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Sport: Hertha BSC: Stammplatz Reservebank

Eigentlich ist Dieter Hoeneß einer der Ruhigen im Lande. Doch er kann auch sehr emotional reagieren.

Eigentlich ist Dieter Hoeneß einer der Ruhigen im Lande. Doch er kann auch sehr emotional reagieren. So bei der Affäre Daum, als er seinen Bruder Uli leidenschaftlich verteidigte, so beim Platzverweis für Alex Alves in Leverkusen. So auch gestern. "Dieses Gejammere geht mir auf den Keks. Wenn sich wieder mal einer öffentlich beklagt, werden wir eine Geldstrafe aussprechen", erzählte Hoeneß im kleinen Kreis. Die Warnung galt aktuell Ali Daei, der sich in einer Zeitung über zu geringe Einsätze beklagt hatte, "sie richtet sich aber gegen jeden, der diesen Weg geht", so der Manager von Hertha BSC. Derzeit liegen beim Berliner Fußball-Bundesligisten (Trainer Jürgen Röber: "Die letzte Scheißwoche hat alles kaputtgemacht") die Nerven ein wenig blank.

Dass Ali Daei unzufrieden ist, liegt auf der Hand. Neunmal eingewechselt, einmal ausgewechselt, gerade mal drei Tore - für einen, der einst für 7,5 Millionen Mark geholt wurde und bei Hertha groß rauskommen wollte, eine dürftige Bilanz. Längst ist der Iraner nur dann gefragt, wenn Not am Mann ist. Kürzlich, als er von Länderspielen seines Heimatlandes nach Berlin zurückkehrte und Alex Alves verletzt war, gab es eine solche Situation. Doch selbst da kam Daei nicht zum Zuge, weil Röber lieber den eigentlichen Verteidiger Eyjölfur Sverrisson in die Sturmspitze stellte. Daei wertete das als Affront. Aus seiner Sicht verständlich, doch Röber wusste, warum er ihn im zweiten Glied beließ: Sverrisson hatte zuvor in Frankfurt mit dem "gesetzten" Michael Preetz bestens harmoniert. Was man von Daei und Preetz kaum behaupten kann. Beide sind zu ähnliche Spielertypen. "Ich würde", sagt der ehemalige Nationalspieler Andreas Thom, "eher Piotr Reiss als Ali Daei aufbieten. Der Piotr bringt mehr am Ball." Auch der Pole ist nur Reservist.

Daeis Einwände, er habe zu wenige Chancen bekommen, lässt Röber nicht gelten: "Ich habe ihm immer wieder Möglichkeiten gegeben. Er hat sie leider selten genutzt, manchmal katastrophal schlecht gespielt." Schließlich könne sich ein Spieler auch jeden Tag beim Training mit guten Leistungen anbieten. "Das wäre wesentlich professioneller, als die Journalisten als Sprachrohr für die Unzufriedenheit zu benutzen", sagt Hoeneß.

Unzufriedenheit dürfe ein Spieler nur noch auf der Geschäftsstelle äußern. Und der müsse dann gleichzeitig ein konkretes Angebot eines Vereins mitbringen, so Hoeneß. Das hatte Daei angeblich schon vor Monaten aus England vorliegen. "Mit uns hat diesbezüglich niemand gesprochen", beteuert Hoeneß. Dass Daei ankündigte, er werde sich in der Winterpause nach einem anderen Verein umsehen, wenn sich seine personelle Situation bis dahin nicht verbessere, lässt Röber kalt: "Er hat noch einen Vertrag, den er erfüllen muss."

Röbers Verärgerung ist verständlich. Schließlich muss er nach der Klage Daeis befürchten, von einem Teil des Publikums noch härter attackiert zu werden, als das bislang schon der Fall ist. Der Iraner hat starken Rückhalt bei den Fans. Die "Ali, Ali"-Rufe im Stadion werden gleichzeitig als Unmutsäußerungen gegenüber Röber gewertet. "Damit kann ich leben. Aber die Kritiker sollten sich immer vor Augen halten, warum ich Ali Daei nicht aufstelle", antwortet Röber. Es genüge eben nicht, einmal im Spiel, wie zuletzt gegen Kaiserslautern, Preetz den Ball zum Torschuss vorzulegen.

Morgen, beim letzten Spiel des Jahres, dem ersten der Rückrunde, ist Ali Daei wieder nur Reservist. Preetz und der wieder spielberechtigte Alves bekommen den Vorzug. Dabei wäre Daei gegen seinen ehemaligen Verein so gern aufgelaufen. Schon beim Hinspiel gegen den FC Bayern war für ihn die Fußballwelt nicht in Ordnung. Obwohl Alves gesperrt war, kam Daei erst in der 71. Minute ins Spiel. Über sein Tor konnte er sich nicht mehr sonderlich freuen. Da war für die am Ende 4:1 siegreichen Bayern längst alles gelaufen.

Klaus Rocca

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