zum Hauptinhalt
Pante

© dpa

Hertha: Das Spiel dauert 90 Sekunden

Hertha BSC verliert nach früher Führung mit 1:3 gegen Hansa Rostock, das am oberen Ende seiner Möglichkeiten spielte - und das reichte gegen die Berliner.

Um kurz vor zehn war Jaroslav Drobny mit seinem feuerroten Trikot so einsam wie noch nie in seinen bald drei Berliner Monaten. Wie ein trauriger roter Klecks verharrte der Torhüter von Hertha BSC in seinem Strafraum, seine ganz in Blau gekleideten Kollegen waren längst in die Kabine geeilt. Drei Tore hatte Drobny kassiert, so viele wie noch nie in dieser Bundesligasaison, aber er trug keineswegs die Hauptschuld an der überraschenden ersten Heimniederlage seiner Mannschaft. Ja, sie hatten mit einem Rückschlag gerechnet, aber wer hätte schon erwartet, dass er so schnell kommen würde – und dann auch noch gegen den FC Hansa Rostock, der als Vorletzter der Fußball-Bundesliga nach Berlin gereist war. 3:1 (1:1) hieß es für den Aufsteiger, es war keineswegs ein glücklicher Sieg, und er war auch nicht Berliner Überheblichkeit geschuldet. Der FC Hansa war gestern schlicht und einfach die bessere Mannschaft, auf allerdings bescheidenem Niveau.

„Es ging wohl alles zu einfach am Anfang“, resümierte Herthas Manager Dieter Hoeneß. Was er damit meinte: Die aufregende, elektrisierende Hertha, wie sie sich noch am Samstag beim 3:2 über Borussia Dortmund gezeigt hatte, die bekamen die 48 670 Zuschauer im Olympiastadion gestern Abend gerade mal 90 Sekunden lang zu sehen. So lange dauerte es, bis Marko Pantelic den Ball zum 1:0 im Rostocker Tor unterbrachte.

Vorausgegangen war einer dieser Einkontakt-Spielzüge, die Trainer Lucien Favre im Training bis zur Ermüdung üben lässt. Lima spielte hinaus auf den rechten Flügel zu seinem brasilianischen Landsmann Lucio, der flankte auf den Kopf von Pantelic, dessen Kopfball Hansas Torhüter Wächter mit traurigen Augen hinterher schaute. Um kurz nach acht wies die Blitztabelle Hertha als Spitzenreiter aus.

Am Spielfeldrand widmete sich Lucien Favre nur kurz dem unverhofft frühen Jubel, dann trieb er seine Mannschaft mit beiden Armen nach vorne. Allez, allez!, ein zweites Tor sollte her, auf dass sich Souveränität einstelle und nicht Überheblichkeit. Nun ist Hertha BSC nicht die erste Mannschaft, auf die sich eine frühe Führung nicht belebend, sondern ermüdend auswirkte. Bemerkenswert war es im Fall der Berliner vor allem deshalb, weil sie in den vergangenen Wochen mit intelligentem Offensivfußball so große Erwartungen geweckt hatten. Zu große für eine Mannschaft, die erst zusammenwachsen muss?

Jedenfalls ließen sich die Rostocker nichts nehmen von dem Selbstbewusstsein, dass ihnen der erste Saisonsieg am Samstag über den MSV Duisburg verschafft hatte. Hansa spielte am oberen Rand seiner Möglichkeiten – und das reichte gestern gegen Hertha. Der Ausgleich entsprang einer Kombination, wie sie von Hertha gestern nach der turbulenten Anfangsphase nicht mehr zu sehen war. Rathgebs Flügelwechsel fand Kern, der wartete auf der rechten Seite so lange, bis Rahn in Position gelaufen war und flankte dann genau auf den Kopf des früheren Nationalspielers. Der Ball schlug ein, und Torhüter Drobny war genauso machtlos wie Kapitän Friedrich, der aus der Ferne zuschaute.

Fünf Minuten vor der Pause war dies ein Schlag, der die Berliner in ihrem Selbstwertgefühl schwer traf. Hektik prägte fortan ihr Spiel, Malik Fathi hatte noch mal eine Kopfballchance, aber das nächste und vorentscheidende Tor gelang wieder den Rostockern – abermals per Kopf. Sebastian Hähnge war der Schütze, und wieder sah Friedrich nicht gut aus. „Wir haben den Kopf verloren, anstatt ruhig zu bleiben“, sagte Lucien Favre nach dem Spiel.

Aber reagierte der Trainer mit der Auswechslung der glücklosen Dardai und Lima nicht ein bisschen zu spät? Daran lag es wohl nicht, denn die Neuen Grahn und Okoronkwo trugen wenig zur Qualitätssteigerung bei. Es lief einfach nicht. Pantelic erzielte ein Abseitstor, Lucio erhielt für eine dreiste Schwalbe die Gelbe Karte. Bezeichnend für den missratenen Berliner Abend war Hansas drittes Tor, erzielt von Regis Dorn, als erst Fathi ausrutschte und dann auch noch Simunic.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false