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Versucht doch, mich zu besiegen. An Selbstvertrauen fehlt es Jarstein nicht.

© dpa/Hilse

Hertha BSC - VfL Wolfsburg: Rune Jarstein hält, was er verspricht

Rune Jarstein steht inzwischen seit einer kompletten Halbserie im Tor von Hertha BSC – und überzeugt mit wenig Gegentreffern.

Rune Jarstein hat in dieser Woche im Training seine fußballerische Klasse demonstriert. Es war beim üblichen Kleinfeldturnier, bei dem die Torhüter eine Art Libero spielen. Weit vor seinem Tor zog Jarstein ab: ein Schuss wie ein Strich, der Ball knallte genau ans Lattenkreuz. „Er ist einfach ein guter Fußballer“, sagt Jarsteins norwegischer Landsmann Per Skjelbred. Der Ball sprang zurück ins Feld, Jarstein stieg zum Luftduell mit Johannes van den Bergh hoch – und fing den Ball auf Höhe der virtuellen Mittellinie mit den Händen. Laute Proteste, aber Jarstein spielte einfach weiter.

Die Szene aus dem Training sagt nicht nur etwas über Jarsteins fußballerische Befähigung, sie sagt vor allem etwas über das Selbstverständnis, mit dem er inzwischen bei Hertha BSC auftritt. Lange Zeit kam er eher unscheinbar daher, und Rainer Widmayer, der Assistent von Cheftrainer Pal Dardai, wunderte sich, dass man in Norwegen ganz andere Dinge über den Torhüter erzählte; dass er in seiner Heimat als durchaus impulsiv galt. Hallo, dachte Widmayer, „sprechen wir vom selben Rune Jarstein?“

Inzwischen sind der norwegische Jarstein und der Berliner Jarstein weitgehend deckungsgleich. Das wird auch damit zusammenhängen, dass der 31-Jährige bei Hertha jetzt eine ganz andere Wertigkeit besitzt und es sich jetzt durchaus erlauben kann, auch mal die Stimme zu erheben. „Ich habe viel Spaß gehabt“, sagt Jarstein über das vergangene halbe Jahr. Wenn Hertha BSC heute (15.30 Uhr, live im Ticker bei Tagesspiegel.de) den Champions-League-Teilnehmer VfL Wolfsburg empfängt, geht für ihn die erste komplette Halbserie in der Fußball-Bundesliga zu Ende. Im Hinspiel wurde er zur Pause für den verletzten Thomas Kraft eingewechselt, seitdem hat er keine einzige Minute mehr verpasst.

„Rune war einfach überragend“, sagt Skjelbred. In den sechzehneinhalb Spielen, die Jarstein jetzt am Stück im Tor stand, kassierte Hertha 18 Gegentore – weniger mussten in diesem Zeitraum nur Manuel Neuer bei den Bayern und Bernd Leno in Leverkusen hinnehmen. Der Kölner Timo Horn kommt auf denselben Wert. Natürlich habe Jarstein auch davon profitiert, „dass wir in der Phase gepunktet haben und defensiv sehr stabil waren“, sagt Co-Trainer Widmayer. „Aber wenn er gefordert wurde, war er da.“

Offiziell wird Thomas Kraft immer noch als Nummer eins geführt

Als Pal Dardai im Sommer Thomas Kraft zur Nummer eins ernannt hat, war das alles andere als eine Überraschung. Weil die Festlegung laut Dardai für die ganze Saison getroffen wurde, wird Kraft offiziell immer noch als Nummer eins geführt. Jarstein dürfte das egal sein – solange er als Nummer zwei spielt. „Rune hat die Chance genutzt“, sagt Dardai. „Er macht einen guten Eindruck und ist wichtig für uns.“ Thomas Kraft, der lange Probleme mit der verletzten Schulter hatte, saß in den jüngsten drei Pflichtspielen erstmals seit seinem Wechsel nach Berlin auf der Ersatzbank. Auswirkungen auf das Innenleben der Mannschaft hat die knifflige Konstellation laut Jarstein nicht. „Wir möchten beide spielen“, sagt er. „Aber wir arbeiten gut zusammen und reden viel miteinander.“

Kurz vor der Winterpause hat Hertha den Vertrag des Norwegers bis 2019 verlängert. Und einen Grund, die real existierende Hierarchie im Sommer wieder zu verändern, gibt es nicht. Jarstein passt besser zum Fußball, den Dardai von seiner Mannschaft sehen will. Er hat eine größere Präsenz bei hohen Bällen, was schon deshalb wichtig ist, weil Hertha den Gegner nach außen drängen will – auch auf die Gefahr hin, dass Flanken in den Berliner Strafraum segeln. Hinzu kommt, dass Jarstein der bessere Fußballer ist. Ein Aspekt, der künftig für Torhüter noch viel wichtiger wird, wie Dardai glaubt.

Dass sich auch Thomas Kraft in dieser Disziplin deutlich verbessert hat, führt Dardais Assistent Widmayer auf die Arbeit des neuen Torwarttrainers zurück. „Zsolt Petry hat in dem halben Jahr Akzente gesetzt“, sagt er. Und Petry ist es vor allem zu verdanken, dass Jarstein überhaupt noch für Hertha spielt. Im Sommer wollte und sollte er den Klub eigentlich verlassen. Petry aber machte sich dafür stark, dass die bisherige Nummer zwei bleiben durfte. „Es war knapp“, sagt Rune Jarstein, „aber es war die richtige Entscheidung.“

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