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Neue Qualität für Hertha: Hajime Hosogai.

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Hertha-Spieler Hajime Hosogai: Personelle Revolution im Zentrum

Der japanische Neuzugang Hajime Hosogai bereichert das Spiel des Bundesliga-Aufsteigers Hertha BSC um eine bisher vermisste Qualität in der Zentrale. Der Japaner ist wendig, antrittsschnell und stressresistent. Eine Analyse.

Eine Million Euro, und das auch noch in Raten – Hertha BSC hat schon mal schlechtere Transfers getätigt als den von Hajime Hosogai in diesem Sommer. Trainer Jos Luhukay, der den Japaner als Leihspieler von Bayer 04 Leverkusen aus seiner Zeit beim FC Augsburg kannte, wird Manager Michael Preetz in den Ohren gelegen haben. Hosogai ist der einzige von vier Zugängen, für den Hertha eine Ablöse locker gemacht hat. Umso mehr freuten sich Luhukay und Preetz nach dem 6:1-Auftaktsieg über Eintracht Frankfurt über den grandiosen Einstand des 27 Jahre alten Asiaten. „Er ist von Minute zu Minute besser geworden“, sagte etwa Preetz. Für Luhukay war Hosogai einfach nur „überragend“.

Es gab nicht wenige im Olympiastadion, die überrascht gewesen waren, dass Luhukay den Japaner schon in die Startformation stellte. Hier war mehrheitlich mit dem Einsatz von Peer Kluge gerechnet worden, der in der Vorsaison neben Peter Niemeyer das zentrale Herzstück des Aufsteigers bildete. Nachdem schon Niemeyer seinen Platz und seine Kapitänsbinde an Fabian Lustenberger verloren hat, fand sich nun auch Kluge auf der Reservebank wieder. Nach der starken Vorstellung Hosogais gegen Frankfurt dürfte sich daran so schnell nichts ändern.

Hintergrund dieser personellen Revolution im Zentrum des Spiels ist eine modifizierte Spielweise, mit der Hertha in der Bundesliga zu bestehen hofft. Anders als in der Zweiten Liga, wo sich der Gegner meist tief in die eigene Hälfte zurückgezogen hat, um die Räume für Einzelaktionen und Pässe der spielstärkeren Berliner eng zu machen, wird sich das Bild in der Bundesliga umdrehen. Hertha wird seltener eine spielgestaltende Rolle zufallen, sondern sich mehrheitlich offensiv ausgerichteten Mannschaft gegenübersehen. Das schafft andererseits mehr Räume für die Berliner in der Hälfte des Gegners. Nur müssen diese Räume klug genutzt werden. Dazu bedarf es neben klaren Handlungsweisen auch eines entsprechenden Personals.

Vor allem auf der Position im zentralen Mittelfeld, der Umschaltzentrale, sind besondere Qualitäten gefragt. Hier werden Spieler gebraucht, die nicht nur als bloße Abräumer fungieren, sondern viele Facetten in ihrem Spiel vereinen. Als da wären: gute Balleroberung, hohe Handlungsschnelligkeit und Passsicherheit. Hosogai scheint für diese Position zwischen defensiver und offensiver Reihe geradezu idealtypisch. Der Japaner ist wendig, antrittsschnell und stressresistent.

Ein Großteil des Spiels spielt sich heute im Bereich rund um die Mittellinie ab. Dieser Bereich reicht jeweils 15 bis 20 Meter in beide Spielhälften herein. Weil hier die Mehrzahl der Spieler agiert, sind der räumliche und zeitliche Druck am höchsten. Statistisch gesehen entstehen in dieser Zone heute die meisten Tore – in beide Richtungen. Hier wird der Gegner durch frühes Attackieren zu Fehlern gezwungen beziehungsweise eigener Ballbesitz geht verloren.

Am vergangenen Samstag war Hajime Hosogai so an der Entstehung von drei der sechs Berliner Treffer direkt beteiligt. Wenn der Ball erst einmal erobert ist, soll dieser schnell, direkt und vor allem vertikal gespielt werden. Nur so sind die immer kürzer werdenden Momente der Unordnung in der gegenerischen Defensive auszunutzen. Spieler, die einen Gegenangriff abfangen und sofort umwandeln in einen Tempogegenstoß, bezeichnet Luhukay gern als Schalterspieler. Auch Peer Kluge kann das, doch Hosogai scheint einen Tick aggressiver und weniger umständlich.

Hajime Hosogai kommen hierbei seine kognitiv-physischen Anlagen zugute. Asiatische Spieler haben gelernt, Größen- und Gewichtsnachteile auszugleichen. Der holländische Trainer Guus Hiddink, der mit Südkorea bei der WM 2002 das Halbfinale erreicht hat, setzte dabei auf den kollektiven Jagdtrieb. Nach Ballverlust wird alles sofort daran gesetzt, den Ball zurückzuerobern – kollektiv. Aber anders als bei Kindern, die instinktiv, aber eben auch ungesteuert handeln, nach klarem taktischen Muster. Herthas 6:1 sah deshalb so gut aus, weil es dank Hosogai nicht nach Zufall aussah.

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