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Michael Preetz, 51, lenkt beinahe zehn Jahre die Geschicke von Hertha.

© Mike Wolff

Hertha-Manager Michael Preetz: „2019 brauchen wir eine Entscheidung für ein neues Stadion“

Herthas Manager Michael Preetz über ein neues Stadion, Auseinandersetzungen mit dem Trainer - und die Chancen im Pokalspiel gegen die Bayern.

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Herr Preetz, haben Sie heimlich mal nachgeschaut, wann Hertha BSC den FC Bayern zuletzt im DFB-Pokal bezwungen hat?

Nein, das habe ich nicht. Ich kann mich aber daran erinnern, dass Hertha das letzte Mal 1993 im Pokalfinale stand – wenn auch mit den Amateuren. Das ist noch präsent. Und der Wunsch danach, das Pokalfinale zu erreichen, ist auch noch präsent. Deswegen hätten wir uns die Bayern lieber im Finale gewünscht.

Dabei ist die Ausgangsposition seit dem letzten Pokalsieg gegen die Bayern vor 42 Jahren nie besser gewesen als jetzt, oder?

Ich würde schon sagen, dass die Bayern jetzt in einer anderen Verfassung sind als bei unserem Liga-Sieg gegen sie im letzten September. Aber wir nehmen mit, dass wir von den letzten vier Spielen gegen sie nicht eines verloren haben. Überhaupt haben wir in dieser Saison schon viele gute Ergebnisse gegen Top-Mannschaften erzielt. Das Selbstvertrauen, das wir daraus gezogen haben, werden wir ohne Zweifel brauchen am Mittwochabend. Nur eine Topleistung kann uns weiterbringen. Da es ein K.-o.-Spiel ist, kann es aber nur ein Ziel geben: gewinnen.

Als Sie vor knapp zehn Jahren ihr Amt als Manager angetreten haben, war immer vom „schlafenden Riesen“ Hertha die Rede, der den Bayern irgendwann mindestens einmal gefährlich werden kann.

Seit dieser Zeit sind die Bayern der Liga-Konkurrenz aber noch einmal dramatisch enteilt. Uns trennen Welten. Ich würde sagen, dass man für alle relevanten Bereiche mindestens den Faktor vier nehmen kann, um den Abstand zu uns auszudrücken. Wir können nur versuchen, das in einem Spiel mal umzudrehen.

Und wie kann es Ihr Verein langfristig mit dem FC Bayern aufnehmen?

Das ist ganz einfach: Man müsste jedes Jahr in der Champions League spielen, dann kann man irgendwann mitmischen. Aber der Unterschied bei der internationalen TV-Vermarktung ist mittlerweile so groß, dass man kaum eine Chance hat, in diesen Zirkel überhaupt vorzudringen. Deshalb muss es vielmehr unser Ziel sein, den Abstand zu den vorderen Plätzen in der Bundesliga zu verkürzen. Und das ist schon schwer genug.´

Sie haben schon zu Beginn Ihrer Amtszeit 2009 die Maßgabe ausgegeben, sich perspektivisch in den Top sechs in Deutschland zu etablieren.

Daran hat sich nichts geändert. Was sich geändert hat, ist die Tatsache, dass wir heute ein komplett anderer Verein sind. Wir können mit Sicherheit sagen, dass wir jetzt wirtschaftlich konsolidiert sind. Wir sind im Besitz von 100 Prozent unserer Anteile und sportlich stabil, schauen Sie sich allein den Wert unserer Mannschaft an. Wir blicken mit einer großen Portion Stolz zurück auf die jüngere Vergangenheit und nehmen die Entwicklung weiterhin als Ansporn für unsere Zukunft.

Wie groß ist Ihr Anteil an den erfolgreichen vergangenen Jahren?

Wahrscheinlich ist er mindestens so groß wie der, der mir zugeschrieben wurde an den zwei Abstiegen.

In der Tat waren Sie spätestens bei Ihrem zweiten Abstieg als Manager so etwas wie das Gesicht der darbenden Hertha. Was hat das mit Ihnen gemacht?

Ich bin ein Mensch, der mit offenen Augen durch die Gegend läuft und aus allem, was passiert, etwas lernen möchte. Dazu gehört auch, auf solche Dinge zurückzublicken und sie noch einmal zu spiegeln. Letztlich habe ich aus dieser Erfahrung Kraft gezogen.

