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Eingesprungene Freude. Maik Franz bejubelt entschlossen das späte Ausgleichstor zum 2:2 von Andre Mijatovic (rechts).

© Fotoagentur-Engler

Hertha gegen den HSV: Das Leitbild steht

Ein verbessertes Hertha-Team findet langsam zu sich und zeigt in Hamburg, wie es künftig gehen kann. Die Berliner befinden sich nun in einem kleinen psychologischen Vorteil.

Am Tag danach hatte sich bei den Profis von Hertha BSC der kollektive Eindruck durchgesetzt, das Spiel in Hamburg vom Vortag doch ganz gut zu finden. Zwar hätten „wir eigentlich das Spiel gewinnen müssen“, wie Maik Franz gestern am Trainingsplatz erzählte, aber zumindest die Richtung stimme wieder, Hertha sei angekommen in der Bundesliga.

Der Aufsteiger hat mit dem 2:2 beim HSV den ersten Punkt in der noch frischen Bundesligasaison geholt, hätte aber aufgrund der Spiel- und Chancenanteile gewinnen müssen. Herthas Innenverteidiger Franz nahm es wie seine Mitspieler letztlich positiv. Wenigstens nicht verloren. Denn auch das wäre möglich gewesen. Hertha gelang der Ausgleich erst kurz vor Schluss. Also schlossen die Spieler ihren Frieden mit dem Ausgang des zweiten Saisonspiels.

Markus Babbel war in seiner Einschätzung seinen Spielern schon längst enteilt. Gleich nach dem Spiel hatte Herthas Trainer sich in eine gewagte Behauptung verstiegen: „Ich habe ein fast perfektes Spiel meiner Mannschaft gesehen.“ Seine klitzekleine Einschränkung wollte Herthas Trainer ausschließlich dem Umstand zuschreiben, das Spiel nicht gewonnen zu haben.

Nun, auch Babbel darf seine persönliche Sicht der Dinge preisgeben, wenngleich sie doch etwas verstellt wirkt. Es sei denn, er siedelt die Qualitäten und Möglichkeiten seiner Mannschaft so tief an, dass das, was sie in Hamburg bot, schon das Höchste der Gefühle gewesen ist. Vermutlich ist es wohl so, dass ihn die harsche öffentliche Kritik in der vergangenen Woche an seinem Team zu dieser Behauptung veranlasst hatte. Vielleicht ist es auch einfach so, dass Babbel als Bemessungsgrundlage eben nicht die Spiele des FC Barcelona, sondern das Auftaktspiel seiner eigenen Mannschaft vor einer Woche im Olympiastadion nahm. Das wäre ihm dann zu Gute zu halten: Gemessen an der faulen und feigen Spielweise seiner Mannschaft gegen Nürnberg war der Auftritt in Hamburg um Klassen besser – in allen Bereichen.

„Diese Leistung muss das Leitbild für die nächsten Wochen werden“, sagte Babbel am Sonntag. Damit hatte Herthas Trainer vollumfänglich recht. Was Einstellung, Laufbereitschaft, Einsatzwille und Zutrauen ins eigene Leistungsvermögen anbelangt, so war Herthas Auftritt in Hamburg beispielhaft und stilbildend. Auch dass die Mannschaft zweimal in Rückstand geriet, konnte sie nicht vom Weg abbringen.

Daraus ergibt sich gleichwohl die Frage, inwiefern dieser angestrebten und beim HSV phasenweise erreichten Spielweise zu einer gewissen Dauerhaftigkeit verholfen werden kann. Und: In welcher Abhängigkeit steht diese Spielweise zur personellen Ausstattung der Startelf?

In Hamburg hatte Babbel auf den stürmenden Aufstiegshelden Pierre-Michel Lasogga verzichtet und Adrian Ramos in die zentrale Frontstellung beordert, was dem Kolumbianer sichtlich guttat. Für ihn rückte zudem Raffael ins Team, der „einen großen Anteil“ (Babbel) am offensiven Spiel der Berliner hatte. Dass Ramos auf der für ihn optimalen Position zum Einsatz kam und Raffael seine Kreativität einbringen konnte, diente zweifelsfrei der Spielanlage und war dem ambitionierten Auftritt Herthas zuträglich.

„Wir haben gezeigt, dass wir mehr als mithalten können“, sagte Franz. Entgegen kam den Berlinern dabei, dass der HSV erschreckend wackelig agierte und eine insgesamt schwache Leistung anbot. Der wendige Raffael profitierte auch davon, dass der HSV nur mit einem zentralen, defensiven Spieler operierte, und dieser Part auch noch dem hüftsteifen Heiko Westermann übertragen worden war, der auf Raffael keinen Zugriff bekam. Hier muss sich Trainer Michael Oenning fragen lassen, was er mit dieser Maßnahme bezwecken wollte.

Die Berliner dagegen befinden sich nun in einem kleinen psychologischen Vorteil. Das Spiel in Hamburg hat den Spielern den Glauben an die eigenen Möglichkeiten zurückgebracht. Noch ist dieser Glaube, es mit der Bundesligakonkurrenz erfolgversprechend aufnehmen zu können, nicht zur Gewissheit geworden. Das kommende Spiel in Hannover bietet aber einen ganz interessanten Anlass. Die Niedersachsen haben ihre beiden Auftaktspiele gewonnen und sind klarer Favorit. Aber Hertha ist auf dem Weg, zu sich zu finden. „Ich weiß, dass wir aus Hannover auf alle Fälle was mitnehmen“, sagte Maik Franz.

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