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Hertha-Kodex: Dienst nach Vorschrift

Lars Spannagel fragt sich, ob Herthas Verhaltenskodex nicht zu spät kommt

Kevin-Prince Boateng sah sich dazu berufen, ein bisschen nachzutreten. Als der Fußballprofi mit dem Hang zu großflächigen Tattoos, kreativen Frisuren und futuristischen Sonnenbrillen Hertha BSC in Richtung Tottenham verließ, sagte er zum Abschied, Berlins Bundesligist habe keine Typen mehr: „Jetzt haben sie eine Armee, wo alle nur strammstehen und mit dem Kopf nicken.“ Nun will Hertha mit dem neuen Verhaltenskodex noch etwas mehr Disziplin in die Mannschaft bringen – doch die Chaoten haben den Klub in der Tat längst verlassen. Für Spieler wie Boateng und Ashkan Dejagah kommt das Regelwerk zu spät.

Jeder Verein versucht heute, seine Profis zu erziehen. Auch Jürgen Klinsmann will beim FC Bayern keine Stars, sondern mündige Fußballer. Und Hertha geht es nicht darum, eine graue Garde von Langweilern zu formen. Gerade den jungen Spielern, die der Klub aus der Schweizer Provinz ins raue Berlin mit all seinen gefährlichen Reportern, Türstehern und Verkehrspolizisten geholt hat, wird der kleine Leitfaden nicht schaden. Hertha hat aus Fehlern gelernt: Früher war es nicht gelungen, aus Talenten wie Boateng Profis zu machen. Man fragt sich nur, welche Flausen der Klub Spielern wie Arne Friedrich oder Fabian Lustenberger austreiben will, die bisher nicht durch Respektlosigkeit oder Disziplinmangel aufgefallen sind. Wahrscheinlich besitzt Lustenberger nicht mal eine Sonnenbrille.

Kevin-Prince Boateng mag recht haben: Typen hat Hertha zurzeit wirklich nur wenige. Eines sollte er aber nicht vergessen: Sein Typ war auch in Tottenham bisher nicht besonders gefragt.

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