zum Hauptinhalt
Raffael

© dpa

Hertha BSC: Schweizer Ronaldinho

Nach langem Hin und Her hat Herthas Trainer Lucien Favre mit Raffael de Araujo doch noch seinen Wunschstürmer bekommen. Bloß: Passt der Brasilianer zu den Berlinern?

Berlin - Es war eine Ankunft in einer größeren Fußballwelt. Gestern morgen um 10.42 Uhr landete Raffael de Araujo auf dem Flughafen Tegel. Vom FC Zürich zu Hertha BSC, aus der Schweizer Axpo Super League in die Bundesliga – das ist sein Aufstieg. Raffael wirkte gestern wie ein Fußballprofi, der sich dieses Umstandes durchaus bewusst ist. Mit ehrfürchtig zurückhaltendem Lächeln schaute sich der junge Brasilianer um, als er das Flughafengebäude verließ. Natürlich sei das Engagement in Berlin „ein Neuanfang“ für ihn, sagte er im Vorbeigehen. „Die Bundesliga hat mir schon immer gefallen.“

Hertha ist ein Neuanfang für den Stürmer und seinen mit nach Berlin gereisten Berater Dino Lamberti, der damit seinen prominentesten Profi in einer größeren Liga untergebracht hat. An die 4,5 Millionen Euro soll die Ablösesumme für den 22 Jahre alten Brasilianer betragen, im Erfolgsfall muss Hertha noch draufzahlen. Raffael bekommt einen Vierjahresvertrag, er soll die Rückennummer 10 tragen. Gestern Nachmittag wurde der Zugang in Berlin präsentiert. Noch am Abend reiste er mit Manager Dieter Hoeneß ins Trainingslager seiner neuen Mannschaft nach Teneriffa. Auf der Kanareninsel trifft Raffael einige alte Bekannte wieder: Verteidiger Steve von Bergen, mit dem er die vergangenen zwei Jahre mit dem FC Zürich den Schweizer Meistertitel gewann. Kotrainer Harald Gämperle kennt er auch vom FC Zürich, und gegen Fabian Lustenberger hat er vergangene Saison gespielt, als der junge Schweizer noch beim FC Luzern aktiv war. Vor allem natürlich kann Raffael bei Hertha seinen Förderer begrüßen: Trainer Lucien Favre hat den Stürmer 2005 vom Zweitligisten FC Chiasso zum FC Zürich geholt.

Die Schweizer Familie ist also nach Berlin weitergezogen, Favre kann nun bei Hertha so spielen lassen, wie er es gern in Zürich getan hat: brasilianisch mit Schweizer Färbung. Raffael ist nach Gilberto, Mineiro, André Lima und Lucio schon der fünfte Brasilianer in Herthas Kader. Favre mag Fußballer aus Brasilien: „Denn sie verstehen etwas von Fußball, können das Spiel lesen.“

Seit 2003 spielte Raffael in der Schweiz, hat als Torjäger im eher betulichen Schweizer Ligenfußball eine gute Rolle gespielt, bei europäischen Auftritten seines FC Zürich aber oft enttäuscht, wie etwa bei seinem letzten Spiel im Dezember beim 0:5 gegen Bayer Leverkusen. Da bekam Raffael schon zu spüren, dass ihm in der Bundesliga die gegnerischen Verteidiger weniger Platz lassen werden als ihre Kollegen aus der Schweiz. Vom Tempo her allerdings sollte der wendige Angreifer kein Problem bekommen. Da Raffael vom Typ her mit seinem Offensivdrang Herthas Stürmerstar Marko Pantelic ähnelt, kann Favre in der Rückrunde mit zwei Spitzen spielen lassen. Das 4-4-2-System ist sowieso des Trainers Lieblingssystem. In Zürich setzte Favre Raffael in seiner ersten Saison allerdings nur bei den Heimspielen von Beginn an ein, da er auswärts defensiv spielen ließ.

Natürlich aber glaubt der 1,74 Meter große Raffael bei seinem Neuanfang in Berlin an sich. „Ich kann alles erreichen, wenn der Herr mir die Kraft gibt“, lautet das Motto des Stürmers. Sein Vorbild ist Ronaldinho. Zum Thema brasilianische Nationalmannschaft hat Raffael einmal gesagt: „Klar möchte ich da spielen, welcher Brasilianer möchte das nicht?“ Die größere Bühne Bundesliga bietet Raffael die Chance, seinem Traum näherzukommen. Welche Chancen aber bietet die Verpflichtung Raffaels für Hertha? Weniger Durchsetzungsvermögen als sein bislang erstaunlich schwacher Landsmann André Lima sollte Raffael in der Bundesliga nicht haben – obwohl sie eine wesentlich stärkere Liga als die Schweizer Klasse ist. Sein ehemaliger und neuer Teamgefährte von Bergen musste das in der Hinrunde erfahren, der Verteidiger wirkte vom Tempo her überfordert. Doch nicht nur Raffael steht in Berlin unter Druck, sondern vor allem sein Mentor Lucien Favre: Manager Hoeneß hat mit Favres Wunschtransfer dem Trainer den Rücken gestärkt – trotz durchwachsener Hinrunde, die Hertha als Tabellenzwölfter nur fünf Punkte von einem Abstiegsplatz entfernt beendete.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false