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Sport: Hertha BSC: Wasser statt Kaffee und andere Zeichen

Die dunkelblaue Kanne mit dem tiefbraunen Kaffee können sie bei Hertha ab sofort weg-, oder aber gleich Jürgen Röber als Erinnerungsstück überlassen. Ihr ehemaliger Trainer war der Einzige, der sich regelmäßig nach Spielen des Bundesligisten davon kräftig einschenken ließ.

Die dunkelblaue Kanne mit dem tiefbraunen Kaffee können sie bei Hertha ab sofort weg-, oder aber gleich Jürgen Röber als Erinnerungsstück überlassen. Ihr ehemaliger Trainer war der Einzige, der sich regelmäßig nach Spielen des Bundesligisten davon kräftig einschenken ließ. Dass für Jürgen Röber die folgende Nacht nach den Spielen die jeweils aufwühlendste der Woche war - man wird sich in Berlin vermutlich noch ein paar Mal diese Geschichten erzählen. Dann wird es neue geben. Etwa die, dass der Nachfolger von Röber, der 39-jährige Falko Götz, nach Spielen lieber Mineralwasser trinkt. "Ich habe endlich mal wieder ruhig geschlafen", erzählt Götz am Tag nach dem 2:0-Sieg Herthas über den VfB Stuttgart.

Zum Thema Fotostrecke I: Bilder der Saison 01/02 Fotostrecke II: Hertha Backstage Bundesliga aktuell: Ergebnisse und Tabellen Bundesliga-Tippspiel: Das interaktive Fußball-Toto von meinberlin.de Es sollte nicht das Einzige sein, was sich verändert hat, seit der Neue da ist. Hertha hat wieder Hoffnung. Hoffnung, am Saisonende doch noch das Minimalziel, einen Platz im internationalen Geschäft, zu erreichen. Mit den beiden Toren von Marcelinho wurden die ersten drei Punkte in diesem Jahr der Mannschaft in der Tabelle gutgeschrieben. Der Brasilianer im Trikot der Berliner fand die blumigste Umschreibung dessen, was allgemein als Grund für das erste Erfolgserlebnis angegeben wurde. "Mit dem neuen Trainer haben wir neues Blut bekommen", sagte Marcelinho, der leicht erkältet ins Spiel gegangen war. Seine Tore wirkten wie Medizin. Die kollektive, mentale Verkrampfung löste sich etwas. Am Tag danach lag Marcelinho erst einmal flach.

Zunächst hatten er und seine Mitspieler die Aufgeregtheiten der Woche rund um den Trainerwechsel mit auf den Rasen geschleppt. Das war auch Falko Götz nicht entgangen. "Anfangs hatten wir Probleme, aber die Mannschaft hat sich ins Spiel gefressen." In der Tat war eine Verbissenheit auszumachen, die derselben Mannschaft unter Jürgen Röber nicht mehr zuzutrauen war. "Die Mannschaft hat wieder alte Tugenden wie Einsatzbereitschaft und Leidenschaft gezeigt und sogar ein bisschen was riskiert", erzählt Götz. Genau das sollte erreicht werden, in den 72 Stunden, die ihm und seinem Assistenten Andreas Thom seit der Beförderung blieben.

Götz sprach von "einem schönen Gefühl, den Sieg nach Hause gebracht zu haben". Und auch davon, dass sich die Mannschaft an diesem Erfolgserlebnis "wieder hochziehen" könne. Dass das erste Tor einer Standardsituation und das zweite dem Zufall entsprungen war, dürfte ihm nicht entgangen sein. Schon, sagt Götz, "aber irgendwann wird auch die spielerische Leistung wieder stimmen." Das wiederum nahm Manager Dieter Hoeneß erleichtert zur Kenntnis: "Er hat seine erste Aufgabe nach seinem Konzept mit Erfolg gelöst."

Das Konzept des neuen Gespanns heißt: Zeichen setzen, der Zeichen wegen. Mit fünf Umstellungen im Vergleich zum enttäuschenden 0:1 bei Energie Cottbus am vergangenen Dienstag war die Mannschaft umgekrempelt worden. "Es war doch klar, dass wir etwas ändern mussten", sagt Götz. In den vier Spielen des Jahres habe die Mannschaft wenig bis gar nichts gerissen, weshalb "Zeichen gesetzt" werden sollten. In Christian Fiedler wurde der Torwart des erfolgreichen Herbstes zum Ersatz degradiert, und in Rob Maas wurde der vielleicht eifrigste Spieler der Saison ganz aus dem Kader gestrichen. Götz wollte nicht im Einzelnen auf seine Personalpolitik eingehen. "Wir haben einen großen Kader, aus dem wir die Mannschaft zusammenstellen, die uns Erfolg bringt."

Wie lange allein diese Zeichen taugen, vermochte Falko Götz nicht zu sagen. "Lassen Sie mich diesen ersten Erfolg ein, zwei Tage genießen", sagte er direkt nach dem Spiel am Sonnabend. Gestern war er nach Nürnberg geflogen, um sich Herthas kommenden Gegner, den TSV 1860 München, anzusehen. "Diesmal haben wir eine ganze Woche Zeit, uns das nächste Spiel zu erarbeiten", sagte Götz. Das ist viel Zeit. Zeit zum Nachdenken, zum Tüfteln, zum Zeichensetzen. Vielleicht auch zum Kaffeetrinken. Und: Die unruhigen Nächte werden schon noch ganz von alleine kommen.

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