat“.

Lucien Favre war vor zehn Tagen in Moldawien und hat sich den Vorletzten der Divizia Nationala unter Wettkampfbedingungen angeschaut. Herthas Trainer ist ein freundlicher, zurückhaltender Mensch mit einem Hang zur Diplomatie, wie er den Schweizern offensichtlich angeboren ist. Der Gegner, über den er etwas Schlechtes sagt, muss erst noch erfunden werden. Nistru Otaci war ziemlich dicht dran. Favres Eindruck nach in Augenscheinnahme bei einer 0:2-Niederlage gegen den moldawischen Serienmeister FC Sheriff Tiraspol: „Was sie in der Offensive können, weiß ich nicht, denn sie waren in diesem Spiel nie offensiv. Sie standen fast nur hinten, oft mit zehn Feldspielern im eigenen Strafraum.“ Übersetzt ins Inoffizielle könnte das für den Ästheten Favre heißen, dass Nistru Otaci so ziemlich die unattraktivste und langweiligste Mannschaft ist, die er sich überhaupt vorstellen kann. Um diesen – wahrscheinlich gar nicht so abwegigen – Eindruck erst gar nicht zu erwecken, schiebt der höfliche Monsieur Favre schnell hinterher, dass der Gegner durchaus gut verteidigen könne, „wir müssen sehr intelligent spielen und sehr viel Geduld haben“.

Nun könnte man böswillig einwenden, dass intelligente Geduldsspiele in der jüngeren Vergangenheit nicht immer die Stärke von Hertha BSC waren. Und darauf hinweisen, dass eine mit vielen Neuen bestückte und vom harten Vorbereitungstraining gebeutelte Mannschaft heute kaum in bestmöglicher Form aufspielen wird. Zumal die Stammspieler Arne Friedrich (nach seinem EM-Urlaub) und Josip Simunic (Sehnenzerrung) ebenso fehlen werden wie die Zugänge Rodnei (Schulterverletzung) und Maximilian Nicu (Achillessehne). Zählt alles nicht. „Zum Weiterkommen gibt es keine Alternative“, sagt Dieter Hoeneß.

Immerhin ist nach auskurierter Wadenverhärtung Marko Pantelic dabei. Der Mann, der fast immer trifft, auch dann, wenn es bei Hertha nicht so läuft. Vor zwei Jahren, als Hertha sich über den Umweg der Qualifikation in den Uefa-Cup schlängelte, erzielte der Serbe das vorentscheidende erste Tor beim 2:0-Sieg im Rückspiel bei FK Moskau. Das Hinspiel von 2006 allerdings weckt unangenehme Erinnerungen. Es endete 0:0, gespielt wurde übrigens auch damals im Ausweichquartier Jahnsportpark.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false