Die viele Kritik hat Sie nicht gekränkt?

Es war eine schwierige Phase, gar keine Frage. Man muss natürlich stabil sein, um den Gegenwind zu ertragen. Ich habe einen guten Weg gefunden, dass auch die Familie gut durch diese Zeit gekommen ist. Denn komplett abstreifen kann man so etwas nicht. Einen Managerjob macht man nicht nur acht Stunden am Tag, sondern rund um die Uhr. Dass ich heute noch hier sitze, hat etwas mit Überzeugung zu tun.

Was würden Sie als Ihren größten Erfolg bezeichnen?

Wir haben es geschafft, unsere Philosophie durchzusetzen. Das heißt, junge Spieler erfolgreich weiterzuentwickeln und parallel Chancen auf dem Transfermarkt zu nutzen, um Talente, die zu uns passen, nach Berlin zu locken. Wir haben es geschafft, enorme Transferüberschüsse zu erzielen und dabei trotzdem unser Team stark zu verbessern. Heute können wir sagen: Wir haben eine spannende Mannschaft, die in der Lage ist, auch mal einen Großen aus der Liga zu schlagen.

Trotzdem haben Sie Mannschaft und Trainer zuletzt ungewohnt deutlich kritisiert.

Ich habe in der Hinrunde eine Mannschaft gesehen, die zwei Gesichter hatte. Sie kann fantastische Spiele abliefern und außergewöhnliche Dinge erreichen, wenn alle total konzentriert und fokussiert sind. Genau das hat die Mannschaft aber nicht immer abgerufen. Wenn ich gesehen hätte, dass wir am oberen Rand unserer Möglichkeiten spielen, hätte ich nichts gesagt. Doch das war nicht so. Ich fordere nichts, was unrealistisch ist, sondern Dinge, die man von Profifußballern verlangen darf.

Haben Sie deshalb in der Winterpause auch noch eine interne Brandrede gehalten?

Ich glaube, es war der richtige Zeitpunkt, mal ein paar Takte an alle zu richten, um die Sinne vor der Rückrunde zu schärfen. Das ist meine Aufgabe. Wir reden seit einigen Jahren davon, dass wir immer eine schlechte Rückrunde spielen. Und ich wüsste nicht, warum wir das als gegeben hinnehmen sollten.

Differenzen mit Trainer Dardai

Auch Trainer Pal Dardai haben Sie mehr als einmal widersprochen. Man hatte den Eindruck, dass Sie zuletzt einige Differenzen mit ihm hatten.

Wir sind noch deutlich öfter anderer Meinung als man das öffentlich mitbekommt. Das allermeiste passiert hinter verschlossenen Türen, so soll das auch sein. Nur manchmal gibt es andere Wege. Aber ich finde, dass das zu einer Kultur eines Vereins oder Unternehmens dazugehört. Diese Reibung braucht man, um weiterzukommen.

Im Ernst: Streit als Erfolgskonzept?

Es ist wichtig, Dinge klar und deutlich anzusprechen. Pal und ich können das ganz gut. Vor allen Dingen können wir es so, dass es immer von Form und Umgang passt und dass keiner beschädigt wird.

Schätzen Sie ihn wirklich immer noch so wie am Anfang?

Es spricht doch für sich und für Pal Dardai, dass er jetzt am Dienstag vier Jahre Profitrainer bei Hertha ist. Das schaffen nicht viele bei einem Bundesliga-Verein, außer ihm aktuell hat es nur noch Christian Streich erreicht. Pal hat dieselbe Verbindung zu Hertha wie ich. Wir sind beide über 20 Jahre im Verein. Da entsteht auch eine andere Verbindung, als bei dem ein oder anderen, der nur ein oder zwei Jahre da ist.

Fordern Sie inzwischen mehr als früher?

Das ist genau der Knackpunkt. Ich glaube, wir müssen bei allem, was wir tun, aufpassen, dass die Ansprüche nicht ins Unermessliche steigen. Ich stelle mich nicht vor der Saison hin und fordere den internationalen Wettbewerb. Mir geht es auch nicht darum, ob wir auf Platz x, y oder z landen, sondern darum, dass eine kontinuierliche Entwicklung erkennbar ist.

Zum Beispiel?

