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Scheuer Kerl mit Gold im Fuß. Sinan Kurt ist seit Donnerstag Herthaner.

© Imago/Popow

Update

Hertha BSC: Transfer des Talents perfekt: Sinan Kurt und der Neuanfang in Berlin

Sinan Kurt will nach seinem Abschied von Bayern München seine verfahrene Karriere wieder in Schwung bringen. Er hat bei Hertha BSC bis Mitte 2019 unterschrieben.

Sinan Kurt ist mit 71 Kilogramm verteilt auf 173 Zentimeter ein ziemlich schmächtiges Kerlchen; in der Öffentlichkeit aber ist zuletzt der Eindruck entstanden, dass der junge Mann gerne einen auf dicke Hose macht. Schon kurz nachdem Kurt im Sommer 2014 von Borussia Mönchengladbach zum FC Bayern München gewechselt war, gab es die erste größere Aufregung.

Der damals 18-Jährige hatte die Welt über die üblichen sozialen Medienkanäle davon in Kenntnis gesetzt, dass er den Friseur seines Vertrauens eigens aus Düsseldorf zum Haareschneiden hatte anreisen lassen. Ein Jahr darauf wurde bekannt, dass Kurt sich im Urlaub einen knapp 2000 Euro teuren Hubschrauberflug gegönnt hatte, um die 74 Kilometer von Cannes nach St. Tropez zurückzulegen. Bei seinem bekanntermaßen der Bescheidenheit verpflichteten Arbeitgeber soll diese Art der Fortbewegung gar nicht gut angekommen sein.

Kurt trägt gern Klamotten der Modemarke „Live fast die young“. Leb schnell, stirb jung: Das könnte auch das Motto für seine bisherige Karriere als Fußballer sein. Der Linksfuß ist in Rekordzeit ziemlich berühmt geworden – und fast genauso schnell wieder in der Versenkung verschwunden. Bei Hertha BSC will Kurt nun beweisen, dass seine Karriere doch noch nicht tot ist. Der frühere Junioren-Nationalspieler hat am Mittwoch den Medizincheck in Berlin absolviert, am Donnerstag ist der Transfer formal über die Bühne gegangen: Sinan Kurt hat bei den Berlinern einen Vertrag über dreieinhalb Jahre unterschreiben. „Ich bin froh, wenn er hier ist“, sagt Trainer Pal Dardai.

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Dabei hat es Kurt bisher nicht über den Status eines Versprechens hinaus gebracht. Bundesweit bekannt wurde er, als sich sein Heimatklub und die Bayern öffentlichkeitswirksam um den damaligen A-Jugendspieler balgten, der noch keine einzige Minute im Profifußball hinter sich hatte, von den Medien aber schon zum neuen Marco Reus hochgejazzt worden war. Am Ende musste Gladbach Kurt ziehen lassen, kassierte aber immerhin eine Ablöse von 1,5 Millionen Euro, die bei entsprechenden Erfolgen auf 4,5 Millionen hätte steigen können. Doch diese Zusatzeinnahmen kann der Klub abschreiben. Nachdem Kurt bei den Bayern auf gerade 45 Spielminuten in der Bundesliga gekommen war, hat Trainer Pep Guardiola ihn im Sommer zur U 23 in die viertklassige Regionalliga abgeschoben. Selbst dort war Kurt kein Stammspieler. In 15 Einsätzen durfte er nur zweimal über 90 Minuten spielen. Ein einziges Tor sprang für den Offensivspieler heraus – das 6:0 beim 7:2-Sieg gegen den TSV Rain/Lech.

Kurt mangelt es an taktischer Disziplin

„Er hat supertolle Anlagen“, hat Heiko Vogel, Trainer der Münchner U23, dem „Münchner Merkur“ gesagt. „Gold im linken Fuß, er ist antrittsschnell, er versteht dieses Spiel.“ Aber bisher hat Kurt diese Fähigkeiten noch nicht auf den Platz gebracht. Es fehle ihm an taktischer Disziplin, sagt jemand, der in Gladbach mit ihm zusammengearbeitet hat. Kurt gehe auf dem Platz nicht die Wege, die er gehen müsse, sondern mache, was er wolle.

Trotzdem sagt Pal Dardai: „Wenn du die Möglichkeit hast, einen solchen Spieler zu kriegen – warum nicht?“ Gemeinsam mit Manager Michael Preetz hat er sich schon vor ein paar Wochen mit Kurt getroffen und dabei offenbar einen anderen Eindruck als die breite Öffentlichkeit gewonnen. Auch Vogel bezeichnet Kurt als „höflichen, manchmal zurückhaltenden Menschen“. Der Wechsel nach Berlin „könnte ein Neustart sein“, sagt Dardais Assistent Rainer Widmayer. Bei Hertha hoffen sie, dass sich die Geschichte von Mitchell Weiser in neuer Besetzung wiederholt. Auch Weiser war früh zu den Bayern gewechselt, konnte sich dort aber nicht durchsetzen. Er galt als leicht schnöselig – und hatte lustigerweise ebenfalls einen Hubschrauberflug in seinem Lebenslauf stehen. Bei Hertha hat es Weiser auf Anhieb zum Stammspieler gebracht.

Den Weihnachtsurlaub soll Sinan Kurt mit seinen Freunden Mahmoud Dahoud und Leroy Sané in Florida verbracht haben. Alle drei galten einmal als große Talente. Dahoud hat in dieser Saison mit Borussia Mönchengladbach in der Champions League gespielt, der Schalker Sané sogar in der A-Nationalelf debütiert. Sinan Kurt wird immer noch als Talent gehandelt – und steht jetzt vor dem vermutlich entscheidenden Schritt zurück, um noch einmal entscheidend voranzukommen.

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