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Was wird aus Ronny? Der Brasilianer ist einer von vielen Hertha-Profis, deren Zukunft noch offen ist.

© dapd

Hertha BSC: Verhandlungsstress im Winter

Viele Hertha-Profis spielen am Montag gegen St. Pauli auch um ihre Verträge. Manager Preetz will nach der Hinrunde Gespräche führen – vor allem mit Ronny.

Spielerberater lassen meist keine Gelegenheit aus, den Marktwert und die Verhandlungsposition ihrer Klienten zu verbessern. Insofern ist es bemerkenswert, wenn Dino Lamberti, Agent von Ronny, sagt, für den Brasilianer gebe es trotz auslaufenden Vertrages „keine Angebote anderer Klubs. Das wäre auch nicht normal, er hat ja keine konstant guten Leistungen gebracht die letzten Jahre.“

Das müsste eigentlich wie Musik klingen bei Hertha BSC und in den Ohren von Michael Preetz. Dem Manager stehen viele Verhandlungen bevor, acht Spielerverträge laufen im kommenden Sommer aus. Interessant wird es vor allem bei den Stammspielern Ronny und Fabian Holland. „Es ist unser Ziel, beide hier zu halten“, sagt Preetz. Aber mit den Gesprächen „warten wir bis zur Winterpause ab, vieles ist auch abhängig davon, wohin die Reise sportlich geht“.

Bis zum Ende des Jahres zu warten verschafft dem Manager Zeit und nimmt Erwartungsdruck. Gewissheiten, für welche Liga er eine Mannschaft bastelt, gibt es bis dahin keine. Nach 19 Spielen hatte noch kein Klub den Aufstieg sicher, höchstens die Gewissheit, dass er wohl nicht aufsteigen wird.

Bei vielen Spielern stellt sich daher die Frage, ob sie auch in der Bundesliga weiterhelfen oder nur in Liga zwei oder nicht mal da. Insofern müssen einige Akteure mit auslaufenden Verträgen vorspielen für die Vertragsgespräche im Winter, auch schon heute gegen den FC St. Pauli (20.15 Uhr, live bei Sport1). Marvin Knoll und Shervin Radjabali-Fardi kämpfen nach ihren Verletzungen im Training derzeit um Anschluss und Einsätze. Davon ist Christoph Janker noch weit entfernt, es ist unklar, ob der dauerverletzte Verteidiger nach der Winterpause wieder voll mitüben kann. Ersatztorwart Sascha Burchert, Alfredo Morales und Elias Kachunga können sich derzeit nur bei der zweiten Mannschaft zeigen. Speziell der aus Mönchengladbach geliehene Kachunga dürfte wenig Perspektiven sehen, wenn im Winter ein genesener Pierre-Michel Lasogga als Sturmkonkurrent hinzukommt und Adrian Ramos, der die Zusage hat, bei akzeptablem Angebot zu gehen, doch bleibt.

Fabian Holland ist der einzige Spieler, bei dem Konkurrenzangebote drohen, junge Außenverteidiger mit starkem linkem Fuß sind eine Seltenheit in Deutschland. „Er hat eine sehr gute, schöne Entwicklung hingelegt“, lobt Trainer Jos Luhukay den 22-Jährigen, genau wie Ronny, „beide haben die Perspektive, dauerhaft Erste-Elf-Spieler zu sein, ich hoffe, dass beide bei Hertha bleiben.“

Speziell die Entwicklung Ronnys überrascht. Mit je fünf Toren und Vorlagen ist der 26-Jährige der zweitbeste Scorer der Zweiten Liga, ohne ihn und seinen linken Fuß wäre manches Spiel anders ausgegangen. Dass die Interessenten dennoch nicht Schlange stehen, liegt an seiner Vorgeschichte. Die ersten beiden Jahre in Berlin ließ es der Brasilianer eher gemächlich angehen, Zweifel an seiner Einstellung zum Profileben waren angebracht. Im Sommer hätte er dann zu Atletico Mineiro wechseln können, er entschied sich zu bleiben, weil Luhukay signalisierte, auf ihn zu setzen. Und wegen Preetz. „Ronnys Beziehung zu Michael Preetz ist eine emotionale, er ist sehr dankbar, dass er immer zu ihm gehalten hat“, sagt Lamberti.

Der Berater unternahm selbst einiges, um seinen Schützling im letzten Vertragsjahr auf Touren zu bekommen: Er bestellte Ronnys Vater für drei Monate nach Berlin, engagierte eine Köchin und zwei Mentaltrainer, alle drei Monate bekommt Ronny Blut abgenommen, damit seine Fortschritte dokumentiert werden. Auch die Abnabelung von Bruder Raffael half. Und dass Luhukay ihn einfach spielen ließ, so kam Ronny in seinen Rhythmus – und ins Laufen. „Ich würde schon gerne bleiben, aber ich konzentriere mich auf mein Spiel und überlasse den Rest meinem Berater“, sagt Ronny selbst. Dass er bleibt, davon ist auszugehen, es sei denn, Hertha bietet ihm weniger Gehalt, als er, ohnehin kein Großverdiener, bisher erhält.

Aber Ronny spielt nicht primär um mehr Geld, sondern um mehr Anerkennung. Bisher gilt er als ein exzellenter Techniker, der in der Zweiten Liga für Überraschungsmomente sorgen kann, wenn es bei ihm läuft. Aber kann er auch in der Bundesliga strategisch im Mittelfeld helfen? Oder fällt er, sobald die Vertragstinte trocken ist, zurück in alte Muster? Der Ehrgeiz ist jedenfalls groß. Sein Berater spricht davon, eine Ablösesumme festzuschreiben, von der WM 2014 in Brasilien, auf die Ronny Chancen habe, und von einem Wechsel zu Real Madrid in ein paar Jahren, José Mourinho schätze ihn ja sehr. Wie gesagt, ein Berater lässt meist keine Gelegenheit aus, den Marktwert seines Klienten zu erhöhen.

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