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Ein Bild aus vergangenen Tagen. Pal Dardai (links) im Dialog mit Niko Kovac.

© Imago

Hertha BSC vor dem Spiel bei Eintracht Frankfurt: Pal Dardai, Niko Kovac und Berliner Blaupausen

Pal Dardai und Niko Kovac waren einst Konkurrenten bei Hertha BSC, sie stritten um den Platz im defensiven Mittelfeld. Jetzt treffen sich Kovac und Dardai wieder - als Trainer.

Fußballtrainer, die früher selbst Profis waren, mögen es nicht besonders, ihren Spielern Geschichten aus der eigenen aktiven Karriere zu erzählen. Vielleicht haben sie Angst, dass das irgendwie altklug oder besserwisserisch rüberkommt. Pal Dardai, der Trainer von Hertha BSC, hat dieser Tage eine Ausnahme gemacht. Es ging um Valentin Stocker, der bei den Berlinern lange keine Rolle gespielt hatte und dem Dardai anhand eines historischen Beispiels deutlich machen wollte, dass es sich lohnt, nie aufzustecken. Herthas Trainer hat ein sehr glaubwürdiges Beispiel bemüht. Pal Dardai hat Stocker von Pal Dardai erzählt, der unter dem Trainer Falko Götz einmal sieben Monate außen vor war und es dann doch wieder in die Startelf geschafft hat.

An diesem Samstag um 15.30 Uhr wird Dardai auf jenen Mann treffen, der – neben Götz – vor allem dafür verantwortlich war. Niko Kovac, seit ein paar Monaten Trainer bei Eintracht Frankfurt, war es, der den Ungarn damals aus der Startelf bei Hertha verdrängt hat. Hängen geblieben ist davon nichts. „Ich bin deshalb jetzt nicht extra motiviert“, sagt Dardai. „Unser Verhältnis war damals gut und ist es jetzt auch. Ich respektiere ihn.“ Zumal ja nicht nur Dardai Grund hätte, auf Kovac sauer zu sein, umgekehrt ist es genauso. „Einmal musste Niko warten, einmal ich“, erinnert sich Dardai.

Der Kroate Kovac war im Sommer 2003 von den Bayern in seine Heimatstadt Berlin zurückgekehrt. Nicht zuletzt mit seinem Wechsel verbanden sich bei Hertha große Hoffnungen, die Mannschaft rief die Champions League als Saisonziel aus – am Ende der Hinrunde aber lag sie mit gerade mal 13 Punkten auf dem vorletzten Tabellenplatz. In der Winterpause verpflichtete Hertha für den Abstiegskampf den erfahrenen Hans Meyer. Der neue Trainer tüftelte in der Vorbereitung lange an der passenden Besetzung für das defensive Mittelfeld. Weil Kovac für Meyers Geschmack jegliches Gespür für Gefahr vermissen ließ, spielte er fortan keine Rolle mehr bei den Profis. Nur zwei Mal wurde Kovac von Meyer noch eingewechselt. Dardai hingegen stand stets in der Startelf, fehlte nur am letzten Spieltag wegen einer Gelbsperre. In der Saison darauf, nachdem Falko Götz Hans Meyer als Trainer abgelöst hatte, war es genau umgekehrt. Kovac spielte bei seinen 30 Einsätzen immer von Anfang an, während Dardai nach dem dritten Spieltag nur noch vier Mal in der Startelf auftauchte.

Nachwuchs, Nationalteam, jetzt Vereinstrainer - die Karrieren ähneln sich

Ihre Rolle im defensiven Mittelfeld haben beide sehr unterschiedlich interpretiert. Kovac hat sich mehr als Spielmacher aus der hinteren Reihe verstanden, Dardai war der klassische Kämpfer, der Lücken zugelaufen ist und Bälle erobert hat. Umso bemerkenswerter sind die Parallelen nach dem Ende ihrer Karrieren als Spieler. Beide haben als Nachwuchstrainer angefangen, haben in jungen Jahren bereits die Nationalmannschaft ihres Heimatlandes trainiert, ehe sie in der Bundesliga als Retter in der Not eine Anstellung als Vereinscoach fanden, Dardai im Februar 2015 bei Hertha, Kovac im März 2016 bei den Frankfurtern. Beide schafften den Klassenerhalt, und für beide ging es anschließend mit ihren Klubs nach oben.

Die Frankfurter, die sich erst in der Relegation gegen Nürnberg den Verbleib in der Bundesliga gesichert haben, sind neben Köln und Leipzig aktuell die große Überraschung der Liga. Mit drei Siegen aus vier Spielen (unter anderem gegen Schalke und Leverkusen) liegen sie sogar vor den punktgleichen Berlinern. Dass Teams, die dem Abstieg gerade noch entkommen sind, in der neuen Saison überraschend weit oben landen, ist kein ganz neues Phänomen. Das war in jüngerer Vergangenheit bei Hannover 96 so, bei Borussia Mönchengladbach – und im vergangenen Jahr bei Hertha BSC.

Wenn man sich das Spiel der Frankfurter genauer anschaut, könnte man fast glauben, dass Herthas Werdegang Kovac als Blaupause gedient hätte. Auch Dardai hat den Kader vor einem Jahr großflächig umgebaut, weil er erkannt hatte, dass es nicht einfach so weiter gehen konnte. Er hat einen Plan erstellt, wie seine Mannschaft künftig spielen soll und diesen Plan gegen alle Skepsis von außen durchgezogen. Genauso hat es Kovac getan. „Nach der Saison sind wir zu dem Schluss gekommen, dass Änderungen erfolgen müssen“, hat er vor kurzem erzählt. „Nur Veränderungen können eine Aufbruchstimmung erzeugen.“

Sie sind fit, defensiv stabil, effizient vor dem Tor und für den Gegner schwer zu bespielen: Vieles, was die Berliner im vergangenen Jahr stark gemacht hat, lässt sich aktuell auch im Spiel der Frankfurter erkennen. „Man sieht, dass sie in der Vorbereitung gut gearbeitet haben und topfit sind“, sagt Herthas Manager Michael Preetz. Kovac hat im Sommer lange trainieren lassen, zwei, manchmal sogar zweieinhalb Stunden. Die Mühen zahlen sich aus. „Man sieht jetzt, wie es mit vernünftiger Arbeit und Vorbereitung geht.“ Sagt Pal Dardai über Niko Kovac. Könnte aber auch Niko Kovac über Pal Dardai sagen.

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