zum Hauptinhalt
 In jedem Spiel, das Per Skjelbred in dieser Saison über 90 Minuten bestritten hat, spulte er die höchste Laufleistung aller Spieler auf dem Platz ab.

© dpa

Hertha BSC vor dem Spiel gegen den FC Schalke 04: Per Skjelbred: Spielen, wo das Herz schlägt

Mittelfeldspieler Per Skjelbred hat einen Sommer der Ungewissheit hinter sich – umso lieber ist er jetzt bei Hertha BSC. Gegen den FC Schalke 04 wird er wieder seine Stärken zeigen: arbeiten, unterstützen, stimulieren.

Per Skjelbred hat gar nicht mitbekommen, dass er jetzt ein anderer ist. Beim jüngsten Heimspiel von Hertha BSC gegen Stuttgart wurde der Norweger vom Stadionsprecher im Olympiastadion nicht als Per vorgestellt, sondern als Ciljan Skjelbred. Per Skjelbred mag seinen zweiten Vornamen, aber es gibt eigentlich nur „eine einzige Person auf der Welt“, die ihn Ciljan nennt: seine Mutter. Seine Frau sagt manchmal „Per Ciljan Skjelbred“ zu ihm, „aber nur wenn ich Scheiße gebaut habe“.

Man muss sich jetzt keine Sorgen um Per Skjelbred und seine Identität machen. Das war in diesem Sommer etwas anders. Da wusste der 27-Jährige selbst nicht, wer er eigentlich ist und vor allem wer er künftig sein wird: ein Wieder-Hamburger oder ein Noch-Berliner? Als hektisch und ein bisschen komisch hat Skjelbred diesen Sommer erlebt. „Das war nicht einfach“, sagt er. „Aber ich habe versucht, einen ruhigen Kopf zu bewahren.“

In diesem Sommer ist viel passiert – auch weil lange gar nichts passiert ist. Am 30. Juni endete sein Leihvertrag bei Hertha. Skjelbred wäre gerne in Berlin geblieben, er hatte gehofft, die Angelegenheit würde sich regeln lassen, während er mit seiner Familie in Urlaub ist. Aber als er zurückkehrte, war nichts geregelt. Also machte Skjelbred beim Hamburger SV die Saisonvorbereitung mit. Er trug sogar in neun Testspielen dessen Trikot und hatte doch irgendwann das Gefühl, fehl am Platz zu sein. „Wir wollten unbedingt in Berlin bleiben“, sagt Skjelbred. Schon deshalb hat er sich nicht näher mit anderen Angeboten beschäftigt. Es gab Gerüchte über interessierte Klubs aus Spanien, England und auch der Bundesliga. Alles andere wäre auch komisch gewesen, nachdem Skjelbred bei Hertha BSC in der vorigen Saison überzeugende Leistungen abgeliefert hatte.

Per Skjelbred: Ein Spieler wie ihn Trainer mögen

Der Norweger ist ein Spieler, wie ihn Trainer mögen. Einer, der es nicht darauf anlegt, selbst zu glänzen, sondern lieber die Mannschaft glänzen lässt. Und der eigentlich immer und überall funktioniert. Dass Skjelbred die Wertschätzung der entscheidenden Leute genießt, illustriert auch eine Episode aus der norwegischen Nationalmannschaft. Als vor ein paar Wochen die Frage anstand, wer neuer Kapitän werde sollte, saßen die Nationalspieler am Abend zusammen und spielten ein paar Namen von Kandidaten durch. Ein Name wurde nicht genannt – der von Per Skjelbred. Tags drauf nahm der Nationaltrainer Skjelbred zur Seite und teilte ihm mit: „Per, du bist Kapitän.“

Auch Jos Luhukay, Herthas Trainer, schätzt den vielseitig verwendbaren Mittelfeldspieler. „Er ist ein Arbeiter, der versucht, die Mannschaft zu unterstützen und sie zu stimulieren“, sagt er. Im vergangenen Jahr war Skjelbred erst ein paar Tage in Berlin, als er sein erstes Spiel für Hertha BSC bestritt. Er kannte nicht einmal alle neuen Kollegen mit Namen und trat doch so auf, als wäre er seit Jahren dabei. „Unglaublich viel Herz“ bescheinigt Luhukay dem Norweger. In jedem Spiel, das Skjelbred in dieser Saison über 90 Minuten bestritten hat, spulte er die höchste Laufleistung aller Spieler auf dem Platz ab. Es wird wohl auch bei Herthas Auswärtsspiel gegen den FC Schalke 04 (18.30 Uhr) nicht grundsätzlich anders sein.

Umso verwunderlicher ist es, dass der HSV keinen ernsthaften Versuch unternommen hat, den Norweger an sich zu binden. Skjelbred sagt zwar, dass Trainer Mirko Slomka ihn unbedingt habe behalten wollen, aber weil sein Vertrag nur noch ein Jahr lief, hätte Skjelbred gern eine weitergehende Perspektive gehabt, einen Hinweis, dass der Klub auch über diese Spielzeit hinaus mit ihm plane. „Aber da kam nichts“, sagt er. Als er in den ersten Spielen wieder nur auf der Bank landete und nicht einmal eingewechselt wurde, war für Skjelbred der Moment gekommen, an dem er sagte: Okay, das war’s. „Ich wollte weg.“

Von diesem Moment an hätte eigentlich alles ganz einfach sein können: Der HSV braucht Skjelbred nicht, Skjelbred will zu Hertha, und Hertha will Skjelbred. Aber da war eben auch noch die Verquickung mit der Personalie Pierre-Michel Lasogga, den die Berliner im Jahr zuvor im Gegenzug an den HSV verliehen hatten. Dass der Stürmer sich in Hamburg zum Publikumsliebling emporgespielt hatte, machte sich Herthas Manager Michael Preetz geschickt zunutze. Er trotzte dem HSV eine Ablöse ab, die Lasoggas Marktwert deutlich übertraf. Dafür wollten sich die Hamburger nun bei Skjelbred revanchieren – was ihnen jedoch nur bedingt gelang. Sie schafften es lediglich, die Angelegenheit bis zum letzten Moment hinauszuzögern.

Gut anderthalb Millionen Euro hat Hertha BSC schließlich an den HSV überwiesen. Am letzten Tag der Transferperiode unterschrieb Skjelbred einen Dreijahresvertrag in Berlin. Ob er zwischendurch mal das Gefühl gehabt habe, fremden Mächten hilflos ausgeliefert zu sein? „Das kann man so sagen“, antwortet Per Skjelbred. „Aber so ist das Geschäft.“

Folgen Sie der Tagesspiegel-Sportredaktion auf Twitter:

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false