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Geschlossen gegen Rassismus. Herthas U16 nach dem abgebrochenen Spiel in Auerbach.

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Hertha-Nachwuchs erhebt Rassismus-Vorwürfe: Trashtalk gehört dazu, muss aber Grenzen haben!

Herthas U16 verlässt nach rassistischen Beleidigungen das Spielfeld - ein Schritt, zu dem man den Jugendlichen nur gratulieren kann. Ein Kommentar.

Kevin-Prince Boateng hätte die Aktion garantiert mit Applaus bedacht. Boateng, geboren in West-Berlin, ausgebildet bei Hertha BSC und später in der ganz großen Fußballwelt zuhause, in London und Mailand, Dortmund und Barcelona, ist bei aller Klasse ja nicht primär als Sportler in Erinnerung geblieben. Sondern als Typ, der seine Popularität im Kampf gegen Rassismus zu nutzen wusste. In Italien ging er einst geschlossen mit den Kollegen des AC Mailand vom Feld, nachdem er aufs Übelste beleidigt worden war. Auf dem Höhepunkt hielt Boateng, der Junge aus Berlin-Wedding, im März 2013 eine bemerkenswerte, vielbeachtete Rede vor den Vereinten Nationen. Anlass: der internationale Tag zur Beseitigung von Rassendiskriminierung.

Nach den Geschehnissen vom Samstag muss man dieser Tage fast zwangsläufig an Boateng denken. Da war Herthas U16 zum Regionalligaspiel beim VfB Auerbach zu Gast – und verließ beim Stand von 2:0 frühzeitig das Feld. Begründung: Spieler seien rassistisch beleidigt worden und hätten sich deshalb zu diesem Schritt entschieden. „In einer solchen Situation sind uns Werte und eine klare Haltung wichtiger als ein Sieg oder eine Niederlage auf dem Platz“, sagte Paul Keuter, Mitglied der Geschäftsführung bei Hertha BSC. Deshalb unterstütze der Verein das Vorgehen der Jugendlichen.

Ein Nachmittag, zwei Versionen

Der VfB Auerbach stellt die Geschehnisse allerdings komplett anders dar und „verwehrt sich gegen den erhobenen Rassismus-Vorwurf“, wie es in einer Mitteilung des Vereins heißt. Auch der Schiedsrichter habe „keine entsprechenden Äußerungen wahrgenommen." Der Nordostdeutsche Fußballverband prüft in jedem Fall die Einleitung eines Verfahrens. Ganz offensichtlich existieren also zwei Versionen zu den Geschehnissen am Samstag. Welcher soll man glauben?

Trashtalk gehört im Sport unabhängig von der Spielklasse dazu, von der Kreis- bis hoch in die Bundesliga. Dass der Gegenspieler auch mal einen Spruch gedrückt bekommt, wenn er getunnelt, ausgetanzt oder anderweitig genarrt worden ist. Da machen die U-16-Jungs von Hertha BSC garantiert keine Ausnahme. Sport ist eben mehr als das Abrufen körperlicher Leistungsfähigkeit, er hat stets auch eine mentale, eine psychologische Ebene. Das kann man gut finden oder verwerflich, es wird sich vermutlich nicht ändern lassen.

Aber es muss Grenzen geben – und rassistische Beleidigungen gehen weit über besagte Grenzen hinaus. Gerade Mannschaftssportarten sollten der Sozialisation dienen, dem Gedanken, Teil eines großen, funktionierenden Ganzen zu sein und niemanden auszugrenzen. Falls es so gelaufen ist, wie Hertha BSC die Sachlage darstellt, kann man den Jugendlichen also nur zu ihrem Entschluss gratulieren, geschlossen das Feld zu verlassen und damit ein Zeichen gegen Diskriminierung zu setzen. Auch Kevin-Prince Boateng gefällt das.

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