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Sport: Hertha: Die Mannschaft spielt für Hoeneß

Als Jürgen Röber am Dienstag ins Berliner Olympiastadion kam, war er allein. Vor seinen Spielern sprang der Trainer des Fußball-Bundesligisten Hertha BSC aus dem Mannschaftsbus, griff sich seine Sporttasche und verschwand in den dunklen Gängen der Arena.

Als Jürgen Röber am Dienstag ins Berliner Olympiastadion kam, war er allein. Vor seinen Spielern sprang der Trainer des Fußball-Bundesligisten Hertha BSC aus dem Mannschaftsbus, griff sich seine Sporttasche und verschwand in den dunklen Gängen der Arena. Mit einer Bronchitis hatte er sich hergeschleppt, um Herthas letztes Spiel im Jahr 2001 zu sehen. Der letzte Auftritt von Röber sollte das Spiel gegen den FC St. Pauli aber nicht sein. Nach sechs Jahren wird zwar der Vertrag des Chefcoachs nicht verlängert. Röber wird vermutlich bis zum Saisonende bleiben. Nach dem überraschenden 2:2 (0:0) gegen St. Pauli wird seine Arbeit nicht leichter. Die Tore vor 25 000 Zuschauern schossen Thomas Meggle und Marcel Rath für St. Pauli, für Hertha glichen Marcelinho und Andreas Schmidt aus. Hertha und Röber gehen auseinander - gestern herrschte Abschiedsstimmung.

Zum Thema Fotostrecke I: Bilder der Saison 01/02 Fotostrecke II: Hertha Backstage Bundesliga aktuell: Ergebnisse und Tabellen Bundesliga-Tippspiel: Das interaktive Fußball-Toto von meinberlin.de Regungslos saß Manager Dieter Hoeneß, der vom Aufsichtsrat die Lizenz zum Verhandeln mit Röbers Nachfolgern hat, auf der Tribüne und kaute auf einem Kaugummi herum. Mit kaum größeren Emotionen saß Röber auf seiner Bank am Spielfeldrand und schaute sich die schwache Partie an. Zur Abschiedsstimmung trugen auch die Fans im halbleeren Rund bei, die Plakate gemalt hatten wie: "Warum Erfolg ersetzen, Herr Hoeneß?" Oder: "Hoeneß, Du Idiot, lass Röber bei uns." Zum Anpfiff setzte Schneeregen ein. Aufbruchstimmung sieht anders aus.

Das Spiel entsprach von der ersten Minute an den trostlosen Rahmenbedingungen. Die Gäste, die nach Aussage von Trainer Dietmar Demuth ihre "Chance als krasser Außenseiter" nutzen wollten, bemühten sich immerhin um ein wenig Angriffsfußball. Doch oft verspielten die Hamburger die entscheidenden Pässe oder vergaben leichtfertig ihre Möglichkeiten nach Eckbällen. Die beste Szene in der ersten Halbzeit hatte St. Paulis Stürmer Marcel Rath, als er in der 27. Minute nach einem Pass des mit Übersicht auftretenden Deniz Baris. Rath nahm den Ball unbedrängt im Strafraum auf, scheiterte aber mit seinem Schuss aus zehn Metern am Hertha-Torwart Christian Fiedler.

Die Herthaner konnten gegen den potenziellen Abstiegskandidaten Nummer eins kaum Torchancen erarbeiten. Am gefälligsten waren noch ein Freistoß von Rene Tretschok, der einen halben Meter übers Tor flog, und ein 20-Meter-Schuss von Pal Dardai, den St. Pauli-Torwart Simon Henzler parieren konnte. Fast hätte man den Eindruck gewinnen können, die Berliner Mannschaft wolle für ihren Manager Dieter Hoeneß spielen, der einen Trainr mit mehr internationalem Flair in die Stadt holen will.

Der Eindruck verstärkte sich in der zweiten Halbzeit. Fünf Minuten nach Wiederanpfiff konnte Deniz Baris erneut unbedrängt in den Hertha-Strafraum flanken, Fiedler ließ den Aufsetzer prallen und riss den heranstürmenden Nico Patschinski um. Schiedsrichter Markus Merk pfiff Elfmeter. Thomas Meggle trat an, verlud Fiedler und jubelte. Danach das gleiche Bild. Merk ließ den Strafstoß wiederholen, Meggle schoss ins Tor und jubelte. Diesmal zählte der Treffer, es war Meggles fünftes Saisontor.

Nun kam endlich Bewegung ins Spiel. Dieter Hoeneß setzte sich neben Röber auf die Bank, der Trainer brachte den isländischen Kämpfer Eyjölfur Sverrisson. Hertha machte Druck - und hatte Erfolg. Mit einem Hackentrick leitete Marcelinho den Ausgleichstreffer ein. Der Ball kam nach links zu Sverrisson, der gab ihn wieder zurück in die Mitte. Marcelinho zögerte nicht lange und schlenzte ihn aus 18 Metern in die linke Torecke. Hoeneß sprang auf, reckte die Hände empor. Röber ballte die Fäuste und lief Marcelinho entgegen. Doch die Berliner Befreiung hielt nur eine Minute. Nach Wiederanstoß brachte Meggle den Ball in Richtung Hertha-Tor, Marcel Rath nahm den Ball auf und schoss. Abgefälscht von Andreas Schmidt, kullerte die Kugel ins Netz, Fiedler blieb ohne Chance. Die "Jürgen Röber"-Rufe der Fans waren nur noch selten zu hören.

Immerhin zeigte Hertha den Willen, das Spiel herumzureißen. Der eingewechselte Alex Alves rannte kampfeslustig über den Platz, blieb aber uneffektiv. Tretschok versuchte es mit Fernschüssen, einer davon klatschte an die Latte. Fünf Minuten vor Schluss wurden die Berliner noch belohnt. Ein platzierter Schuss von Andreas Schmidt nach Vorarbeit von Marcelinho und Sverrisson sorgte für einen halbwegs versöhnlichen Abschluss eines mittelmäßigen Spiels. Hertha blieb damit neun Spiele in Folge ohne Niederlage. Diese Bilanz gilt auch für jenen Mann, der nach Spielende aufs Feld lief und jedem Hertha-Spieler die Hand gab: Jürgen Röber. "Wir haben phantastische Wochen hinter uns", sagte er und ging.

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