Wir schlagen Eintracht Frankfurt, die eine fantastische Hinrunde gespielt haben. Das kann dann zwei Dinge auslösen: Entweder man will es noch besser machen und das nächste Spiel auch noch gewinnen oder man lehnt sich zurück, investiert im nächsten Spiel weniger – und verliert dann beim Tabellenletzten in Stuttgart.

Letzteres ist passiert.

Wir haben es zwei-, dreimal in der Hinrunde schleifen lassen und waren selbstgerecht. Es darf nicht sein, dass die Gier und der Biss verlorengehen. Wir müssen zupacken, wenn die Chance da ist, mehr erreichen zu können. Darum geht es mir. Und es geht mir darum, dass wir versuchen, zu Hause auch begeisternden Fußball zu spielen. Die Mannschaft hat schon oft gezeigt, dass sie das kann.

Wie schaffen Sie es persönlich denn, immer motiviert zu bleiben?

Ich habe so viel Leidenschaft für diesen Sport, dass ich keine zusätzliche Motivation brauche – schon gar nicht jetzt, wo wir vor so besonderen Herausforderungen stehen. 2019 kann ein sehr besonderes Jahr für Hertha BSC werden.

Sie spielen auf die Entscheidung für ein neues, reines Fußballstadion im Olympiapark an. Eigentlich wollten Sie das schon im Vorjahr geklärt haben.

Idealerweise wäre das so gewesen, ja. Aber jetzt in 2019 brauchen wir definitiv eine Entscheidung, um das Vorhaben umsetzen zu können.

Wie weit sind Sie davon weg?

Die Sache ist sehr komplex und deshalb findet ein intensiver Austausch statt. Es gibt viele Einzelthemen, die aktuell bearbeitet werden- vom Erbbaupachtvertrag bis hin zur Schaffung für Ersatz für die Wohnhäuser in der Sportforumstraße und der Bildungsstätte der Jugend. Auf allen Ebenen ist alles im Fluss und wir sind nach wie vor zuversichtlich, dass wir bald eine positive Entscheidung für das Bauvorhaben bekommen werden.

Was stimmt Sie da so zuversichtlich? Der Berliner Senat scheint eher skeptisch und zögerlich zu sein.

Über die Notwendigkeit der neuen Arena müssen wir mit dem Senat ja gar nicht mehr diskutieren. Die meisten Abgeordneten haben verstanden, warum Hertha in einem neuen Stadion spielen muss.

Welche sind denn Ihre schlagendsten Argumente?

Eine reine, selbstfinanzierte Fußball- arena birgt ein großes Wachstumspotenzial für den Klub und wäre gleichzeitig ein Gewinn für die Stadt. Wir könnten unter den aktuellsten, modernsten Gesichtspunkten bauen und würden einen Wettbewerbsnachteil zur Konkurrenz ausgleichen, weil wir einen Zugewinn an Atmosphäre hätten. Außerdem würde der Olympiapark aufgewertet.

Woran hakt es dann noch, wenn die Abgeordneten das auch so sehen?

Es geht um das Drumherum, um politische und bauliche Themen und um den Denkmalschutz.

Die Sie wie lösen wollen?

Mitte Februar soll das Wertgutachten über das Gelände im Olympiapark vorliegen. Das wird sicherlich dann auch noch einmal in eine Diskussion darüber münden, wie hoch der Erbpachtzins sein soll. Außerdem haben wir dem Bezirk und dem Senat Vorschläge unterbreitet, wie Ersatz für die wegfallenden Wohnungen geschaffen werden kann. Wir haben auch unsere Bereitschaft signalisiert, aktiv dabei zu helfen, wie eine Nachnutzung des Olympiastadions aussehen könnte.

Fühlen Sie sich von den Parlamentariern hingehalten?

Wir haben im Datenraum des Abgeordnetenhauses einen Rechner eingerichtet. Dort können die Daten und Fakten zu dem Projekt eingesehen werden. Alle Abgeordneten können sich also umfassend informieren. Wir arbeiten mit Hochdruck an der weiteren Planung – und sind noch im Zeitplan. Auch finanziell sind wir so aufgestellt, dass wir das Projekt unmittelbar nach einer Zusage angehen können.

Besser vor oder nach dem Pokalfinale mit Hertha im Mai?

Ich nehme beides sehr gerne, in welcher Reihenfolge ist mir egal.

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