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Dodi Lukebakio (links) und Vedad Ibisevic (Mitte) gehörten zu den Berliner Hauptdarstellern in Bremen.

© dpa

Die Bundesliga ist seine Bühne: Warum Vedad Ibisevic von Hertha BSC immer noch auffällt

Mit dem Punktgewinn in Bremen kann Hertha BSC eigentlich gut leben. Trotzdem findet gerade der Berliner Kapitän noch Gründe, um sich aufzuregen.

Vedad Ibisevic kennt den Sport- und Unterhaltungsbetrieb namens Fußball-Bundesliga nur zu gut. Auf der Bühne der höchsten deutschen Spielklasse liefert er seit mehr als zehn Jahren verlässlich gute Leistungen, Tore und Aktionen ab. Nur drei ausländische Profis haben in ihrer Karriere noch mehr Bundesliga-Tore erzielt als der bosnische Angreifer in Diensten von Hertha BSC: Robert Lewandowski, Claudio Pizarro und Giovane Elber.

Am Samstag, beim 1:1 der Berliner beim SV Werder Bremen, hat sich Ibisevic nun ein weiteres Mal verewigt. Er dürfte als erster Stürmer in die Bundesliga-Geschichte eingehen, der eine Gelbe Karte forderte – und zwar nicht für einen Gegenspieler, sondern explizit für sich selbst. Er bettelte förmlich darum, er flehte Schiedsrichter Felix Brych regelrecht an.

„Oh mein Gott“, sagte Ibisevic, als er wenige Minuten nach Abpfiff durch die Katakomben des Weserstadions marschierte und fuhr sich durch die Haare. Gegenstand diverser Nachfragen war natürlich jene Szene, die sich kurz nach Werders Führungstor im Bremer Strafraum ereignet hatte: Torhüter Jiri Pavlenko hatte Ibisevic mit unlauteren Mitteln zu Boden gebracht. Der Elfmeterpfiff blieb allerdings ebenso aus wie die Überprüfung der Szene mittels Videobeweis – eine fragwürdige Entscheidung, die für Unmut im Berliner Lager sorgte. „Ich fand es sehr seltsam, dass er sich die Szene nicht wenigstens noch einmal angesehen hat“, sagte Trainer Ante Covic, „da wurde für meine Begriffe einfach zu schnell weitergespielt.“

Ibisevic verpackte seine Kritik in weit weniger diplomatische Worte und erklärte sogleich, warum er beim Unparteiischen eine Verwarnung für sich selbst gefordert hatte. „Wenn es kein Foul ist, dann ist es eine Schwalbe – und dann muss mir der Schiedsrichter Gelb geben“, sagte der Kapitän, „eine dritte Option gibt es nicht.“ Womöglich gereichte dem 35-Jährigen auch sein zweifelhafter Ruf als Wüterich und Dauer-Reklamierer zum Nachteil.

Diesen Verdacht jedenfalls äußerte Per Skjelbred: „Ich glaube, dass es bei jedem anderen Stürmer Elfmeter gegeben hätte – nur eben bei Vedo nicht.“ Angestachelt durch Brychs Entscheidung verzettelte sich Ibisevic auch im weiteren Verlauf der Partie in unzählige Diskussionen, sei es mit dem Schiedsrichter, sei es mit den Bremer Spielern. „Wenn wir hier nach zehn Minuten ausgleichen“, sagte er, „wer weiß schon, wie das Spiel dann läuft?“ Andererseits wäre ein Berliner Auswärtssieg des Guten auch zu viel gewesen.

Trainer Covic lobt besonders Lukebakio

Was die aktiv Beteiligten im Eifer des Gefechts vergaßen, arbeiteten die passiv Beteiligten, sprich: die Trainer, später in ihrer Analyse wunderbar heraus: Dass Hertha nach zuletzt drei Siegen in Folge diesmal wirklich gut mit einem Punkt leben konnte. „In Bremen ist es immer schwer. Werder hat auch heute richtig Betrieb gemacht und uns vor schwere Aufgaben gestellt“, sagte Linksverteidiger Maximilian Mittelstädt. Es war offensichtlich, dass die Norddeutschen – bei allem Respekt – über andere fußballerische Qualitäten verfügen als Herthas jüngste Gegner, die Aufsteiger aus Paderborn und Köln sowie die vor der Saison als Absteiger gehandelten Düsseldorfer.

„Das waren richtig unangenehme Gegner, gegen die wir uns die Siege erkämpfen mussten“, sagte Mittelstädt, „heute haben wir phasenweise richtig guten Fußball gespielt und Bremen immer wieder unter Druck gesetzt.“ Überhaupt habe die Mannschaft in den vergangenen Wochen einen Schritt nach vorn gemacht, ergänzte der 22-Jährige. „Da müssen wir jetzt weitermachen.“

Schließlich konnte auch Ibisevic der Dienstreise in den hohen Norden noch etwas Positives abgewinnen: „Der Punkt ist wichtig für die Moral.“ In den nächsten zwei Wochen könnte sich tatsächlich zeigen, wo die Reise für Berlins Fußball-Bundesligisten aus Westend in dieser Saison hinführt. Innerhalb von sieben Tagen stehen für Hertha drei Pflichtspiele an, für die das Team die Stadtgrenzen nicht wird verlassen müssen: zunächst am kommenden Samstag gegen die TSG Hoffenheim, vier Tage später im DFB-Pokal gegen Dynamo Dresden – und wiederum drei Tage später beim Mitbewerber aus Berlin-Köpenick. „Nach zehn, zwölf Spielen kann man mehr sagen“, befand Covic, „aber die Richtung stimmt bei uns.“

Für die anstehenden Pflichtaufgaben wünscht sich Herthas Trainer von allen Profis eine Arbeitseinstellung, wie sie Dodi Lukebakio zuletzt an den Tag gelegt hat. Obwohl der Belgier seit seiner Verpflichtung fast ausnahmslos als Joker von der Bank gekommen ist, hat er bislang keine Anzeichen von Unzufriedenheit oder Bockigkeit gezeigt. „Dodi hat sich nicht aufgegeben, die Ärmel hochgekrempelt und mir ein paar schlaflose Nächte bereitet“, sagte Covic. Den Lohn dafür holte er sich am Samstag in Form eines tollen Tores ab. Oder wie es Vedad Ibisevic formulierte: „Dodi hat richtig Zirkus gemacht.“ Damit kennt sich der Kapitän ja bestens aus.

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