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Sport: Hertha BSC: Spannend bis zum Anpfiff

Stavanger. Manchmal sind es kleine Gaunereien fernab aller sportlichen Belange, die Fußballspielen den Glanz des Außergewöhnlichen verleihen.

Stavanger. Manchmal sind es kleine Gaunereien fernab aller sportlichen Belange, die Fußballspielen den Glanz des Außergewöhnlichen verleihen. Das Viertelfinale bei der Weltmeisterschaft 1986 zwischen England und Argentinien wäre ohne Maradona und die Hand Gottes längst in Vergessenheit geraten, und das Uefa-Cup-Spiel von Hertha BSC bei Viking Stavanger wird der Allgemeinheit auch nicht wegen des Treffers von Michael Preetz zum 1:0 (1:0)-Sieg in besonderer Erinnerung bleiben, sondern wegen eines dummdreisten Diebstahls der Berliner Fans. Bis zwei Stunden vor Spielbeginn standen die Norweger ohne Trikots da. Dieter Hoeneß fand das überhaupt nicht lustig. "Das ist kein Lausbuben-Streich, das ist Diebstahl", schimpfte Herthas Manager, der selbst nach den Tätern gefahndet und diese zur Herausgabe ihrer Beute gedrängt hatte.

Zum Thema Fotostrecke I: Hertha Backstage Fotostrecke II: Die Bilder der Saison 01/02 Bundesliga aktuell: Ergebnisse und Tabellen Bundesliga-Tippspiel: Das interaktive Fußball-Toto von meinberlin.de Es war um die Mittagsstunde, die Berliner Fans hatten in der Stadionkurve schon mal ihre Transparente aufgehängt, da lockte im Tribünentrakt Vikings eine offene Mannschaftskabine. Die dunkelblauen Trikots lagen schon auf den Bänken und waren auf einmal so viel preisgünstiger zu haben als an den zahlreichen Souvenirständen. Dass die Berliner dabei von einer Hand voll staunender Norweger beobachtet wurden, beeindruckte sie wenig, und es bedurfte schon deutlicher Worte der Berliner Klubleitung, dem Spuk ein Ende zu setzen. Erst als Manager Hoeneß und der Fanbeauftragte Blaszyk mit "ernsten Konsequenzen" (also: Stadionverboten in Berlin) drohten, wurden die Leibchen wieder abgeliefert.

Es spricht für den Humor der Norweger, dass sie die Affäre schnell abhakten und gar nicht erst auf die Idee kamen, mit der daraus resultierenden Verwirrung ihre bescheidene Leistung zu rechtfertigen. "Hertha hat das Spiel kontrolliert, wir haben nur reagiert", bekannte Trainer Benny Lennartsson. Seine Mannschaft war, bei allem Eifer, nie ein gleichwertiger Gegner, Zweifel an Herthas Einzug in die dritte Runde sind vor dem Rückspiel am 1. Dezember eher theoretischer Natur.

Wenn es denn auf Berliner Seite nach dem demütigenden 0:4 von Hamburg so etwas wie Verunsicherung gegeben hatte, so war diese nach dem Tor von Michael Preetz schon nach fünf Minuten verflogen. Alex Alves, der gestern eines seiner besseren Spiele machte, hatte von der rechten Seite flach in die Mitte geflankt. Der abgefälschte Ball kam zu Herthas Mannschaftskapitän, der mit der ihn einst auszeichnenden Übersicht ins rechte Eck traf. Für den Berliner Torjäger war es ein Déjà-vu-Erlebnis mit positivem Ausgang. Am vergangenen Samstag hatte er beim HSV aus ähnlicher Position kläglich versagt und damit - beim Stande von 0:0 - das Debakel von Hamburg eingeleitet.

Es war, nicht nur wegen des Erfolgserlebnisses, eine ganz andere Berliner Mannschaft, die da auf dem tiefen Rasen von Stavanger Wiedergutmachung betrieb. "Wir haben das Zeichen gesetzt, das wir nach Hamburg einfach setzen mussten. Auf diesem Boden gab es keinen Schönheitspreis zu gewinnen", sagte Trainer Jürgen Röber. Und Preetz meinte: "Wir waren gefordert, als Mannschaft aufzutreten. Das ist uns ganz gut gelungen". Röber hatte seine Mannschaft gleich auf fünf Positionen verändert. Maas, Schmidt, Simunic, Dardai und Alves waren neu dabei. Selbst der Brasilianer Marcelinho, in Hamburg auch nicht gerade ein Aktivposten, blieb draußen und durfte erst in der zweiten Halbzeit für den angeschlagenen Alves auf den Platz.

Vor allem die Defensive profitierte vom Komplettumbau. Schmidt hinterließ im Abwehrzentrum einen guten Eindruck, Simunic verzichtete auf der linken Seite auf die üblichen Leichtsinnsfehler und glänzte mit selten gesehener Übersicht, und auch Maas zählte als zentrale Figur vor dem Verteidigungsriegel zu den besten Herthanern. In der letzten halben Stunde, als Viking mit Wucht, aber begrenzten Mitteln drängte, durfte auch der in Hamburg so hart kritisierte van Burik auf den Platz.

In richtige Bedrängnis kam Hertha BSC nur einmal. Das war eine Viertelstunde vor Schluss, als Torhüter Kiraly sich dem frei durchgelaufenen Berre vor die Füße warf und der Norweger in hohem Bogen über die Torauslinie flog. Schiedsrichter Liba aber verhängte nicht den von Viking geforderten Strafstoß, sondern zeigte Berre wegen eines vorgetäuschten Fouls die Gelbe Karte. Ohne Widerspruch fügten sich die Norweger der Entscheidung und spielten die Partie brav zu Ende. Zum Trikottausch mit den Herthanern aber mochten sie sich nicht hinreißen lassen. Was man einmal auf so kuriose Weise zurückerobert hat, gibt man freiwillig nicht mehr so schnell her.

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